Eine Frau spricht im Schlaf

Erich Kästner 1899-1974

Als er mitten in der Nacht erwachte,
schlug sein Herz, daß er davor erschrak.
Denn die Frau, die neben ihm lag, lachte,
daß es klang, als sei der Jüngste Tag.

Und er hörte ihre Stimme klagen.
Und er fühlte, daß sie trotzdem schlief.
Weil sie beide blind im Dunkeln lagen,
sah er nur die Worte, die sie rief.

Henri Gervex 1852-1928 – Rolla

„Warum tötest du mich denn nicht schneller?“
fragte sie und weinte wie ein Kind.
Und ihr Weinen drang aus jenem Keller,
wo die Träume eingemauert sind.

„Wieviel Jahre willst du mich noch hassen?“
rief sie aus und lag unheimlich still.
„Willst du mich nicht weiterleben lassen,
weil ich ohne dich nicht leben will?“

Ihre Fragen standen wie Gespenster,
die sich vor sich selber fürchten, da.
Und die Nacht war schwarz und ohne Fenster.
Und schien nicht zu wissen, was geschah.

Ihm (dem Mann im Bett) war nicht zum Lachen.
Träume sollen wahrheitsliebend sein …
Doch er sagte sich: „Was soll man machen!“
und beschloß, nachts nicht mehr aufzuwachen.
Daraufhin schlief er getröstet ein.

Autor: Gisela

Bitte auf meiner Seite "Über mich" nachlesen.

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