Erinnerungen an Weimar

Gedichte zu dieser Rubrik:

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Zum Gedenken
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Spaziergang durch den Park in Weimar:

Goethes Gartenhaus

Das Weinberghaus aus dem 17. Jh. wurde von Johann Wolfgang Goethe im April 1776 auf einer Versteigerung erworben, wodurch er automatisch das Bürgerrecht der Stadt erhielt. Die Kaufsumme von 600 Gulden erstattete ihm Herzog Carl August, der Goethe dauerhaft an Weimar binden wollte. Dieser wohnte sechs Jahre sommers wie winters in dem Gartenhaus, in dem er zahlreiche Gedichte und Prosafassungen bedeutender Werke verfasste sowie als Naturforscher tätig war. Auch nach seinem Umzug an den Frauenplan behielt er das Gartenhaus als lebenslanges Refugium, in das er sich oft zurückzog.

Weg zu Goethes Gartenhaus

Übermütig sieht’s nicht aus,
Hohes Dach und niedres Haus;
Allen, die daselbst verkehrt,
Ward ein guter Mut beschert.
Schlanker Bäume grüner Flor,
Selbstgepflanzter, wuchs empor,
Geistig ging zugleich alldort
Schaffen, Hegen, Wachsen fort.
Dieser alte Weidenbaum
steht und wächst  als wie im Traum.
Sah des Fürstendaches Gluten,
sieht der Ilme leises Fluten.
 
(J. W. v. G.)

Aus Schillers Erinnerungen: (28. August 1787)
 
„…Charlotte von Kalb und ich hatten uns in Goethes Garten
eingefunden, um gemeinsam mit Herrn von Knebel Goethes Geburtstag zu
feiern. Während dessen Abwesenheit bewohnte Knebel das Gartenhaus und
hatte zu dieser Feier eingeladen, zu der sich auch einige Damen, Christian Gottlob Voigt, Hof- und Regierungsrat in Weimar und beide Söhne Herders einfanden.
 
Der Garten war hell erleuchtet, und es wurde viel gegessen und kräftig
mit Rheinwein auf Goethes Gesundheit angestoßen.

Was hätte er wohl gesagt, wenn er gewusst hätte, dass ich hier zu seinen Hausgästen zählte?
Das Schicksal fügt sich oft sonderbar. Ein Feuerwerk beendete damals den denkwürdigen Abend.“

aus Schillers Erinnerungen:

„…So fristete ich mein Dasein, lebte von einem Tag in den nächsten, in der Hoffnung,
dass sich langfristig etwas ändern würde.
 Ich war völlig auf mich alleine gestellt und lebte sehr zurückgezogen,
fern von allen gesellschaftlichen Vergnügungen.
Nur in den Abendstunden liebte ich es durch den Park zu spazieren,
und ich genoss dort die Natur auf den weitläufig angelegten Wegen
und die stille Einsamkeit des Ortes.“
 

Johann Wolfgang von Goethe gestaltete nach eigenem Entwurf den „Garten am Stern“ als Parkgarten.
 
„Ein rechter Gelehrtengarten, nahe genug der Stadt, um ihn leicht erreichen zu können und doch entfernt genug, um dem Staub und Lärm zu entgehen; groß genug, um den Besitzer zu zerstreuen, doch zu klein, um ihn zu absorbieren; soviel Land als erforderlich, damit das Auge sich erquicke, der Geist sich ausruhe, soviel Wege, als für einen Spaziergang nötig, und soviel Bäume, dass man sie mit Bequemlichkeit zählen kann.“ J. W. v. G.
 

1786 wurde im Zuge der Umgestaltung des Parks ein altes Gewächshaus zu einem „Salon im Park“ für den herzoglichen Hof umgebaut. Hier fanden gesellige Veranstaltungen, kleine Empfänge, Ausstellungen und Konzerte statt. Die vier hölzernen lebensgroßen Skulpturen von Martin Gottlieb Klauer, die ab 1788 die Ecken des Salons schmückten, stellten Tempelherren dar und verliehen dem Gebäude seinen Namen. Nach dem Umbau zu einem neugotischen Tempel und dem Anbau eines Turms diente es als Sommerhaus für die herzogliche Familie; später als Konzertsaal und Maleratelier des Bauhauses. Bei einem Bombenangriff auf die Stadt im März 1945 wurde es völlig zerstört.

Goethes Standbild vor der Büste von Christiane von Lasberg
Nadelöhr – Von Tsungam – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51948274

Am 16. Januar 1778 ertränkte sich Fräulein Christiane von Lasberg im Alter von 17 Jahren, weil sie sich von ihrem Geliebten, dem Schweden von Wrangel, verlassen glaubte, in der Ilm bei der Floßbrücke, die damals ein wenig unterhalb der jetzigen Naturbrücke schräg über das Wasser in den Stern des weimarischen Parks führte. Ihre letzte Lektüre, die man bei ihr fand,  war Goethes „Werther“ gewesen. Seinem Vorbild war sie gefolgt.
Kurze Zeit danach kam ein Bürger abends in jene Gegend. Da sah er am jenseitigen Ufer eine Dame in schwarzseidenem Mäntelchen lustwandeln; bei ihr war ein kleiner Hund, und in der Hand hielt sie eine Gerte, mit der sie im Sande rieselte. Der Mann wunderte sich, zu dieser Zeit eine Frau aus höheren Ständen, denen sie anzugehören schien, dort zu finden. Als er ihr bis auf zwanzig oder dreißig Schritte nahe gekommen war, entschwand sie seinen Augen, und er konnte sie, obwohl er suchte, nicht wiederfinden. Nachdenklich ging er heim und erfuhr, dass es Christel von Lasberg gewesen sei, die sich in dieser Kleidung ertränkt habe. Auch andere haben ihren Geist dort als weiße Gestalt umherwandeln sehen, und jedermann fürchtete sich, abends allein in die Gegend zu kommen. Goethe, welcher zum Andenken der »armen Christel« dort ein Stück Felsen zum Felsentor aushöhlen ließ, von wo man den Ort ihres Todes übersah, mochte es seinen Dienern nicht verdenken, wenn sie nachts nur zu dreien einen Gang nach seinem Garten hinüber wagten.
 
Christiane von Lasberg zum Gedenken ließ Goethe im Park das sogenannte „Nadelöhr“ anlegen.
 

aus Schillers Erinnerungen:

„Wie jedes Jahr seit dem Beginn meiner Erkrankung ließ ich zu
Jahresbeginn einen Aderlass an mir vornehmen, der alle Giftstoffe aus
mir hinaus fließen lassen sollte und der Bluterneuerung und
Krankheitsvorbeugung diente. Anschließend, am 4. Januar 1799,
fuhr ich in Begleitung meiner Familie nach Weimar, um gemeinsam mit
Goethe alle Vorbereitungen für die Aufführung meines Dramas
„Die Piccolomini“ treffen zu können.
 
Da Lotte es für unschicklich hielt, neben Christiane Vulpius
im Hause Goethes zu wohnen, hatte er uns eine bequeme Logis
im Schloss mit allen nötigen Möbeln besorgt und hielt sich nun
oft bei uns auf, wo er trotz der gewaltigen Tabakrauchwolken
in meinem Zimmer, nach schlecht durchschlafener Nacht,
seine gute Laune nicht verlor.“