Gleite aus der Nacht der Träume
in des Tages wirren Lauf,
durch das lichte Gelb der Räume
treibt es mich ganz Gott vertraut.
Wie Gemälde sichtverbunden
mit den Künstlern, die sie schufen,
klingen diese schönen Stunden
wie ein schöpfungsnahes Rufen.
Offene Fenster, lichtdurchdrungen,
malen Bilder an die Wände;
alle Schatten sind verschwunden,
Sommerluft streift meine Hände.
Wolken ziehn wie Zuckerwatte
am blauen Himmel von so weit.
Der Morgen strahlt, nur selten hatte
er diesen Hauch Unendlichkeit!
Schlagwort: Sommer
Mücken und Menschen

Auf die alte Regentonne
fiel die erste Morgensonne,
wo sie schlafen,
die Mückenlarven,
bis zum Verpuppen,
in großen Gruppen.
Sie hingen nass,
im dunklen Fass,
erquicklich in der seichten Brühe,
erwachten sie in Herrgottsfrühe,
der Spaß vorbei
das Einerlei.
Der Wasserspiegel sank
im morschen Regentank,
bis man’s entdeckte,
es leckte.
Besser wär’s hinaus zu hüpfen
und zu schlüpfen,
dachten sich die Puppen
am Schuppen.
Mücken Mädchen war’n geboren,
Männchen hatten längst verloren,
saßen nur noch dumm
auf den Pflanzen rum.
Mädchen wetzten ihre Stachel,
und sie lernten Blut und Rache,
böse vor sich hin zu brummen
und beim Saugen zu verstummen.

Menschenblut auf ihren Fährten,
jagen spielend durch die Gärten,
fliegen durch die warme Luft,
durch den Sommerregenduft.
Finden wieder eine Tonne,
lockt sie in der späten Sonne,
und der lang ersehnte Regen
lädt sie ein zum Eierlegen.
Es gibt in verschied’nen Schichten,
die böse brummen und die schlichten,
und and’re gibt’s, die hängen rum,
zu dumm.
Nach dem Frühling

Die Frühlingswetter sind vorbeigezogen,
nun glüht die Sonne über Feld und Stille
und legt ein braunes Kleid über die Wogen
des Korns, in durstig trockener Ackerfülle.
Das Blühen ist vorbei an allen Bäumen,
die Blüten längst verweht und fortgeflogen.
Was haften blieb, ruht unter Blättersäumen;
bald spricht die Herbstnatur in Epilogen.
Der Wald gibt Raum im Blättermeer der Bäume,
denen die Schatten suchen, sich zu kühlen,
und Vögel nässen freudig ihr Gefieder
zwischen Sonnenschirm und Gartenstühlen.
Das Heimchen ‚grillte‘ lange noch im Grase,
dort, wo der Bach durch Schilf und Steine trieb,
vorbei an bunter Wiese Traumoase,
nahm er das Treibgut mit sich wie ein Dieb.
Die Rosen blühen wieder in den Gärten,
das Gold des Ginsters ziert die Ackerraine,
durstig ist die Natur, sucht Wasserfährten
zwischen Himmel und Erde - findet keine (?).
Lindenblüten

Sieh, die Linden in der Sommernacht,
deren grüne Kronen über Wege reichen,
wie im Lüftespiel die Blätter gleichen,
wenn sie rauschen, wild und sacht.
Lauscht dem Vogel in der Stille, träume,
heb dich fort im Fluge deines Denkens,
such den Schutz im Schatten grüner Bäume,
ihre Art des milden Kühle Spendens.
Blühe, wie die Blüten einer Linde,
webe einen Blütenteppich in Gedanken.
Kränze deines Lebensbaumes binde,
lasse Blütensterne um dich ranken.
Gebe jenen, die vorübergehen, einen Strauß,
schenke, was dich selber glücklich macht.
Breite deinen Blütenteppich aus,
sei wie Linden in der Sommernacht.

Regentag

Ein Sommertag erwacht aus Träumen,
vertreibt die kühlen, dunklen Stunden,
und durch die dicht belaubten Bäume,
ersehnt man sich ein goldenes Funkeln.
Dem Wind im Lied der Blätter lauschen,
im Auf und Ab, Wiegen und Schwingen,
flatterndes Kleid mit Flüstern und Rauschen,
bringen dem Tag ein melodisches Singen.
Der Sonnenschein zeigt gemilderten Glanz,
dunkle Wolken durchstreifen den Himmel,
manchmal funkelt ihr Strahl mit gewisser Distanz,
ihre Strahlkraft wird sie nicht bringen.
Bis zum Abend entladen sich Tropfen zuhauf,
prasseln gegen die Fensterscheiben.
Der Himmel macht seine Schleusen auf,
wird des Sommers Wärme vertreiben.
Gedämpftes Licht
Ich friere - zum ersten Mal in diesem Sommer; im Raum ist’s kühl, und ich verliere mich im Anbeginn des Tages. Die Nacht war kurz, bedeckte das Gefühl von Gleichmut unter Träumen, mit Menschen, fremd, von unbekannter Zahl, von Häusern, die sich an den Straßen säumen. Ich schließ das Fenster, schaue zu, wie Regentropfen an der Scheibe gleiten; in meiner kleinen Welt, da hat ein Herbst begonnen - noch bricht ein großes Grün durch feuchte Zeiten. Es wuchert ungestüm, wird mehr, verdeckt den Schmutz der Mauerwand und auf dem Boden blüht ein gelbes Meer, das sich mit Frühlingslöwenzahn und Klee verband. Und aus dem großen Wolkennass, entleeren sich die Tränen, die der Himmel weint, zeigen die Welt im dunklen Sonnenglas, wie Buntpapier, durch das gedämpftes Licht durchscheint.
Der Juli
von Erich Kästner

