She

Charles Aznavour

Text:

She may be the face I can′t forget
A trace of pleasure or regret
May be my treasure or the price I have to pay

She may be the song that summer sings
May be the chill that autumn brings
May be a hundred different things
Within the measure of a day

She may be the beauty or the beast
May be the famine or the feast
May turn each day into a heaven or a hell

She may be the mirror of my dream
A smile reflected in a stream
She may not be what she may seem
Inside her shell

She who always seems so happy in a crowd
Whose eyes can be so private and so proud
No one’s allowed to see them when they cry

She may be the love that cannot hope to last
May come to me from shadows of the past
That I remember till the day I die

She may be the reason I survive
The why and wherefore I′m alive
The one I’ll care for through the rough and rainy years

Me, I’ll take her laughter and her tears
And make them all my souvenirs
For where she goes, I′ve got to be
The meaning of my life is she, she, she

Übersetzung:

Sie

Sie mag das Lied sein, das der Sommer singt
Kann die Kälte sein, die der Herbst bringt
Kann hundert verschiedene Dinge sein
In den Maßen eines Tages

Sie mag die Schönheit sein oder das Biest
Kann die Hungersnot oder das Fest sein
Kann jeden Tag in einen Himmel oder in eine Hölle verwandeln

Sie mag der Spiegel meines Traumes sein
Ein Lächeln, das sich in einem Strom spiegelt
Sie mag nicht sein, was sie zu sein scheint
In ihrer Schale

Sie, die immer so glücklich scheint in der Menge
Deren Augen so privat und so stolz sein können
Keiner darf sie sehen, wenn sie weinen

Sie mag die Liebe sein, die nicht hoffen kann, zu dauern
Vielleicht kommt sie zu mir aus den Schatten der Vergangenheit
An die ich mich bis zum Tag meines Todes erinnere

Sie mag der Grund sein, warum ich überlebe
Der Grund, warum und wieso ich lebe
Diejenige, für die ich durch die rauen und regnerischen Jahre sorgen werde

Ich, ich werde ihr Lachen und ihre Tränen nehmen
Und mache sie alle zu meinen Souvenirs
Denn wo sie hingeht, muss ich sein.
Der Sinn meines Lebens ist sie, sie, sie

Ach, ich hab in meinem Herzen…

aus der Oper „Der schwarze Peter“ von Norbert Schultze (1911-2002)

Wenn ich die Augen schließe, sehe ich mich wieder alleine vor dem alten Röhrengerät sitzen. Das war die erste Oper, die ich in den 60er Jahren im Schwarz-Weiß-Fernsehen bei meinen Eltern gesehen habe. Opern und klassische Musik mochte niemand in meiner Familie. Der Sänger Rudolf Schock war später für mich, als moderner Teenager, ein Spießer, der manchmal meine Eltern durch seinen Gesang im WDR4 erfreute.

Dies Lied habe ich bis heute in Erinnerung behalten. Es ist eines der Stücke, die ich mir gerne anhöre.

Heute hab ich es aus dem Archiv gekramt und hoffe, die Freude daran liegt nicht nur auf meiner Seite. 💕

Eine kleine Frühlingsweise

Eine kleine Frühlingsweise nimmt mein Herz mit auf die Reise
in die schöne weite Welt hinaus!
Dort, wo bunte Blumen blühen, dort wo weiße Wolken ziehen,
steht am Waldesrand ein Haus.

Still, ohne Sorgen, friedlich geborgen
liegt dort die Welt im Sonnenschein.
Unter uralten Bäumen lässt es sich träumen,
in den goldenen Frühlingstag hinein.

Alle Bienen summen leise meine kleine Frühlingsweise,
bunte Falter flattern hin und her.
Die Natur auf allen Wegen streut den schönsten Blütensegen,
und die Rosen duften süß und schwer.

Doch wie bald ist all diese Pracht entschwunden,
die ein schöner Tag uns im Mai gebracht,
denn ein kalter Reif hat in nebelgrauen Stunden,
alles Grün vernichtet in einer Nacht!

