Himmlische Heerscharen

Dem dunklen Haus des Menschen Licht zu geben,
die gute Tat zu sein, auch wenn sich der Erfolg verhüllt,
ist wie ein Strahlen auf den Erdenwegen,
das uns umgibt - ein unsichtbarer Schild.

So ist kein einziger Versuch vergeblich,
denjenigen zu helfen, die in Nöten stehen
und keine Anstrengung zu klein und kläglich,
dem Guten Pionier zu sein im Vorwärtsgehen.

Die Kraft des Geistes trägt die magischen Momente,
gilt uns als Ausdruckskraft, die unsere Welt beseelt,
sie drückt sich aus in menschlichen Talenten,
verschleiert ist die Sicherheit, die niemals fehlt.

Ist so, wie eine Bürgschaft hier auf Erden,
die unveränderlich, unwandelbar erstellt,
die ihre Form behält im Sein und Werden,
auch wenn Materie in Staub und Asche fällt.

Von einer Heerschar Leuchtenden umgeben,
die unser Los begleitend, helfend stehen;
als unerschütterliche Basis stets zugegen,
unmessbar durch Geräte dieser Welt zu sehen.

Friedhof der Gedanken / Vollmondgräber

Wie ein vergessener Friedhof ist so manche Brust,
mit umgestürzten Kreuzen und eingefallenen Gräbern,
unter sich begraben die Verlorenen, die Lebensinhalt waren,
verbundene Herzen, die mit einem Mal stillstehen.

Zu dunkler Stunde schleichen sie geisterhaft
über die einsamen Wege ihrer längst gestorbenen Hoffnungen,
lassen sie aufleben in nächtlichen Gedankengängen,
die Untoten, Ruhelosen, tot Geliebten und Verlassenen.

Wenn Geister der toten Liebe umgehen, der Leidenschaften,
verwandeln sich die Träume zu Stätten der Traurigkeit.
Modergeruch der Verdammnis steigt aus Erinnerungen,
blasse Bilder zeigend von Glück und Unglück, Anfang und Ende.

Mit all ihren Schmerzen, Sehnsüchten und Leiden
trieb der Rauch des Vergessens gen Himmel,
mit ihm die leer gedachten Gesichter, die dem Gedächtnis entflohen.

Was bleibt ist das Ungelebte, das zu früh zu Grabe getragen
nie mehr pulst und pocht, das entflammt und erloschen.
Liebe - kein Hab und Gut, ohne jeglichen Besitzanspruch,
vom Unsichtbaren gegeben oder genommen.

So versanken selbstbemessene Ziele ins Ungewisse,
doch erscheinen sie im Licht der Gedanken viel größer und reiner,
viel intensiver als die verwirklichten Alltäglichkeiten
und die ungelebte, genommene Liebe als die einzig wirkliche.

In diesen Nächten genieße ich die zarte Stille des Vollmonds,
der geisterhaft über die Dächer steigt und mit kaltem Glanz
in die Gedanken der Schlaflosen dringt.

Er hält das Bewusstsein wundersam in Schranken,
lässt Traumwünsche verblühen und verwelken,
die im Sonnenlicht aufs Neue in den Himmel wachsen.
Wunsch an Wunsch, in wachen, reifen Gedanken.

Seelenflammen

William Adolphe Bouguereau 1825-1905

So, wie der Flamme gold’ner Schein
sich züngelnd streckt gen Himmel sanft empor,
so werden auch die alten Seelen
zu den lichten Höhen streben.
 
Und öffnet sich durch Endlichkeit
des Erdendaseins fremder Sphären Tor,
verbindet sie die Ewigkeit des Seins,
um sie in fernste Galaxien fort zu heben.
 

Sonntägliche Zeit

Spring – Sir John Everett Millais (1829-1896)
Willkommen, sonntägliche Zeit!
Es klingt aus hundert Kehlen,
aus Busch und Bäumen, weit und breit,
hör‘ ich‘s vom Tag erzählen.

