Sonnenschutz

Bild von lillaby auf Pixabay
Die Bäume, die ich liebte, sind gefällt, 
Jahrzehnte ihres Wachsens sind dahin.
Kein Zweiglein mehr, kein Nistplatz, der gewählt;
die Äste abgeholzt, die Leere ohne Sinn.

Vergangen ist das Schauen auf das grüne
und frische Blattwerk, das sich wog im Wind.
Dort, wo die Amsel sang in aller Frühe,
ist die Natur gebeugt, von Tränen blind.

Eichhörnchen spielten in den Zweigen,
voll Freude sprangen sie von Ast zu Ast.
Die Säge, sie erzählte von den Leiden,
die kreischend schrie der Baum in Todeslast.

Geöffnet hat der Himmel seine Weiten;
die Sonne strahlt erbarmungslos herab.
Kein Schutz mehr vor den heißen Sommerzeiten,
den uns das Blattwerk vor den Strahlen gab. 

Dass wir gefällt, einst auch am Boden liegen,
Naturgesetz - ein unabwendbar‘ Ding;
lässt unsren Geist in off‘ne Himmel fliegen,
gibt uns im Tod des Lebens höheren Sinn.

Berührungslose Nähe

Bild von Hans auf Pixabay
Fühle berührungslose Nähe,
distanzlose Gedanken,die, 
würdest du sie sehen,
wie dornenlose Rosen,
duftend um dich ranken.

Bruchteile von Sekunden,
mit einem Lächeln lieben –
so seelentief verbunden,
als stünd’s in einem heil’gen Buch geschrieben,
mit tausend Zauberworten,die,
wenn sie ausgesprochen an geheimen Orten,
die Herzensflammen bis in Ewigkeiten brennen ließen,
und dort verweilend,
würden sie den Jüngsten Tag begrüßen.

In den Unendlichkeiten
würden sie die neuen Morgen kränzen,
als kleine Sterne,
funkelnd, an den fernen Himmeln glänzen,
und sich, wie unsichtbarer Liebesregen,
auf die Geschöpfe dieser Erde legen.

Ahnst du mein unsichtbares Wangenstreicheln,
fühlst du die fessellosen Bande?

Möchte’ gerne deiner Seele schmeicheln,
bin ich doch deinen Weg zu glätten außerstande.

Der Februar

von Erich Kästner (1899-1974)
Bild von Georg Satzinger auf Pixabay
Nordwind bläst. Und Südwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht
bleibt ja doch nur eins: die Zeit.

Pünktlich holt sie aus der Truhe
falschen Bart und goldnen Kram.
Pünktlich sperrt sie in die Truhe
Sorgenkleid und falsche Scham.

In Brokat und seidnen Resten,
eine Maske vorm Gesicht,
kommt sie dann zu unsren Festen.
Wir erkennen sie nur nicht.

Bei Trompeten und Gitarren
drehn wir uns im Labyrinth
und sind aufgeputzte Narren
um zu scheinen, was wir sind.

Unsre Orden sind Attrappe.
Bunter Schnee ist aus Papier.
Unsre Nasen sind aus Pappe.
Und aus welchem Stoff sind wir?

Bleich, als sähe er Gespenster,
mustert uns Prinz Karneval.
Aschermittwoch starrt durchs Fenster.
Und die Zeit verläßt den Saal.

Pünktlich legt sie in die Truhe
das Vorüber und Vorbei.
Pünktlich holt sie aus der Truhe
Sorgenkleid und Einerlei.

Nordwind bläst. Und Südwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht,
bleibt uns doch nur eins: die Zeit.

Offene Türen

Bild: Hans Georg Leiendecker
Der Erdball groß und wunderbar,
als Schule für die Menschheit gar;
die Himmel liegen weit.
 
Vom All herab, der Cherub Tanz -
die Welt hüllt sich in Lichterglanz
und stille steht die Zeit.

Der Garten Eden liegt verhüllt,
geblieben ist ein vages Bild,
von unberührter Welt.

Zwei Bäume stehn seit Anbeginn,
mit dem symbolisch tiefen Sinn,
wo Licht und Schatten fällt. 
 
In jedem Herzen brennt ein Licht,
doch unsre Augen sehen es nicht;
die Liebe leuchtet hell.
 
Öffne dem Nächsten deine Tür,
dann spürst du: Gott, er öffnet dir
die seine, weit und schnell.

Morgenlicht

Bild von Arifur Rahman Tushar auf Pixabay

Es dämmert schon –
gleich wird der Tag erwachen!

Das Licht kämpft gegen die Dunkelheit.

Der Wind reißt Löcher in die Wolkendecke
und lässt das Blau des Himmels erahnen;
friedlich und still ruht die Welt,
zärtlich streichelt sie die Nacht,
umschließt sie sanft mit einer Aura kosmischer Liebe.

Erde und Himmel im göttlichen Licht;
kühl ist der Morgen.

Schwingungen des Geistes
schenken wärmende Gedanken,
damit unsere Seelen nicht frieren.

