Herbstregen

Iwan Iwanowitsch Schischkin (1832 – 1898) – Regen im Eichenwald

Der Herbst zog ein, stürmisch und nass.
Die Zeit der Raben ist erwacht!
Die Sonne zeigt sich kühl und blass;
die Dunkelheit bringt frühe Nacht.

Die Kälte hat sich breit gemacht
auf allen Wegen, die ich gehe.
Die Wolken ziehn mit nasser Fracht
und Tropfen bilden kleine Seen.

Ein ständig Regenprasseln zieht
den Schmutz der Straße mit sich fort.
Ach, könnt ich mit den Vögeln fliehn,
wünsch mich an einen lichten Ort.

Die Krähen sammeln sich zuhauf,
mit Krächzen fliegen sie so weit.
Die Jahreszeit nimmt ihren Lauf.
Der Mensch sinnt still nach bessrer Zeit.

Nebel der Nacht

Quelle: Pinterest
Die Nebel der Nacht, sie weichen,
vom Licht des Tages durchströmt,
zu Pan‘s verborgenen Reichen,
wenn der Weckruf des Morgens tönt. 

Morgenstunde, grau umfangen,
lichtvoll zeigst du dich und mild;
nebelhaft giert dein Verlangen
nach des Herbstes kühlem Bild. 

Schlummerschwer sind alle Augen,
wenn sie aus dem Schlaf erwacht;
weben in der Wahrheit Glauben,
Nebelschleier, jede Nacht. 

Wetterrauschen

Stürme, tobend Wetterrauschen –
herbstlich geht das Jahr dahin;
letzte warme Tage tauschen
Sommerstunden zu Beginn. 

Lüfte wirbeln in den Morgen -
Arbeitswelt ist lang erwacht,
folgen ihren Alltagssorgen,
müd‘ bedingt und flatterhaft. 

In den Gärten lila schauend
mancher Aster Blütenzier;
Wolken treiben, Regen brauend,
Blitz und Donner folgen hier.

Ball’n sich dunkelschwer zusammen,
Dünste, dichtgewob’ner Schleier;
Blitze hell am Himmel flammen,
sind der schwülen Luft Befreier.

Reinigende Lüfte zäumen
kräfteprüfende Gewalt;
nur gefestigt, wie die Bäume -
haben in sich selber Halt. 

Herbstschauer

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Verflüchtigt sind Tränen des Taus, der Blüten wie Perlen genässt;
kein Singen im trocknen Geäst, die Nester leer, 
und Manche sammeln sich schon jetzt zur Reise ohne Wiederkehr.

All die, die im Lichtstrahl erblühten, verglühten im sengenden Strahl,
Brunnen und Himmel versiegten, welk drückte des Sommers Qual.
 
Umhaucht von heißer Luft, der Schmuck weiter Fluren verschwand, 
Schatten auf Sonnenuhren, Hitzeflimmern über dem Land.

Die Königin samtener Blüten – Rose, die gerade erwacht,
sie welkt dahin in den Gärten, ergibt sich der langen Nacht. 

Öde sein wird es im Garten, schauernd erbebt das herbstliche Nah’n.
Still wird’s dann sein auf Erden, nur der Wind treibt die Stürme voran. 

Herbstliches Licht

Quelle: Pinterest
Der Mensch kämpft sich durch letzte Sommertage -
die Sonne schneidet tief, mit heißer Klinge;
drückend verweht im Nichts die Hoch-Zeitlage
und reicht dem Herbst den Schlüssel zum Gelingen. 

Bald schiebt der Himmel Schattenwände zu
und über letzte Rosenblüten treibt der Wind;
bald findet kühl umhüllt so mancher Ruh,
und Regen macht die Fensterscheiben blind. 

Gemüter, die so gerne Blumen pflegen,
werden dann ruhen und auf Astern sehen,
die neben Heidepflanzen, Sturm und Regen,
den Übergang zum Dunkel überstehen. 

Schon bald wird neuer Wind von Norden wehen,
treibt vor sich her, was längst vergangen ist;
er scharrt um sich die Blätter auf den Wegen
und tritt verjüngt ins herbstlich kühle Licht. 

Treibhausblüten

Klavierstunde – Jules Alexis Muenier (1863–1942)
Künstlich ist die Helligkeit im Raum,
treibt das Leben aus dem kalten Grund,
erdenfern und frei, der Wurzelsaum,
und das Blatt wächst aus dem Schlund.

Aus dem Nichts an schlammigen Wegen,
weiße Blüten über Sümpfen stehen,
heben sich dem Sonnenlicht entgegen,
lassen weißer Reinheit Wunder sehen. 