Blüten, die noch verschlossen stehn,
sie träumen vom Erwachen,
die lange Nacht wird bald vergehen,
die Sonne wird bald lachen.

Was hinterm Sinn liegt und Verstand,
weiß niemand recht zu deuten,
doch fühlen wir des Vaters Hand,
wenn heut die Glocken läuten.

Es leuchtet andachtsvoll die Welt
im Klang der vielen Stimmen,
wie aus dem Himmelreich bestellt,
lässt Gott uns Wahrheit bringen.

Schicksalsmelodie

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
Wie eine Weise tönt das Leben,
mit Noten, die das Schicksal schreibt;
mal leicht in Dur, mal klingt‘s daneben
in Moll, was trüb im Herzen bleibt.

Der eignen Melodie zu lauschen,
düster und hell, mal mit Gesang,
ist wie das heimatliche Rauschen
der stolzen Bäume Blätterklang.

Es geht ein wunderbares Scheinen
vom andachtsvollen Ton und Klang,
will all das Kolorit vereinen,
das disharmonisch nicht gelang.

Das, was uns ‚zu-fällt‘ kommt von oben,
als Resonanz auf all die Laute,
die, aus der Harmonie geflogen,
mit Missklang einst die Zukunft bauten.

Tanzt zu den reinen, klaren Tönen,
bereinigt manchen Halbton-Klang,
Empfindung wird alsdann verschönen,
wohl temperiert, den Lebensgang.

Ungebunden

Foto: Gisela Seidel
Träg und leer gehn meine Stunden,
mit Vergangenem darin,
tänzeln Zeiger der Sekunden,
ticken Takte ohne Sinn.

Ruhe glaubte ich zu finden,
im Alleinsein, das ich wählte,
denn ich wollte mich nicht binden,
wie die vielen Alt-Vermählten.

Wollte meine Freiheit wahren,
selbstbestimmt sein, grenzenlos,
keinen um Erlaubnis fragen,
niemals sein des Zeitgeists Spross.

Langsam schleich ich, wie die Stunden,
leblos scheint des Tages Lauf;
Einsamkeit hab ich gefunden,
wo ich doch die Liebe brauch.

Doch die vielen ‚Eintagsfliegen‘,
die das Leben mir beschert,
haben meinen Geist gemieden
und den Körper nur begehrt.

Lieben heißt sehnen

Sulamith Wülfing  (1901-1989)

Das Sehnen ist ein Band, das liebend bindet,
die Zauberschnur, die niemals reißt und bricht.
Wo sich die alte Liebe wieder findet,
da wird das tiefste Dunkel hell und licht.
 
Du strahlst in mir, wie Diamanten strahlen,
du reflektierst das Licht, so, wie ein Edelstein.
Lass‘ deiner Augen Glanz auf meine fallen,
du wirst der Glanz auf meiner Seele sein.
 
Du bist mir fern, doch öffnen sich die Schleier,
so wie die Sonne durch die Wolken bricht.
Und jedes Wort, das du mir schreibst erneuert,
was du mit deiner Gegenwart versprichst.
 
Die Liebe hält uns fest und ganz umschlungen,
nichts wird sie lösen – nicht in Ewigkeit!
Und ist dein liebes Wort schon lang verklungen,
dann schwebt es selig weiter durch die Zeit.
 
Das Band der Liebe ist um uns geflochten,
es bindet sanft, doch hart fordert die Pflicht.
Was unsre Träume, Wünsche, nicht vermochten,
nun eine andre Macht für uns erficht.
 
Gott gab uns Liebe, er wird uns geleiten,
damit wir rechte, lichte Wege gehn.
Er wird vor uns die Möglichkeiten breiten,
damit wir wagen, glauben und verstehn.
 

Wenn du wiederkommst

Eiler (Carl) Sorensen (dänisch, 1869 – 1953)

Wenn du wiederkommst,
wird meine Seele jubilieren.
Wie ein fruchtbarer Boden
zwischen kalten Steinen
wirst du erscheinen.
Mein Herz kann nicht still sein,
will dich nicht verlieren,
im Weinen.

