Eingeprägt

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Ist es der Zeitgeist, der die Menschen prägt,
der überheblich fremde Prägung wägt?

Sie, als zu leicht befunden aussortiert,
weil deren Maßstab, selbstverliebt, sich irrt.

Der Überfluss prägt Neid in dieser Zeit,
man nimmt und ist zum Teilen nicht bereit.

Es folgt ein Fluss, der Krieg und Frieden bringt -
das Volk trägt Demut, die um Wahrheit ringt.

Weltreiche gingen blind durch Wahn und Zeit,
trugen ein blutgetränktes Totenkleid.

Das Schicksal dieser Welt wird offenbar:
sie bleibt, wenn ewig Gutes Prägung war.

Jägerlatein

Quelle: Pinterest
Was man körnerweise säte,
spross aus sonnenwarmer Erde;
garbenweise band man’s früher,
fuhr das Heu und Stroh zu Pferde.

Abgeerntet sind die Felder,
und die Jäger schießen wieder;
Schüsse hallen durch die Wälder,
töten Wildbret und Gefieder.

Schrot und Korn auf die gerichtet,
die in Freiheit äsend ziehen;
blutig ist der Tod und sinnlos,
schutzlos ins Gehölz zu fliehen.

Und der Jagdstock treibt noch immer. -
Tun‘s die Guten oder Bösen?
Menschen wechseln ihr Gewand,
doch sie wechseln nie ihr Wesen.

Jagdtrophäen für die 'Potenten',
die sich gern mit Leichen schmücken,
die beim Töten mit Gewehren
ihre Schwächen überbrücken.

Voll von Schnaps und Mordgelüsten,
nimmt die Treibjagd ihre Wende.
„Ist nur der Natur zum Besten!“ -
"Halali" – des Tötens Ende?

Herbstzeit

Die müden Blätter fallen von den Zweigen
und auf den Straßen liegt das nasse Laub;
schwer, wie die Äste sich im Wind verneigen,
und Regen mischt sich mit dem Straßenstaub.
 
Von Ferne naht die Nacht mit dunklen Schatten,
und um die Häuserecke pfeift der Wind.
Ein braunes Blatt tanzt auf den Gehwegplatten;
die feuchte Luft macht Fensterscheiben blind.
 
Spinnweben schmücken sich, wenn Tropfen fallen –
der Regen zieht schon über Stadt und Land.
Mit vollen Zweigen die Kastanien prahlen,
stehn majestätisch dort am Straßenrand.
 
Hör’ fern vom Kirchturm her der Abendglocke Ton.
Ihr Klang ist anders, als an Sommertagen.
Die graue Stille ist des Herbstes Handwerkslohn –
bald kommt die Kälte, will das Läuten sagen.
 
Und oft in dieser finstren Totensonntags-Zeit,
lässt sich ein Lichtstrahl durch die kahlen Äste gleiten.
So wirst du Mensch – traf dich auch wehes Leid –
zu neuer Hoffnung über Gräber schreiten!
 

Amsterdam

von Wolf von Kalckreuth

The Montelbaanstower in Amsterdam – Cornelis Christiaan Dommersen  (1842–1928)

Gleich stillen Farben auf erschlossnem Fächer
Eint sich der schmalen Häuser Grau und Rot,
Und über grünem Kahn und weißem Boot
Der Schmuck der Giebel und der tausend Dächer.

Das Brausen der bewegten Kais wird schwächer
In diesen Straßen, wo der Lärm verloht.
Und in der Ferne bleichen Mast und Schlot,
Die Fischerewer und die Wellenbrecher.

Unzähl’ge helle Fensterreihen schaun
Auf die Kanäle, wo die Nachen stocken,
Wo vor den Brücken sich die Schuten staun.

Die Sonne taut durchs Laub in großen Flocken
Und in der Luft perlmutterfarbnes Blaun
Entfließt und singt das lichte Spiel der Glocken.

Wolf Graf von Kalckreuth, um 1903 (1887-1906)

Eintauchen

Eintauchen in die unfassbare Stille,
die Tiefe ahnen und den dunklen Grund,
er lebt, und das in einer Fülle,
die uns den Atem raubt, so schön und bunt.

Da schweben tausend glitzernde Gestalten,
die Wasser atmend ihre Kreise ziehn;
in lebensfroher Einheit sich verwalten
und nie, dem nebenan, im Wege stehn.

Sie treiben, wie mit Leuchtreklame,
Kleine und Große, die sich Nahrung geben.
Ein Fressen und Gefressenwerden -
geben und nehmen, um zu überleben.

Unzählig leuchtend bunte Farben,
graziös und unbeschreiblich schön;
berauschend, wie sie sich umwarben,
um arterhaltend niemals zu vergehen.

Uraltes Meer, trägst Wurzeln dieser Erde,
dein Leben trug die Sonne an das Land,
aus deinem ewigen „Es werde!“,
das alles Leben weckend in sich fand.

Strand Einsamkeit

Bild von Steve Bidmead auf Pixabay
Es dünnt sich merklich der Kalender,
der letzte warme Monat flieht mit Kühle,
bringt Frische in die luftigen Gewänder,
der Regen zaubert leere Liegestühle.

Das Meer liegt grau; der Strand, leer, wie gefegt,
wo Korb an Korb in Richtung Wasser stand.
Die Promenade, einzeln, nur mit Schirm belebt –
im Regen holt sich niemand Sonnenbrand.