Längst schon sind verstummt alle Vöglein auf den Zweigen,
und die Falter tanzen nicht mehr ihren Reigen,
selbst die alten Bäume hüllen frierend sich in Schweigen
und den Blümlein klein ist so traurig zu Mut!

Ach wie geht der Frühling doch so schnell vorbei!
Da ertönt ganz leise, leise meine kleine Frühlingsweise,
bis die gold’ne Sonne strahlend lacht,
und die Blumen blühen wieder, auch die Wolken ziehen wieder
und vergessen ist die kalte Nacht!

Freut euch der Jugend, nutzt jede Stunde,
wenn euch die Sonne strahlt im Mai.
Sucht die Schönheit im Leben, steht nicht daneben,
denn der Frühling geht ja doch so schnell vorbei.

Osterspaziergang

Vor dem Tor

von Johann Wolfgang von Goethe – Faust I

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

Scherenschnitt – Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

April

von Erich Kästner

Der Regen klimpert mit einem Finger
die grüne Ostermelodie.
Das Jahr wird älter und täglich jünger.
O Widerspruch voll Harmonie!

Der Mond in seiner goldenen Jacke
versteckt sich hinter dem Wolken-Store.
Der Ärmste hat links eine dicke Backe
und kommt sich ein bisschen lächerlich vor.

Auch dieses Mal ist es dem März geglückt:
Er hat ihn in den April geschickt.

Und schon hoppeln Hasen,
mit Pinseln und Tuben
und schnuppernden Nasen,
aus Höhlen und Gruben
durch Gärten und Straßen
und über den Rasen
in Ställe und Stuben.

Dort legen sie Eier, als ob’s gar nichts wäre,
aus Nougat, Krokant und Marzipan.
Der Tapferste legt eine Bonbonniere.
Er blickt dabei entschlossen ins Leere.
Bonbonnieren sind leichter gesagt als getan.

Dann geht es ans Malen. Das dauert Stunden.
Dann werden noch seidene Schleifen gebunden.
Und Verstecke gesucht. Und Verstecke gefunden:
hinterm Ofen, unterm Sofa,
in der Wanduhr, auf dem Gang,
hinterm Schuppen, unterm Birnbaum,
in der Standuhr, auf dem Schrank.

Da kräht der Hahn den Morgen an!
Schwupp sind die Hasen verschwunden.
Ein Giebelfenster erglänzt im Gemäuer.
Am Gartentor lehnt und gähnt ein Mann.
Über die Hänge läuft grünes Feuer
die Büsche entlang und die Pappeln hinan.
Der Frühling, denkt er, kommt also auch heuer.
Er spürt nicht Wunder noch Abenteuer,
weil er sich nicht mehr wundern kann.

Liegt dort nicht ein kleiner Pinsel im Grase?
Auch das kommt dem Manne nicht seltsam vor.
Er merkt gar nicht, dass ihn der Osterhase
auf dem Heimweg verlor.

Erich Kästner (1899-1974)

Der März

von Erich Kästner
Foto: Gisela Seidel
Sonne lag krank im Bett.
Sitzt nun am Ofen.
Liest, was gewesen ist.
Liest Katastrophen.

Springflut und Havarie,
Sturm und Lawinen, -
gibt es denn niemals Ruh
drunten bei ihnen.

Schaut den Kalender an.
Steht drauf: "Es werde!"
Greift nach dem Opernglas.
Blickt auf die Erde.

Schnee vom vergangenen Jahr
blieb nicht der gleiche.
Liegt wie ein Bettbezug
klein auf der Bleiche.

Winter macht Inventur.
Will sich verändern.
Schrieb auf ein Angebot
aus andern Ländern.

Mustert im Fortgehn noch
Weiden und Erlen.
Kätzchen blühn silbergrau.
Schimmern wie Perlen.

In Baum und Krume regt
sich's allenthalben.
Radio meldet schon
Störche und Schwalben.

