Strom des Lebens

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Wie fließend Wasser sind die Jahre,
und manchmal hofft man, tiefbekümmert,
dass dieser Strom sich offenbare,
wenn tränenfeucht die Wimper schimmert.

So traurig mancher Wege Schritte,
sie gehen ziellos, nur im Kreis;
die Zeit, sie tilgt die Spur der Tritte,
wie Wasser, das sie mit sich reißt.

Und auf dem Grunde dieser Klarheit,
da ruhen sie im Bett des Lebens,
in Tränentüchern voller Wahrheit
und spüren: Es war nicht vergebens. 

Unter der Laterne

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Als würde Dunkelheit sich mit den Bösen einen,
und wenn die Lichter abends hier zu sehen,
dann kommen viele, die das Tageslicht verneinen;
aus dunklen Ecken strömen sie ins Weltgeschehen.

Die an den Straßen stehen, unter den Laternen,
umströmt wie Motten, die im Licht vergehen,
dort angezogen, laufen sie in ihr Verderben,
gefallen sind sie, ohne wieder aufzustehen.  

Geheimnisse, sie flüstern leis in dunklen Tönen,
jene, die wissen wollen, zahlen hoch den Preis,
ziehn schwer die Luft, wie Dunst und graue Schemen -
ist besser, wenn man schweigt und gar nichts weiß.

Es findet sich zusammen, was dorthin verschlagen;
Zwietracht und Gier, die sich im Streit gesellten,
der Bordstein hat der Schwalben Leid zu tragen -
was man am Tag versäumte, muss die Nacht vergelten. 

Wenn erst der Tag beginnt, flüchten die Schatten.
Die tauben Körper ruhen, doch ihre Seelen weinen;
sie fürchten sich im Traum vor dem Erwachen,
denn wenn es Abend wird, wird keine Sonne scheinen. 

Depression und Krankheit

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Die Seele formt sich oftmals ein Verließ,
wo alles dunkel ist und ohne Licht;
obwohl sie ihre Umwelt dorthin stieß
und ihre Hände voll sind, sehn sie’s nicht.

In dem Gefängnis eigener Gedanken,
in dem die Wände immer mehr erdrücken,
brachte das eigne Tun ihr Sein zum Wanken,
weil sie nur Ödes sehen und Daseinslücken.

Sie sehen keinen tiefen Sinn im Leben,
sind innerlich wie ausgebrannte Hüllen;
suchen im irdischen Begriff nach Wegen,
die sie herausführen aus eignem Willen.

Die Geisteskraft muss leben wieder wollen
und Heilung in das eigne Leben rufen;
dann öffnen sich die dicksten Kerkertüren
und man ersteigt die ersten Auswegstufen.

Die Macht des Geistes manifestiert sich in der Heilung der Kranken und zeigt damit, dass es eine göttliche Macht gibt, durch welche Werkzeuge eingesetzt werden, die denen Heilung bringen kann, für die das Leben trostlos und öde war.

Die Kraft des Geistes, ein Teil der Lebenskraft selbst, ein Teil des unendlichen Geistes, der durch zahllose Kanäle strömt, ist in der Lage, Körper zu beleben und ihnen neue Energien zuzuführen, die so sehr von Krankheiten und Leiden gequält wurden, dass selbst die kritischsten und skeptischsten Menschen zugeben müssen, dass es sich um eine Kraft handelt, die nicht mit menschlichen oder irdischen Begriffen erklärt werden kann, wenn Ergebnisse erzielt werden.

Aber eine Heilung kann nur erfolgen, wenn die Bitte danach ausgesprochen wurde. Die geistige Kraft zur Heilung muss ins Leben gerufen werden. Die Lebenskraft zirkuliert im gesamten Universum in all ihren Manifestationen als Teil ihrer universellen Aktivität, aber keine Intelligenz dieser Welt wird diese Heilungskraft anwenden können, bevor nicht die Bitte danach geäußert wird, dass sie dies tun soll.