Die Wolken ziehen schnell, wie die Gezeiten.
Die Möwen kreisen über leeren Tischen,
wo kreischend sie um karge Nahrung streiten
und mit viel Glück ein wenig noch erwischen.

Fischbuden schließen – leer sind die Gestade,
der Strand noch voll von Hinterlassenschaften,
der Vielen, die die liebenswerte Lage
des Orts bereichert und vermüllt zurückgelassen.

Die Schönheit in der Einsamkeit des Strandes
zu sehen – Bilder in sich festzuhalten,
die Elemente strömenden Verbandes,
vertraut, weit fort von menschlichen Gestalten.

Wo Wellen gleiten schon seit Ewigkeiten,
kommen und gehen, ohne stillzustehen;
so ziehn auch wir durch dunkle, kalte Zeiten,
um Licht und Wärme besser zu verstehen.

Atlantis

von Ephides

Bild von Enrique Meseguer auf Pixabay
Dich, Atlantis, Land der Sage,
kennt mein Herz und sucht mein Sinn.
War ich Zeuge deiner Tage,
der ich heut ein andrer bin?

Hallten meine Schritte wider
von den Wänden aus Basalt
weit gewölbter Felsentempel,
alten Weistums Hort und Halt?

War ich kundig jener Künste,
deren Macht so leicht verführt,
hab' ich, Unheilzeichen deutend,
schon das Nah'n der Flut verspürt?

Über mir und meinen Fragen
rollt und rauscht das große Meer;
Flut und Ebbe sind sein Atem
bis zu deiner Wiederkehr.

Trägt nicht jeder Mensch Atlantis,
das versunk'ne Land in sich?
Rollen nicht die wilden Wasser
rauschend über jedem Ich? -

Doch die Tiefe wird sich heben,
bis die Flut an ihr zerbricht,
das versunk'ne Land der Sage
taucht dann auf - und hör: Es spricht!

Der Anfang

Bild von Pete Linforth auf Pixabay
So der Anfang, wie das Ende!? –
„Wehret ihn!“, so war die Mahnung,
doch man sehnt ihn sich herbei,
überhört die laute Warnung.

Grause Nazi Fantasien
ewig gestriger Geschöpfe,
greifen bald schon nach Berlin,
herrschend über alle Köpfe.

Nicht die Leuchte hoher Bildung
ließ das Herz der Vielen brennen,
die sich schreiend zu ihm wandten
und sich nun zu ihm bekennen.

Braungetönte Reden streute
man im Osten dieses Landes,
die, die ‚echte‘ Führung wollten,
wählten ihn, bar des Verstandes.

Wo einst Menschenleiber zuckten,
in den alten Folterstätten,
treiben sie, die Altverfechter,
Kampfbereite aus den Betten.

Mag es Gott verzeihn, doch schuldig
sprechen ihn die Mordgerichte,
schuldig treibt die Unfreiheit
ihn durch alle Weltgeschichte.

Wollen die, die ihn erhoffen,
neue Mauern um sich bauen,
weil sie, längst im Kopf errichtet,
gegen jede Einsicht mauern?

Untat klebt auf Wählerstimmen -
30 Jahre sind vergebens;
ihn, den sie den Anfang nennen,
wird der Rückschritt unseres Lebens.

Aus „Wallensteins Tod“ von Friedrich von Schiller:

Nicht was lebendig, kraftvoll sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare.

Das ganz Gemeine ist’s, das ewig Gestrige, was immer war und immer wiederkehrt, und morgen gilt, weil’s heute hat gegolten!

Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht, und die Gewohnheit nennt er seine Amme.

Nur zwischen Glauben und Vertrauen ist Friede!

Rückblick

Anselm Feuerbach (1829-1880)

Singend übers Land gezogen ist man einst in frühen Zeiten,
doch die Liederwelt von damals scheint längst aus dem Kopf zu gleiten.

Wenn im „Frühtau man zu Berge“ durch die stillen Wege zog
und mit Liedern auf den Lippen in sich frische Waldluft sog,

hörte man die Vögel singen, wie der Amsel Sehnsuchtsklang,
lehnt man heute dieses Klingen störend ab, im Alltagsdrang,

und das Lärmen der Motoren und die regen Menschenströme
werden nicht mehr wahrgenommen, sind heut‘ akzeptierte Töne.

Störend, sei der Schrei des Hahnes, der den neuen Tag begrüßte,
und man grollt, dass man dem Vogel bald den Hals umdrehen müsste.

Ich wünsch mir die Zeiten wieder, wo die Tage heil und labend,
und ein stiller Zauber ging durch den milden Sommerabend.

Doch die Stadt im Alltagsgrau, liegt im Regen der Moderne –
sehn die Einfachheit zurück, mit dem Blick weit in die Ferne,

und mit klarem Blick zum Himmel, möchte ich die Sterne sehen,
um in Dunkelheit der Nacht, lichte Tage zu verstehen.

Geschenkte Worte

Zugeflüstert – William-Adolphe Bouguereau (1825-1905)

Kommt der Schöpfer allem Sein entgegen,
schenkt er diesem Sonnentag den Segen,
öffnen sich die Blühten nach dem Licht,
das sich an des Lebens Schatten bricht.

Mit dem Dichten schwebender Gedanken,
tasten Worte sich, wie grüne Ranken,
sind Verdichtung hier, wie ein Gebet,
das in Dankbarkeit zum Himmel schwebt,

Möchte mit viel Tiefe weitergeben,
Worte, die geschenkt sind meinem Leben.