Schneeglöckchen ahnen nun,
was sie bedeuten.
Wenn Du die Augen schließt,
hörst Du sie läuten.
Erich Kästner ((1899-1974)

Die Würde der Frauen

von Friedrich von Schiller

Ehret die Frauen! sie flechten und weben
Himmlische Rosen ins irdische Leben,
Flechten der Liebe beglückendes Band,
Und in der Grazie züchtigem Schleier
Nähren sie wachsam das ewige Feuer
Schöner Gefühle mit heiliger Hand.

Ewig aus der Wahrheit Schranken
Schweift des Mannes wilde Kraft;
Unstet treiben die Gedanken
Auf dem Meer der Leidenschaft;
Gierig greift er in die Ferne,
Nimmer wird sein Herz gestillt;
Rastlos durch entlegne Sterne
Jagt er seines Traumes Bild.

Aber mit zauberisch fesselndem Blicke
Winken die Frauen den Flüchtling zurücke,
Warnend zurück in der Gegenwart Spur.
In der Mutter bescheidener Hütte
Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte,
Treue Töchter der frommen Natur.

Feindlich ist des Mannes Streben,
Mit zermalmender Gewalt
Geht der wilde durch das Leben,
Ohne Rast und Aufenthalt.
Was er schuf, zerstört er wieder,
Nimmer ruht der Wünsche Streit,
Nimmer, wie das Haupt der Hyder
Ewig fällt und sich erneut.

Aber zufrieden mit stillerem Ruhme,
Brechen die Frauen des Augenblicks Blume,
Nähren sie sorgsam mit liebendem Fleiß,
Freier in ihrem gebundenen Wirken,
Reicher, als er, in des Wissens Bezirken
Und in der Dichtung unendlichem Kreis.

Streng und stolz, sich selbst genügend,
Kennt des Mannes kalte Brust,
Herzlich an ein Herz sich schmiegend,
Nicht der Liebe Götterlust,
Kennet nicht den Tausch der Seelen,
Nicht in Thränen schmilzt er hin;
Selbst des Lebens Kämpfe stählen
Härter seinen harten Sinn.

Aber wie leise vom Zephyr erschüttert,
Schnell die äolische Harfe erzittert,
Also die fühlende Seele der Frau.
Zärtlich geängstigt vom Bilde der Qualen
Wallet der liebende Busen, es strahlen
Perlend die Augen von himmlischem Thau.

In der Männer Herrschgebiete
Gilt der Stärke trotzig Recht;
Mit dem Schwert beweist der Scythe,
Und der Perser wird zum Knecht.
Es befehden sich im Grimme
Die Begierden wild und roh,
Und der Eris rauhe Stimme
Waltet, wo die Charis floh.

Aber mit sanft überredender Bitte
Führen die Frauen den Scepter der Sitte,
Löschen die Zwietracht, die tobend entglüht,
Lehren die Kräfte, die feindlich sich hassen,
Sich in der lieblichen Form zu umfassen,
Und vereinen, was ewig sich flieht.

In Karlsbad – Friedrich von Schiller (1759-1805)

Freiheit, die ich meine

von Max von Schenkendorf
Quelle: Pinterest
Freiheit, die ich meine,
die mein Herz erfüllt,
komm' mit deinem Scheine,
süßes Engelbild!

Magst du nie dich zeigen
der bedrängten Welt?
Führest deinen Reigen
nur am Sternenzelt?

Auch bei grünen Bäumen
in dem lust'gen Wald
unter Blütenträumen,
ist dein Aufenthalt.

Politisches Lied, gesamter Text

Stahlstich – Max von Schenkendorf (1783-1817)

Moderne Kultur

Satirisches Gedicht von Frank Wedekind

Quelle: Pinterest
Wie stapften wir einst als Kinder so stramm
barfuß durch alle Pfützen
und ließen uns den kalten Schlamm
hoch über die Kniee spritzen!