Die Leute

People – Soraya Hamzavi-Luyeh
„Was die Leute sagen werden?“ -
Mitbestimmer mancher Mächte.
Wer denn wohl die „Leute“ sind,
sind es Feinde, sind’s Gerechte?

Überzeugungsstarke Kämpfer,
sind sie aufrecht, Führer, Ringer,
oder gar die Übermächte
herdeninstinktiver Bringer?

Sind’s die lärmend, lauten Vielen,
wirren Moden unterlegen,
die zuwider den Gesetzen,
herrschen in Gesellschaftsspielen?

Sogenannte „Feine“ spotten
hinter Oberflächlichkeit und Häme;
oder sind es die Kollegen,
die vor Vorgesetzen ‚krochen‘?

Diese Münder, lass sie reden,
weich nicht ab von deinen Wegen.
Weh, der Rückgratlosigkeit!
Trete falschem Tun entgegen.

Zertretene Seelen

Bild von billy cedeno auf Pixabay
Missgestaltet, wer zertreten ist im Leben;
unter harten Schritten, die vernichten,
liegen sie zu Boden, sind zermalmt,
wie ein Gewächs des Weges,
unbeachtet von der Welt
im Schmutz zertrampelt,
vor der Blütezeit.

Harte Sohlen ließen keine Sonne,
kein Erwecken, kein Gedeihen;
abgestorben, die zerstörten Seelen -
zerdrückte Lebenskraft, am Boden festgepresst
und in sich selbst verkrochen,
wie stumpft geworden in Gleichgültigkeit.
Bild von billy cedeno auf Pixabay
Erstickter Keim, 
der nach Fruchtbarkeit strebte,
doch außer Leid nichts fand als Tragik und Verdruss.

Sich ausgeschlossen fühlen ist ein Drucklufthammer,
von außen eingedrungen in den Kern des Lebens.

Entgottet ist die kranke Zeit, erschauernd.
Hört, wie in sternenlosen Heimwehnächten sie schreit und schreit!
Bild von Jensie De Gheest auf Pixabay

Heimatlos

Der Mensch ist heimatlos und elend hier auf Erden,
wenn er, wie ausgestoßen, in der Fremde lebt.
Es trieb in Hoffnungslosigkeit und Not sein Werden,
als vom Geburtsland er in andere Kulturen strebt. 

Sein letztes Hab und Gut gibt er den Schleppern,
Familienbande lässt er hinter sich zurück,
um Glück zu finden, fern von Not und Neppern,
ein Stück vom Kuchen finden, nur ein Stück. 

Hin zu den Wohlbehüteten und Satten, 
bei vollen Tafeln in beheizten Stuben,
zu all den Ehrsamen, den Tugendhaften,
die an Verbrechen Hungriger sich nie versuchten. 

Aus Ländern, die wir aus Prospekten kennen,
zu denen die Touristen Urlaubsreisen machen,
kamen sie her, die wir die Fremden nennen, 
die sie als armes Volk beäugten und begafften. 

Niemand hat Recht, Verzweiflungstaten anzuprangern,
Urteil zu sprechen über all die Heimatlosen,
sie wissen mit der neuen Not nichts anzufangen,
wenn Wellen im Behördenwahnsinn tosen. 

Pharisäisch scheint das Treiben an den Tischen;
die Stirne aufrecht tragen sie, die Harten,
denen, die ihre schweißbedeckte wischen,
verzeihen sie nichts, der ist, nur weil er fremd, missraten. 

Sie straucheln, die Verelenden im Lande,
ihr Pfad ins Glück ist eine Straße ohne Licht.
Auch wir sind Fremde, die ins Leben fanden,
dem Wohlstand dienen wir, dem Geld, der Pflicht. 

Wir alle sind die Heimatlosen hier auf Erden,
irdische Gebundenheiten lösen, ist der Sinn,
von Süchten frei, zu reifen und zu werden,
in grenzenloser Welt, seit Anbeginn. 

Schauplatz des Lebens

Leiser Leo Ury (1861 -1931)
Wenn dich die Mühen deines Tages schwächen,
die Beine schwer sind, wie aus Blei;
wenn du dich leer fühlst, ohne Sinn zu sprechen,
du schweigend wünscht, dass es zu Ende sei. 

