Das Wolkendach trägt schwer an Eiskristallen;
der Winter kam zurück mit Frost und Schnee.
Die milden Tage gingen, und die Flocken fallen,
sinken im Niedergang, tanzen und verwehen.
Sie sind wie heilige Kräfte, die aus Himmeln fallen,
sind vor des Werdens Blühen das Geleit.
Tragen die Ruhe in das innere Wallen,
zur Vollendung des Alten und Entfaltung der Zeit.
Sind die Träger der Hoffnung auf neues Beginnen,
mit brennender Sehnsucht nach Wärme und Licht,
mit Zeichen des Frühjahrs und den Wundern darinnen,
wie der Sonnenstrahl, der durch die Wolken bricht.
Schneeweiß, wie ein sonnbeglänztes Meer,
liegt das weite Land in stiller Pracht.
Flocken haben es bedeckt, von oben her,
bringen uns ein Bild, das glücklich macht.
Flockentreiben kommt aus ferner Welt,
fällt und segelt auf den Winterwinden;
flüchtig ist das Nass, vom Frost erstellt,
Sonne bringt das Element zum Schwinden.
Lichtes Treiben schwebt vom Himmelszelt,
weiß und rein scheint es, das Flockenheer.
Flüchtig sind die Dinge dieser Welt,
nur gelieh‘n sind sie - von oben her.
Der Winterhimmel drängt sich grau ins Licht,
so schneeschwer ziehn die Wolkenzüge,
schweben vorbei, bis die Umhüllung bricht;
verlieren sich in flockenweißen Flügen.
Die Jahreszeit ist kalt, eisig ihr Händchen,
bedeckt das müde Land mit Leichtigkeit,
trägt Frost und Schnee am Gängelbändchen,
wie einen kleinen Hund, der Unfug treibt.
Es ermattet die Natur, des Menschen Kraft,
teilt sich ihr großes Einsamwerden und trinkt Tee.
Übt, wie man frühes Schlafengehen schafft
und freut sich über erste Fußstapfen im Schnee.
Kommt jetzt der Winter? Wo ist er geblieben?
Die Gier der Menschen hat ihn fortgetrieben!
Hier gibt es keinen Schneefall mehr,
nur warme Tage, klimaschwer.
Wo einstens früher Flocken tanzten,
Eisblumen sich auf Fenster pflanzten,
stieß Glaserkitt gefasstes Glas,
auf isoliertes Doppelglas.
So abgegrenzt von der Natur,
verließ der Mensch gerahmte Spur,
ist schöpfungsreich durch Wissenschaft,
Gott, der sie führt, den schafft sie ab.
Lass doch den Schneefall wieder treiben!
Mein Opa flickte alle Scheiben
mit Fensterkitt in Ölpapier.
Sei DU der Kitt der Seele mir!
Das Wasser ist so trüb, so träg quält sich der Fluss, und die Natur verdunkelt ihre Lebenslichter, verstreut der tristen Winterstunden graues Muss, treibt müdes Gähnen auf die Ruhezeit-Gesichter.
Der Boden, Höhlung durch des Wassers Kraft, liegt hart und steinern unter weicher Fläche, als eisig glitzernd in der Flocken Pracht, der Frost anhielt der Fluten ew’ge Bäche.
In blasse Trauerfarben hüllt der Tag sich ein, gefolgt von einer ewig langen Nacht, die dunkel sich im Wintermondenschein mit schwarzen Schatten kalt und endlos macht.
Die hohen Tannen atmen heiser im Winterschnee, und bauschiger schmiegt sich sein Glanz um alle Reiser. Die weißen Wege werden leiser, die trauten Stuben lauschiger.
Da singt die Uhr, die Kinder zittern: Im grünen Ofen kracht ein Scheit und stürzt in lichten Lohgewittern, – und draußen wächst im Flockenflittern der weiße Tag zur Ewigkeit.
Rainer Maria Rilke (1875-1926)
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