Falsches Denken und Handeln

Meine Familie 1958
Ich war noch nie weit von zuhause entfernt,
nur die Heimatwelt blieb mir beschieden,
hab‘ als Kind nicht viel von der Welt gelernt,
hab die fremden Kulturen gemieden. 

Meine Eltern waren vom „Führer“ verdorben,
der Darwins Lehre vor den Karren gespannt.
Wer nicht aus arischer Rasse geboren,
wurde aus ihrem falschen Denken verbannt. 

Die archaische Lehre war ihnen geblieben;
selbst als ein schwarzer Mann Amerika führte,
war mein Vater damals von Zweifeln getrieben,
weil er dessen Verstand als zu ‚klein‘ deformierte. 

Ausländer war’n keine Menschen im Lande,
die man freundlich und respektvoll empfing.
Sie hausten in Baracken, am Siedlungsrande;
Mutter schimpfte, trotzdem lief ich zu ihnen hin.

Da war ein Mädchen, mit schwarzen Haaren,
hübscher Gast aus Italien, in Arbeiterschicht.
„Damit spielt man nicht!“, hab ich von Mutter erfahren,
denen fernzubleiben, wurde zur Pflicht. 

Ich verstand nicht, die zu große Eigenliebe -
ein jeder Mensch ist Teil dieser Welt,
jeder ein Rädchen im Weltgetriebe,
das alles Leben am Laufen hält. 

Wenn die Nacht kommt

Quelle: Pinterest – „Sehnsucht“ – Kinga Britschgi
Wenn die Nacht kommt, 
hängen Schatten noch schwerer,
scheint der Raum um mich leerer,
nur die Gardinen bewegt der Wind.

Wenn der Schlaf kommt,
schließt mir Schwermut die Augen,
das Leben will sie mir rauben,
wie in Adern, das Blut sein darin. 

Wenn mir ein Traum kommt,
mit namenlosen Gesichtern,
bin ich abseits in blendenden Lichtern,
durchschienen und stumm.

Wenn ein Zeichen kommt,
eins mit den großen Zukunftsvisionen,
seh‘ ich mich im Nirgendwo wohnen,
unendlich glücklich darum. 

Winterende

Peder Mork Monsted (1859.1941)
Das Grün in diesem Land ist blass, befleckt,
dem Wachstum fern, im Wintergrau verblichen;
das kahle Astwerk, das sich in die Lüfte streckt,
ist wärmesuchend vor dem Frost gewichen.

Wie ein Chamäleon, bereit für neue Farben,
liegt es getarnt, das Kolorit verdeckt;
fast unsichtbar, die Haut mit Kältenarben,
geduldig, tief im letzten Schnee versteckt.

Das Leben haucht im Atem feuchte Wärme,
im Februar klopft ein eisig‘ Kälteherz,
erstarrt ist die Natur in Sonnenferne,
am Winterende pflügt der Monat März. 

Dann bricht hervor aus dunklen Erdenschollen,
was in der Tiefe längst im Kern geboren,
und aus naturbedingtem heil‘gem Wollen
treibt es hinaus am warmen Frühjahrsmorgen. 

Berg der letzten Sicht

Quelle: Pinterest
Die vielen Stufen, wie sie mich rufen!
Das Menschsein ertragend, den Aufstieg wagend,
muss ich sie gehen, um zu verstehen.

Die Höhen erklimmen, Erkenntnis erringen,
am Gipfelkreuz stehen, die Erde besehen:
verschleierte Wahrheit, vernebelte Klarheit.

Mensch, von Dämonen besessen, Natur vergessend,
vom Ego beschwert, lieblos abgekehrt von gnädiger Güte. 

Die göttliche Blüte der Liebe empfangen, Demut erlangen!

Kein Auge um Auge, nicht Zahn um Zahn –
verzeihen, vergeben in Rückschau und Leben,
nicht vom Hass zerfressen, sich selbst vergessen.

Der Körper vergeht, nur die Liebe besteht.
Im Wiederfinden die Einheit verbinden,
wenn aus dem Berg der letzten Sicht, das Edelweiß bricht. 

An Dich

Franca – Alexandre Cabanel (1823-1889)
Mein Herz, es ruft nach Dir, ganz in der Stille,
bist mir mein Alles und mein fernes Nichts,
 
die hinter Wolken liegende Idylle,
verborgene Unendlichkeit des Lichts.

Wie eine Dürstende nach klarem Quell,
so suchte ich in dieser Welt vergebens,

fühlte verbunden mich dem lichten Hell 
im Herzen - Schöpfer meines Lebens.

Nur in Gedanken kann ich Dich erfassen,
in Träumen Dir die Hände reichen;
 
will meinen Blick nicht von Dir lassen,
von meinem Weg will ich nicht weichen.
 
Wird sich der letzte Schleier heben
und Dimensionen sich verbinden,
 
werd’ ich durch off’ne Himmel eilend,
den Weg zu Dir nach Hause finden.