„Wunderkinder“ sind wie Treibhausblüten,
hochgezogen aus der kleinen Form,
intellektuell in vorzeitiger Güte,
sprengen jede kindgerechte Norm. 

Herrscherin Natur wird sie nicht dulden,
Hände, die die Blütenknospen öffnen,
die gewaltsam sich an ihr verschulden
und daraus Begehrlichkeiten schöpfen.

Denn die Rose muss allein erblühen,
jede Blüte treibt im eignen Maß und Kleid;
Zarte Körper – sie erlöschen und verglühen,
wie ein kleines Lichtlein vor der Zeit. 

Herbstschatten

Bertha Wegmann (1847-1926)
Der Sommer geht, man lässt ihn ziehen,
das Leben will in die Herbstzeit entfliehen;
kaum gekommen, mit Frohsinn und Tanz,
ist bald verronnen, der wärmende Glanz.

Schon losgelassen auf herbstlichen Straßen,
der Wind des Vergessens, des Gehenlassens.
Ein fröstelndes Auf-sich-selbst-Besinnen,
lässt mit Kühle die Jahreszeit beginnen.

Sonne, gedimmtes Licht, hell wie Kerzen,
zügelt das heiße Blut in den Herzen.
Gleich einem Docht, der zu Ende brennt,
schließt der Sommer plötzlich sein luftiges Hemd. 

Verschlossen liegt es, in der Tiefe der Zeit,
doch sie zeigt, dass das Schöne ist und bleibt.
Bald sehen wir Buntheit auf Weg und Rabatten,
der Welt verhüllter, vergänglicher Schatten. 

So seh‘ ich das Ende meines Strebens -
fällt wie welkes Laub vom Baum des Lebens.
Hat er geblüht? Sind meine Hände leer? 
Den Wanderstab, der oft zum Gehen schwer,
geb ich zurück, mit ihm mein altes Kleid,
geh zeitbefreit durch’s Tor der Ewigkeit. 

Lust am Sein

Foto: Anna Lakisova / Quelle: Pinterest
Aus den Wurzeln neues Leben,
neue Triebe, Licht beseelt,
will sich hin zum Himmel heben,
wie von ferner Kraft gestählt.

In des Baumes hohem Schweigen,
fließt die Kraft aus Lust am Sein;
von Natur getränkte Ströme
heben ihn im Sonnenschein.

Trotzig, wie zerbrochene Türme,
stehn im Zeichen wilder Zeit,
von Gewittern und den Stürmen,
Kronen im zerteilten Kleid. 

Eine segnende Gebärde
ist sein stiller Dienst allein,
dient dem Himmel wie der Erde,
will ein Lächeln Gottes sein. 

Nach dem Frühling

Fotograf: James Gregory / Quelle: Pinterest
Die Frühlingswetter sind vorbeigezogen,
nun glüht die Sonne über Feld und Stille
und legt ein braunes Kleid über die Wogen
des Korns, in durstig trockener Ackerfülle.  

Das Blühen ist vorbei an allen Bäumen,
die Blüten längst verweht und fortgeflogen.
Was haften blieb, ruht unter Blättersäumen;
bald spricht die Herbstnatur in Epilogen. 

Der Wald gibt Raum im Blättermeer der Bäume,
denen, die Schatten suchen, sich zu kühlen,
und Vögel nässen freudig ihr Gefieder
zwischen Sonnenschirm und Gartenstühlen. 

Das Heimchen ‚grillte‘ lange noch im Grase, 
dort, wo der Bach durch Schilf und Steine trieb,
vorbei an bunter Wiese Traumoase,
nahm er das Treibgut mit sich wie ein Dieb. 

Die Rosen blühen wieder in den Gärten,
das Gold des Ginsters ziert die Ackerraine,
durstig ist die Natur, sucht Wasserfährten
zwischen Himmel und Erde - findet keine (?).

Sonnenschein und Regen

Lisa Aisato Njie Solberg (* 23. Juli 1981)
Bald schon ist der Mai gegangen,
nahm die Lüfte rein und mild,
zog mit ihnen in den Sommer,
der schon schmückt das traute Bild.

Frohnaturen jubeln, singen
ihm entgegen wie ein Zug.
Leise wandelnd, wandelt alles
sich zur Reife, hin zum Pflug.

Dunst und Dampf gewob’ne Tropfen -
wo seid ihr im Nichts dort oben?
Regen, falle auf die Erde,
wenn im Schweiß ihr Kleid verwoben.

Sollen Morgenwinde wehen,
wie im Mai in erster Stunde.
Zeig in Sonnenschein und Regen
unseres Schöpfers Tat und Kunde.