Still ruht die Stadt. Es wogt die Flur. Die Menschheit geht auf Reisen oder wandert sehr oder wandelt nur. Und die Bauern vermieten die Natur zu sehenswerten Preisen. Sie vermieten den Himmel, den Sand am Meer, die Platzmusik der Ortsfeuerwehr und den Blick auf die Kuh auf der Wiese. Limousinen rasen hin und her und finden und finden den Weg nicht mehr zum Verlorenen Paradiese. Im Feld wächst Brot. Und es wachsen dort auch die zukünftigen Brötchen und Brezeln. Eidechsen zucken von Ort zu Ort. Und die Wolken führen Regen an Bord und den spitzen Blitz und das Donnerwort. Der Mensch treibt Berg- und Wassersport und hält nicht viel von Rätseln. Er hält die Welt für ein Bilderbuch mit Ansichtskartenserien. Die Landschaft belächelt den lauten Besuch. Sie weiß Bescheid. Sie weiß, die Zeit überdauert sogar die Ferien. Sie weiß auch: Einen Steinwurf schon von hier beginnt das Märchen. Verborgen im Korn, auf zerdrücktem Mohn, ruht ein zerzaustes Pärchen. Hier steigt kein Preis, hier sinkt kein Lohn. Hier steigen und sinken die Lerchen. Das Mädchen schläft entzückten Gesichts. Die Bienen summen zufrieden. Der Jüngling heißt, immer noch, Taugenichts. Er tritt durch das Gitter des Schattens und Lichts in den Wald und zieht, durch den Schluß des Gedichts, wie in alten Zeiten gen Süden.

Sonnenschein und Regen

Bald schon ist der Mai gegangen, nahm die Lüfte rein und mild, zog mit ihnen in den Sommer, der schon schmückt das traute Bild. Frohnaturen jubeln, singen ihm entgegen wie ein Zug. Leise wandelnd, wandelt alles sich zur Reife, hin zum Pflug. Dunst und Dampf gewob’ne Tropfen - wo seid ihr im Nichts dort oben? Regen, falle auf die Erde, wenn im Schweiß ihr Kleid verwoben. Sollen Morgenwinde wehen, wie im Mai in erster Stunde. Zeig in Sonnenschein und Regen unseres Schöpfers Tat und Kunde.
Sommerplage

Ich wünsche mir mein Büro zurück, mit Klimaanlage und Kühle. Ich sehne mich nach vergangenem Glück, mit Schaukel und Gartenstühlen. Dem Sommer bin ich abgewandt, möcht‘ mich am liebsten verkriechen. Mag nicht das Meer und den vollen Strand; will nicht Schweiß und Sonnencrem‘ riechen. Die Menschen laufen draußen umher, so froh gelaunt und so munter, als gäbe es keine Hitze mehr. Ich lass‘ früh die Rollos herunter. Die Luft wird mir knapp, ist zum Schneiden fast, und nachts macht der Tag so weiter. Ich wünsch mir herbei ein herbstliches Nass, und der Winter macht dann weiter. Zerflossen in dieser ‚Sommerlust‘ wünsche ich mir kühlere Tage. Fühl‘ mich bedrängt von Wärme und Frust. Der Sommer ist meine Plage!
Einfach gut

Stockrosen schmücken das alte Haus mit duftigen Blütenkleidern, wie alte Damen sehen sie aus, begrünt in samtigen Leibern. Äcker und Felder sind dürr und erstarrt, von Sonne verbrannt und in Schwere. Abgeerntet so manche Saat, in den Fluren schon Spätsommerleere. Sonnenblumen sind standhaft und wach, wogen sanft in den flirrenden Gluten. Das Grün der Kartoffeln liegt hitzeschwach, gesenkt, über inneren Bruten.

Schon bald hebt der Bauer die Felder leer, geborgen, die kostbaren Knollen, die seit 300 Jahren, zu des Königs Ehr, ihm und dem Volk Achtung zollen. Als damals der Hunger die Mägen schnürte, war „Schmalhans Küchenmeister“. Wird heut‘ ein Koch mit Sternen gekürt - da „scheiden sich die Geister“. Die Gesellschaft liebt es mediterran, exotisch sind fremde Genüsse. Es jammert und giert der Größenwahn. Isst man arm, wenn man deutsch essen müsste? Die Hungersnöte sind noch im Land, fort sind die einfachen Katen. Wo stehen noch Stockrosen an der Wand? - In meinem erträumten Garten!
