Herbstregen

Iwan Iwanowitsch Schischkin (1832 – 1898) – Regen im Eichenwald

Der Herbst zog ein, stürmisch und nass.
Die Zeit der Raben ist erwacht!
Die Sonne zeigt sich kühl und blass;
die Dunkelheit bringt frühe Nacht.

Die Kälte hat sich breit gemacht
auf allen Wegen, die ich gehe.
Die Wolken ziehn mit nasser Fracht
und Tropfen bilden kleine Seen.

Ein ständig Regenprasseln zieht
den Schmutz der Straße mit sich fort.
Ach, könnt ich mit den Vögeln fliehn,
wünsch mich an einen lichten Ort.

Die Krähen sammeln sich zuhauf,
mit Krächzen fliegen sie so weit.
Die Jahreszeit nimmt ihren Lauf.
Der Mensch sinnt still nach bessrer Zeit.

Bald fällt von diesen Zweigen

Text:

Bald fällt von diesen Zweigen
das letzte Laub herab.
Die Busch´ und Wälder schweigen,
die Welt ist wie ein Grab.

Wo sind sie denn geblieben?
Ach, sie sangen einst so schön.
Der Reif hat sie vertrieben,
weg über Tal und Höh´n.

Und bange wird´s und bänger
und öd´ in Feld und Hag;
die Nächte werden länger
und kürzer wird der Tag.

Die Vögel sind verschwunden,
suchen Frühling anderswo;
Nur wo sie den gefunden,
da sind sie wieder froh.

Und wenn von diesen Zweigen
das letzte Laub nun fällt,
wenn Busch´ und Wälder schweigen,
als trauerte die Welt.

Dein Frühling kann nicht schwinden,
immer gleich bleibt dein Geschick,
du kannst den Frühling finden,
noch jeden Augenblick.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

Text: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Musik: anonym – Französische Volksweise (auch: Ich hab die Nacht geträumet)

Herbstliche Gedankenwelt

Der Wind pfeift durch die Jalousien,
es stürmt der Herbst die halbe Nacht;
die heißen Sommerträume fliehen,
die Welt ist abgekühlt erwacht.

Die Muhme kehrt mit scharfem Besen,
und Oheim Frost deckt Blättergräber;
für das, was lebensvoll gewesen,
sind sie der Totenhemden Weber.

Die schwarzen Vögel kreisen wieder,
wenn feuchte Nebelschwaden ziehen;
krächzend lassen sie sich nieder,
um vor der Sturmgewalt zu fliehen. 

Ihr hohes Haupt bizarr entblößend,
stehen die Bäume ringsumher;
demutsvoll und Furcht einflößend
ist das sturmdurchheulte Meer.

Weist auf lange Winternächte,
wenn der Herbst das Land erfüllt -
will Reim an Reim zum Kranze flechten,
zum herbstlichen Gedankenbild. 

Nebel der Nacht

Quelle: Pinterest
Die Nebel der Nacht, sie weichen,
vom Licht des Tages durchströmt,
zu Pan‘s verborgenen Reichen,
wenn der Weckruf des Morgens tönt. 

Morgenstunde, grau umfangen,
lichtvoll zeigst du dich und mild;
nebelhaft giert dein Verlangen
nach des Herbstes kühlem Bild. 

Schlummerschwer sind alle Augen,
wenn sie aus dem Schlaf erwacht;
weben in der Wahrheit Glauben,
Nebelschleier, jede Nacht. 

Kühle des Morgens

Johann Christian Kröner (1838 -1911)
Zugedeckt mit schweren Schauern
war die Welt – der Sommer ging;
wusch die Hitze aus den Mauern,
kühlte sie zum Herbstbeginn. 

In lebendig neuen Bildern
herbstlich wohlgewählter Farben,
wird er Sonnenkräfte mildern,
Sturm wird Wolkenfelder jagen.

Tief im Wald verstummt ein Röhren,
Hirsche von der Lichtung fliehen,
wenn sie Hund und Jäger hören,
ist die Schonzeit längst dahin. 

Letzte Früchte lasst den Bäumen
und dem Strauch der Nüsse Zier;
durch die Tage geht ein Säumen,
Winterzeit steht vor der Tür.

Auf der Heide blühn die letzten Rosen

Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen;
braune Blätter fallen müd vom Baum,

und der Herbstwind küsst die Herbstzeitlosen;
mit dem Sommer flieht manch Jugendtraum.