Schau an, die lauten Menschenmassen -
so ausdruckslos die Mienen um dich her. 
Es sind so viele, die alleingelassen,
ganz ohne Heimat, fühlen sie nichts mehr. 

Der Mensch der Erde ist sein eigner Schatten,
er bindet andere mit Liebesschwüren,
die schon beim ersten Hauch von Einsamkeit ermatten,
und ihn beim letzten Glockenschlag verlieren. 

Kein Mensch ist einsam, weil es alle sind!
Die Wüste „Einsamkeit“ hat große Straßen.
Sie sind belebt, dort herrscht ein rauer Wind.
Verborgen ist der Schmerz, den sie begraben.

Man eilt vorbei, ganz ziellos ist das Schauen -
auf diesen Straßen sucht man sich vergebens.
Gesenkte Lider – Männer gehn, wie Frauen,
passieren still den Schauplatz ihres Lebens.

Unter Trümmern

Caspar David Friedrich (1774-1840)
Unter Trümmern liegt die Welt begraben,
deren Last erdrückend wiegt und schwer.
Hohe Zeiten waren leicht zu tragen,
drunten liegt der Tod im Häusermeer.

In den Grüften selbsterbauter Stätten,
liegen sie, die Toten unsrer Zeit.
Die noch bleiben, um sie umzubetten,
machen sie zur Abschiedsfahrt bereit.

Lautes Stöhnen, dringt durchs Weltenbeben,
Erde tat sich auf und schließt den Kreis,
und sie weint und die, die überleben,
sind dem Nächsten helfend angereist.

Vor den Resten stummer Einsturzbauten,
ragen deren Münder, wie ein Schrei.
Vom Erleben, dem sie einst vertrauten,
wich aus letzter Hoffnung ein Vorbei.

Der Kalender hat ein Blatt beschrieben,
statt des Frühlings kam die Trauerzeit.
Fassungslosigkeit allein ist hiergeblieben,
und der Mensch erhofft sich Trost im Trauerkleid.

Abgeschrieben

1955

Ich war noch klein, ein unbeschrieb’nes Blatt,
das Leben bilanzierte Soll und Haben.
Was mir mein Dasein viel zu wenig gab,
liegt abgeschrieben unter Schmerz und Darben.

Ich wuchs heran in meinem Paradies -
geliebter Garten meiner Kinderzeit.
Im Haus, das mich einst einsam werden ließ -
die Eltern wussten nichts von meinem Leid.

Gehorchen musste ich der ‚schwarzen‘ Hetze, 
Erziehung wurde eingebläut und nicht erklärt,
Prügel gab es, wenn ich mich widersetzte;
Liebe in diesem Weltbild war verkehrt.
1961
Man schleppte mich zum Urologen -
war nur ein kleines Mädchen von fünf Jahren,
hab dort voll Scham gelegen, ausgezogen,
musste ertragen, wies Erwachsene haben.

Ich hatte mich entblößt, es ausgehalten,
weil ich als Bettnässer missraten war.
Wer kümmert sich um die Gestalten,
die Liebe brauchten? Es war niemand da!

Die Mutter hat das Holz zerbrochen,
als sie mich wieder mal verdrosch.
Ich hab mich vor der Welt verkrochen,
als das Vertrauenslicht erlosch.

Mitten im Leben

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Wandle auf ausgetretenen Pfaden,
tief sind die Spuren eingebracht,
doch nach der Sonne blassem Tagen,
erfolgte mir kein Tag, nur Nacht.

Es ist der Monat, der mir grauste,
webte zu oft des Weggangs Muster.
Der Tod, mitten im Leben haust er,
so unbarmherzig, kalt und duster.

Wie eine Kerze angebrannt,
löst sich das Lebenswachs im Licht.
Nach kurzem Feuer dann verschwand
der Geist des Lebens und es bricht.

Es bleibt ein körperloses Schweben,
ein Dasein, unbeachtet still.
Verborgen sind im Geistesleben,
die um uns sind, so Gott es will.