Der Monde fahlen Glanz hab ich genossen, wenn sie vom dunklen Firmament, wie Silberflüsse durch die Fenster flossen, besonntes Hell, das Schlaf vom Wachsein trennt.
Das Mondlicht zeichnet Himmelsblässe. Wie es Konturen auf den Häusern malt! Frau Luna ist die älteste Mätresse, die Existenz des Mondes längst bezahlt.
Es scheint, er hat sich abgewandt vom Leben, damit die Erde fruchtbar wird durch ihn, denn ohne ihn, würd‘ es kein Leben geben, und alle Jahreszeiten wär’n dahin.
Er malt das Bild des fernen Widerscheines, die Sonne drosselt durch ihn ihre Kraft. Einmal im Monat zeigt er sein geheimes und fahles Leuchten in der Nacht.
Er ist Begleiter, Lenker der Gezeiten, und wenn die Achse unsrer Erde wankt, ist er die Stütze; alle Klimabreiten und deren Ausgleich sind in seiner Hand.
Wie ein vergessener Friedhof ist so manche Brust, mit umgestürzten Kreuzen und eingefallenen Gräbern, unter sich begraben die Verlorenen, die Lebensinhalt waren, verbundene Herzen, die mit einem Mal stillstehen.
Zu dunkler Stunde schleichen sie geisterhaft über die einsamen Wege ihrer längst gestorbenen Hoffnungen, lassen sie aufleben in nächtlichen Gedankengängen, die Untoten, Ruhelosen, tot Geliebten und Verlassenen.
Wenn Geister der toten Liebe umgehen, der Leidenschaften, verwandeln sich die Träume zu Stätten der Traurigkeit. Modergeruch der Verdammnis steigt aus Erinnerungen, blasse Bilder zeigend von Glück und Unglück, Anfang und Ende.
Mit all ihren Schmerzen, Sehnsüchten und Leiden trieb der Rauch des Vergessens gen Himmel, mit ihm die leer gedachten Gesichter, die dem Gedächtnis entflohen.
Was bleibt ist das Ungelebte, das zu früh zu Grabe getragen nie mehr pulst und pocht, das entflammt und erloschen. Liebe - kein Hab und Gut, ohne jeglichen Besitzanspruch, vom Unsichtbaren gegeben oder genommen.
So versanken selbstbemessene Ziele ins Ungewisse, doch erscheinen sie im Licht der Gedanken viel größer und reiner, viel intensiver als die verwirklichten Alltäglichkeiten und die ungelebte, genommene Liebe als die einzig wirkliche.
In diesen Nächten genieße ich die zarte Stille des Vollmonds, der geisterhaft über die Dächer steigt und mit kaltem Glanz in die Gedanken der Schlaflosen dringt.
Er hält das Bewusstsein wundersam in Schranken, lässt Traumwünsche verblühen und verwelken, die im Sonnenlicht aufs Neue in den Himmel wachsen. Wunsch an Wunsch, in wachen, reifen Gedanken.
Manchmal, wenn die Nacht noch schläft,
hör ich leise schwebend durch die Zimmer gleiten,
was in diesem Haus gelebt,
dann gestorben ist beizeiten.
Manchmal sind mir Träume blass und stumm,
sind gefüllt mit starren Blicken Fremder,
Lippen öffnen sich und wiederum,
wenn ich durch Traumstraßen schlendre,
hör‘ ich Fragen durch geschlossene Münder.
Sehe dann, wie viele ‚Wahrheitsfinder‘
fehlgeleitet falsche Wege gehen,
dann bewusst im Gang verharren,
oder schuldbeladen in den Abgrund sehen,
weil sie sich im Geist der Welt vernarren.
Manchmal, wenn der Vollmond näher rückt,
der die Stunden lang und schlaflos macht,
spür‘ ich, wie der Mann im Mond sich bückt,
mir ein Schlaflied singt und mich bewacht.
Dort oben stehst du, prall, von feinen Wolken mild verhüllt, wie unter einem Cape aus Tüll, durchscheinend licht, verdichtend und vergehend, so dein Bild.
Voll Mond stehn Stern an Stern gereiht in deinem Schein, kalt zeigst du dein Gesicht, vernarbt, von Kratern tief durchzogen; anziehungskräftig musst du einsam sein.
Den Schlaf nimmst du, lässt Müdigkeit vergehen, wer dennoch schläft, fühlt deine Fahlheit in den Räumen; früh wird der Mensch erwachen und verstehen, den ‚Mann im Mond‘ gibt’s nur in seinen Träumen.