Möcht einmal noch wie damals kosen,
möcht‘ vom Frühling träumen und vom Glück.

Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen,
doch die Jugendzeit kehrt nie zurück.

Versunken ist die Frühlingszeit,
kein Vogel singt im Lindenhain;
die Welt verliert ihr Blütenkleid
und bald wird Winter sein.
Verlassen ist der Holderstrauch,
an dem ich einst geküsst.
Es blieb ein Duft, der wie ein Hauch,
aus fernen Tagen ist.

Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen,
braune Blätter fallen müd vom Baum,

und der Herbstwind küsst die Herbstzeitlosen;
mit dem Sommer flieht manch Jugendtraum.

Möcht einmal noch wie damals kosen,
möcht‘ vom Frühling träumen und vom Glück.

Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen –
ach, die Jugendzeit kehrt nie zurück.
Holde Jugend, holde Jugend –
kämst du einmal doch zu mir zurück.

Text (1935): Bruno Balz 1902-1988

interpretiert von Herbert Ernst Groh

Wetterrauschen

Stürme, tobend Wetterrauschen –
herbstlich geht das Jahr dahin;
letzte warme Tage tauschen
Sommerstunden zu Beginn. 

Lüfte wirbeln in den Morgen -
Arbeitswelt ist lang erwacht,
folgen ihren Alltagssorgen,
müd‘ bedingt und flatterhaft. 

In den Gärten lila schauend
mancher Aster Blütenzier;
Wolken treiben, Regen brauend,
Blitz und Donner folgen hier.

Ball’n sich dunkelschwer zusammen,
Dünste, dichtgewob’ner Schleier;
Blitze hell am Himmel flammen,
sind der schwülen Luft Befreier.

Reinigende Lüfte zäumen
kräfteprüfende Gewalt;
nur gefestigt, wie die Bäume -
haben in sich selber Halt. 

Herbstliches Licht

Quelle: Pinterest
Der Mensch kämpft sich durch letzte Sommertage -
die Sonne schneidet tief, mit heißer Klinge;
drückend verweht im Nichts die Hoch-Zeitlage
und reicht dem Herbst den Schlüssel zum Gelingen. 

Bald schiebt der Himmel Schattenwände zu
und über letzte Rosenblüten treibt der Wind;
bald findet kühl umhüllt so mancher Ruh,
und Regen macht die Fensterscheiben blind. 

Gemüter, die so gerne Blumen pflegen,
werden dann ruhen und auf Astern sehen,
die neben Heidepflanzen, Sturm und Regen,
den Übergang zum Dunkel überstehen. 

Schon bald wird neuer Wind von Norden wehen,
treibt vor sich her, was längst vergangen ist;
er scharrt um sich die Blätter auf den Wegen
und tritt verjüngt ins herbstlich kühle Licht. 

Wie die Blätter einer Rose

von Ephides
Bild von Stefan Schweihofer auf Pixabay
Wie die Blätter einer Rose
fallen Tage, welk geworden,
in den Schoß, aus dem sie kamen.
Heißt das: Sterben und Vergehen?
Heißt das nicht: Das Wiederkehren
eines stets verjüngten Urbilds?

Auch der Bäume leises Frösteln,
wenn das grüne Kleid des Sommers,
sich verfärbend, niederrieselt,
teilt der Mensch. Er teilt Ermatten
und ihr großes Einsamwerden
und das frühe Schlafengehn. 

So auch teilt er ihr Geheimnis,
sich im Tode zu erneuern,
ew’gen Werdens Kleid zu weben.
Also steht es aufgeschrieben
auf den Blättern aller Bäume,
auf den grünen und den welken!

Dunkler November

Friedhofseingang – Caspar David Friedrichs (1774-1840)
Die Tage haben kalte Finger,
der Monat zieht die Socken an.
November ist der Überbringer
von trüber Dunkelheit alsdann. 

Das ‚blaue Band‘ ist ausgetauscht,
grau ist die Farbe dieser Zeit,
wie’s stille ist - kein Blattwerk rauscht,
Zweige verlier‘n ihr Kleid. 

Bald sind die letzten Blätter unten
und Frost gesellt sich zu der Nacht.
An Gräbern wird das Treiben bunter,
den Toten wird ein Licht gebracht.

Die Sehnsucht steckt in den Gesichtern
nach leichtem Sinn und Sonnenstrahlen;
die dunk’le Zeit wird Seelenlichter
zur Ruhe auf den Friedhof tragen.