Einmal im Leben

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Einmal im Leben Einen finden,
der sanft das Sehnen meines Herzens stillt,
sein Dasein lebt aus reinen Gründen,
im edel und vertrauensvollen Bild.

Der mir Gedanken zeigt im Licht,
einfach und gut, aufrichtig, mild,
ein Mund, der stets die Wahrheit spricht,
die sich verbreitet, wie ein Schild,

das abwehrt alle dunklen Töne,
die traurig sind im Unglück meiner Welt,
der in mir weckt das lichte Schöne,
als höchstes Glück, das zart herniederfällt.

Kein Mensch hat meinem Wunsch entsprochen,
denn keine Seele wird mir hier begegnen;
die Sehnsucht nach Erfüllung, ungebrochen.
Nur Gott allein kann mich in Liebe segnen!

Kalte Gedanken

Julius Sergius von Klever (1850-1924)
Es wird bald Nacht sein, Gott,
gib für die letzte Fahrt mir Licht.
Kalt bläst der Wind von Nord
und rötet mein Gesicht.

Es wird noch lang nicht tauen -
der Reif hängt an den Zweigen
und aus dem flachen Land
seh ich die Nebel steigen.

Zeig mir den Weg nach Haus,
halt an die Weltenuhren,
deck zu mit Sternenglanz
und Mondlicht meine Spuren. 

Lass Kirchenglocken schlagen,
hör‘ sie durch Eis und Schnee;
so Gott will, werd‘ ich’s tragen,
das Schwere, wenn ich geh.

Wird sein kein Steingebilde,
geschmücktes Grab und Trauer,
wer Wahrheit führt im Schilde,
der ist allein – auf Dauer.

So blind bin ich, vertraue,
tappe durch Finsternisse;
wie die Lebendigen glauben -
und nur die Toten wissen. 

Aus deinen hohen Stämmen
wob Nacht nun graue Fäden,
der Schneeluft gilt kein Dämmen,
wenn lichte Flocken weben.

Gespenst der Nacht, nun weiche!
Unholde Wesen kriechen
um schneeverwehter Eiche,
aus Wald und Mauernischen. 

Muss dunkle Pfade gehen - 
tritt mir auch Angst entgegen,
werd‘ starken Mutes sehen:
auch dort liegt Gottes Segen.