Wie einst als Kinder durch Hain und Flur,
so stapfen wir heut durchs Leben:
Der ganze Schlamm der modernen Kultur
bleibt uns an den Beinen kleben.
Frank Wedekind (1864-1918)

Shlof, majn Kind

„Shlof, majn Kind, majn trejst“ von Thomas Friz (1950-2023) eigener Veröffentlichung „Jiddische Lieder“ (1987) – Zupfgeigenhansel.

Shlof mayn kind
 
Shlof mayn kind, mayn treyst mayn sheyner
Shlof zhe, lyu-lyu-lyu!
Shlof mayn lebn, mayn kadish eyner,
Shlof zhe, zunenyu.
 
Bay dayn vigl zitst dayn mame,
Zingt a lid un veynt.
Vest a mol farshteyn mistome
Vos zi hot gemeynt
 
In Amerike iz der tate
Dayner zunenyu,
Du bist nokh a kind lesate,
Shlof zhe, shlof, lyu-lyu.
 
Dos Amerike is far yedn,
zogt men gor a glik,
Un far Yidn a gan-eydn,
Epes an antik.
 
Dortn est men in der vokhn
Khale, zunenyu.
Yaykhelekh vel ikh dir kokhn,
Shlof zhe, shlof, lyu-lyu.
 
Er vet shikn tsvantsik dolar,
zayn portret dertsu,
Un vet nemen, lebn zol er,
Undz ahintsutsu.
 
Biz es kumt dos gute kvitl,
Shlof zhe zunenyu,
Slofn iz a tayer mitl,
Shlof zhe, shlof lyu-lyu.
Schlaf kleiner Sohn.
 
Deine Mutter sitzt an deiner Wiege,
singt ein Lied und weint.
Eines Tages wirst du ihr Weinen verstehen
Und was sie dachte.
 
Dein Vater, kleiner Sohn
Ist in Amerika
Währenddessen bist du noch ein Kind
Schlaf, schlaf, lyu-lyu.
 
Man sagt, Amerika ist
eine Freude für jeden.
Und für Juden ist es ein Paradies
Eine Seltenheit.
 
Dort, während der Woche
Sie essen Khale-Brot kleiner Sohn.
Ich werde dir dort Brühen kochen,
Schlaf, schlaf, lyu-lyu.
 
Dein Vater wird zwanzig Dollar schicken
und auch sein Foto,
Und er wird uns dorthin bringen,
Möge er lange leben.
 
Bis die guten Dinge kommen,
Schlaf, mein Sohn,
Schlaf ist ein göttliches Heilmittel,
Schlaf, schlaf, Lyu-Lyu.

Dichter:
Solomon Naumovich Rabinovich, besser bekannt unter seinem Pseudonym Sholem Aleichem, war ein führender jiddischer Autor und Dramatiker.  Das Musical Fiddler on the Roof, das auf seinen Geschichten über Tevye the Dairyman basiert, war der erste kommerzielle Erfolg…
 
Gitarrist: Gerhard Graf-Martinez

English translation © Helen Beer

Sleep My Child
Sleep my lovely child, my comfort,
Sleep, lyu-lyu-lyu!
Sleep, my life, my kadish
Sleep little son.

Your mother sits at your cradle,
Sings a song and weeps.
One day you will understand her weeping
And what she thought.

Your father little son
Is in America
Meanwhile you are still a child
Sleep, sleep, lyu-lyu.

They say that America is
a joy for everyone.
And for Jews it’s a paradise
Something of a rarity.

There, during the week
They eat khale-bread little son.
I will cook you broths there,
Sleep, sleep, lyu-lyu.

Your father will send twenty dollars
and his photo as well,
And he will bring us there,
Long may he live.

Until the good things come,
Sleep little son,
Sleep is a god remedy,
Sleep, sleep lyu-lyu.

Poet
Sholem Aleichem

Solomon Naumovich Rabinovich, better known under his pen name Sholem Aleichem, was a leading Yiddish author and playwright. The musical Fiddler on the Roof, based on his stories about Tevye the Dairyman, was the first commercially successful…

Gitarrist: Gerhard Graf-Martinez