Gebet

Viktor Sieger 1843-1905


Ich sprach von Dir als von dem sehr Verwandten,
zu dem mein Leben hundert Wege weiß,
ich nannte Dich, den alle Kinder kannten,
für den ich dunkel bin und leis.

Ich nannte Dich den Nächsten meiner Nächte
und meiner Abende Verschwiegenheit,
und Du bist der, in dem ich nicht geirrt,
den ich betrat wie ein gewohntes Haus.
Jetzt geht Dein Wachsen über mich hinaus:
Du bist der Werdenste, der wird.

Aus dem Worpsweder Tagebuch 4.10.1900

XIII. Sonett an Orpheus

Sei und wisse zugleich des Nicht-Seins Bedingung,
den unendlichen Grund deiner innigen Schwingung,
dass du sie völlig vollziehst dieses einzige Mal.

Text: Rainer Maria Rilke 1875-1926

Autor: Gisela

Bitte auf meiner Seite "Über mich" nachlesen.

2 Gedanken zu „Gebet“

    1. Ich bewundere Rilke sehr, andererseits ist es traurig, dass sein ‚Dunkelsein‘ auf seine militärische Laufbahn zurückzuführen war, die er als hochsensibler junger Mann kaum verkraften konnte.

      Liebe Grüße

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