Friedhof der Gedanken / Vollmondgräber

Wie ein vergessener Friedhof ist so manche Brust,
mit umgestürzten Kreuzen und eingefallenen Gräbern,
unter sich begraben die Verlorenen, die Lebensinhalt waren,
verbundene Herzen, die mit einem Mal stillstehen.

Zu dunkler Stunde schleichen sie geisterhaft
über die einsamen Wege ihrer längst gestorbenen Hoffnungen,
lassen sie aufleben in nächtlichen Gedankengängen,
die Untoten, Ruhelosen, tot Geliebten und Verlassenen.

Wenn Geister der toten Liebe umgehen, der Leidenschaften,
verwandeln sich die Träume zu Stätten der Traurigkeit.
Modergeruch der Verdammnis steigt aus Erinnerungen,
blasse Bilder zeigend von Glück und Unglück, Anfang und Ende.

Mit all ihren Schmerzen, Sehnsüchten und Leiden
trieb der Rauch des Vergessens gen Himmel,
mit ihm die leer gedachten Gesichter, die dem Gedächtnis entflohen.

Was bleibt ist das Ungelebte, das zu früh zu Grabe getragen
nie mehr pulst und pocht, das entflammt und erloschen.
Liebe - kein Hab und Gut, ohne jeglichen Besitzanspruch,
vom Unsichtbaren gegeben oder genommen.

So versanken selbstbemessene Ziele ins Ungewisse,
doch erscheinen sie im Licht der Gedanken viel größer und reiner,
viel intensiver als die verwirklichten Alltäglichkeiten
und die ungelebte, genommene Liebe als die einzig wirkliche.

In diesen Nächten genieße ich die zarte Stille des Vollmonds,
der geisterhaft über die Dächer steigt und mit kaltem Glanz
in die Gedanken der Schlaflosen dringt.

Er hält das Bewusstsein wundersam in Schranken,
lässt Traumwünsche verblühen und verwelken,
die im Sonnenlicht aufs Neue in den Himmel wachsen.
Wunsch an Wunsch, in wachen, reifen Gedanken.