So prächtig ist er da, in sternenklarer Nacht,
durchdringt die Welt mit kühlem Glanz,
wälzt Mensch im Traum in stiller Wacht,
treibt in Bizarrheit silbrig Mummenschanz.
Gezeiten an den Küsten unsrer Meere,
beschleunigt durch der Sonne Kraft,
Gravitation durch stille Daseinsleere,
die erdgebunden nächtens schlaflos macht.
Unbeweglich ist alles, die Fenster geschlossen,
es dringt sein fahles Licht durch den Store.
Bald ist er rund, wie in den Himmel gegossen,
seine Strahlung öffnet manch mystisches Tor.
Die Nacht wird zum Tage, in Silber getaucht,
die Verborgenheit bekommt durch ihn ein Gesicht;
es lächelt nicht, ist uralt und verstaubt,
taucht die Welt in kaltes, gleißendes Licht.
Die Flüche flieh‘n vor des Tages Erwachen,
die im Jenseits beschatteten Wölfe der Nacht.
Der Tod bringt zum anderen Ufer den Nachen,
Vampire gehn schlafen – die Welt ist erwacht.
Die Energie, sie zieht wie ein Magnet
an den Gedanken, die im Schlafe wachen,
und mancher Traum-Impuls entsteht,
wird Unsichtbares sichtbar machen.
Da türmen sich gespenstige Gedanken,
sie regen an den Geist der Fantasie.
Der Mond, er füllt sich hinter Wolkenbanken,
zeigt sich im fahlen Schein der Nostalgie.
Bald treibt er meinen Schlaf in weite Ferne,
doch seine Kraft hält wach und lässt ihn ziehn.
Er kehrt zurück, nimmt mich bis an die Sterne -
ich kann dem lang Ersehnten nicht entflieh‘n.
Und als der Mond schon voll im kühlen Licht,
erscheint der Mann im Mond, bittet zum Tanz.
Frau Luna zeigt ein lächelndes Gesicht,
wirbelt mit uns durch feinen Sternenglanz.
Fahl wirft der Vollmond Schatten in die Zimmer. Groß steht er, Stern umringt, in stiller Wacht. Hat mich geweckt durch seinen Zauberschimmer. Nun lieg’ ich lang schon, lausche in die Nacht.
Die Grillen geigen monotone Partituren. Das Blattgewand, es rauscht im nahen Baumgeäst. Ein Schlag fährt durch die müden Weltenuhren; die Mitternacht hält magisch alle Zeiger fest.
Mein Engel singt mir Nachtwindmelodien. Gott streut ein lichtes Ahnen in die Zeit. Die Wesen aus den Schattenreichen fliehen vorbei wie trüber Nebelhauch…so weit.
Der Schlaf, der gnädige, ist mitgegangen. Gedanken treiben wie das Wasser an den Strand. Sie kommen und sie gehen… Traum verhangen zieh ich mit ihnen ins verklärte Niemandsland.
Dort liegt mein Tränensee und auf dem Grunde verlorene Träume, dicht an dicht, wie Stein an Stein. Ich treib hinab, versink in sonnenferner Stunde, spinn’ neue Träume, losgelöst vom Sein.
Fantasiere von Menschen, die mit Smartphone vorüberstreben; die wortlosen Alltagsgespenster, geistern mit Ego in Händen durchs Leben.
Am Fenster sehen sie mich nicht. Bin alt und dadurch unsichtbar… eine von gestern, kein Werbegesicht. Doch ohne Alte wären sie nicht da.
Mich ruft niemand an! Unruhe wälzt sich durch Stunden. Das Ticken der Uhr ist zeitlos, verschwunden.
Wieder Vollmond mit schlaflosen Nächten… als wenn Träume das längst Verlor’ne wiederbrächten.
Jemand ist da! Bin im Traum nicht allein. Ich seh‘ mich im Dunkel laufen und laufen: die Stadt, ihr Fremdsein, mein Untertauchen.
Begleitet von einem Scherenschnitt-Mann, dessen wahres Gesicht ich nie sehen kann.
Er gibt sich vertraut, so seelenverwandt. Wenn die Ruhe kommt, nimmt er meine Hand.
Er redet mit mir, wo sonst Schweigen ist, und wenn ich weine, umarmt er mich.
Treibt gedanklich mit mir durch die nächtliche Stadt. Teilt das, was vom Fernsehen übrig ist und sieht sich an Weltlichem satt.
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