Meine Arme sind leer,
meine Sinne so trübe –
als grübe sich dumpfer Schmerz
in mein Denken.
Mir ist das Leben so schwer,
fühl’ mich unendlich müde.
Wohin wird es mich lenken?

Wie ein Liebesbrief
mit gebrochenem Siegel,
der versteckt vor der Welt
deinen Namen trägt,
bist du mein Ich hinter dem Spiegel,
das sich wie ein Gewissen in mir regt.

Untrennbares löst sich,
es bindet das Leben;
das Schicksal trägt in sich,
was geht und beginnt.
Die Hoffnung breitet in Liebe die Flügel,
wenn du wiederkommst,
mit dem Frühlingswind.

Länder ohne Frieden

Quelle: Pinterest

Länder ohne Frieden, ausgebombt die Dächer, offen und zerstört die Mauern.

Frühling kam, drängt stürmisch durch die kalten Wände; wo es grünen sollte, liegen Häuserfronten, Steine, Eisen.

Werden irgendwo durch diesen Schutt die Blüten steigen?

Dort, wo das bröckelnde Gestein über gebrochenen Balken die Toten begräbt, dort ist das österliche Licht erloschen, bluten die gegeißelten Wunden.

Ausgeharrt die Wenigen, die den Strahl des Zukunftsglaubens empfingen, ihn immer noch durch die sterbende Stadt tragen und mit verschleierter Sicht auf Erlösung hoffen.

Seht nicht auf die Einsamkeit des Ortes, auf den Ursprung der Tat. Schaut auf den nächtlichen Himmel; seht die Sterne, die auch über den Wüsten die Welt mit ihrem Schein bezaubern.

Seht, es ist der Mensch, der die Erde bedeckt durch den eigenen Schatten!

Wann ist’s genug? Unzählig sind Menschen gestorben. Mitten im Leben gefällt durch die Hand des Nächsten, aus Willkür, Hass und Diktat, wie blühende Bäume gestürzt. Frevel ist es, wenn menschliches Geheiß uns zu morden gebietet, wenn die Not uns befiehlt zu töten, was wir lieben könnten – unseren Nächsten.

So ragen die Stämme der Bäume zerschossen aus dem Schutt der Gemäuer, wo sie ihre blühenden Kronen verloren. Bis zuletzt mit erhobenen Häuptern, wie die gefallenen Kämpfer es taten. Sie sind untergegangen, wie die Sterne, die trotzdem am Himmel sichtbar bleiben.

Über den Ruinen liegt eine verschleierte Schönheit, und in Fenstern, die keine Scheiben mehr tragen, taucht fahles Mondlicht die Nacht in Vergessen.

Der Erinnerung Blüten winden sich zum Kranz, legen Segen in die Herzen, die vergehen.

Morsch und leer sind die Ruhmeshallen! Denn darin welkt der Duft des Todes und der großen Einsamkeit.

Muss Sterbliches gehen, wo Er seinen Blick erhebt?
Seht: Er richtet nur unsere Schatten, trägt sie ins Licht!

Kunstwerk

Peder Severin Krøyer (1851-1909)
Nun wird die Erde hell, die Sonne scheint,
und eine Drossel, die früh singt, bringt Segen;
die Meisen sammeln zwitschernd, froh vereint,
Zweige und Flaum zum Nestbau auf den Wegen.

Die Kinder halten Hündchen an der Hand,
die kläffend heiter voran gehn und springen,
der Himmel zieht sein blaues Band durchs Land
und lässt die alte Welt zur Hochzeit singen.

Vom Sonnenstrahl erhellt, ist es erwacht,
das kühle Land - es lässt die Seele steigen;
es malt das Graue bunt und über Nacht
sieht man ihr Kunstwerk leuchtend in den Zweigen.