
Die Kraft der Bäume möchte ich euch geben –
mit ihrer Form- und Farbenvielfalt steh’n sie stolz,
so knorrig wie ein Baumstamm ist das Leben –
die Jahreszeiten zieh’n durchs alte Holz.

Der Stamm der Buche: graue Eminenz,
die grüne Fichte krönt taunasse Lüster,
das neue Birkenlaub tanzt luftig, hell, im Lenz,
Alleen von Pappeln, die im Winde flüstern.
Weit dringen starke Baumeswurzeln in die Erde,
sie nehmen Nahrung auf und ankern tief,
dass in der Tiefe des Bewusstseins Wurzel werde,
was Liebe und Vertrauen nährt und rief.
Geht nun mit mir, zu schauen, wie verflochten
hier Baum und Mensch sind schöpfungsnah verwoben.
Entdeckt, wie dort die Jahre gleichermaßen pulsten, pochten,
und mancher Sturmwind peitscht die Wipfel droben.

Psalm 139, 5
An guten oder schlechten Früchten wirst du sie erkennen,
wenn Edles oder gar Verdorbnes nährt den Stamm.
Und kannst du gute hier dein eigen nennen,
so streb’ mit Gottvertrau’n den Himmel an.
Frühling
Es schwebt der Frühling in der Luft, mit Leben.
Ich seh’ die braune Knospe dort vor mir,
so wie sie bald nach außen drängt mit Beben,
so liegt ein Born mit allen Möglichkeiten hier.
Da ist das Lachen unbekümmert heiter,
der Lebenshimmel weit und hell und lau.
Und von den ersten Stufen auf der Lebensleiter,
treibt’s dich empor mit Kraft ins lichte Blau.
Nichts macht dir Angst, du fühlst des Lichtes Heil,
das dir gegeben ist, seit es dich schuf.
Die Freude sprengt beseelt der Hülle Teil
und treibt die Knospe auf, mit zartem Ruf.

denn seine Wurzeln hatten viel Wasser. Hes 31.7
Bald findest du gemeinschaftliches Streben,
ein mildes Herz, das dir im Gleichklang schlägt.
Weiß, wie die Blütenblätter, ist das Weben,
das dir ein Liebesflüstern in dein Leben trägt.
So wie zwei alte Stämme, eng umschlungen,
so strebtet ihr gemeinsam einst empor.
Der Kampf ums Licht ist längst verklungen,
geht ihr als Sieger beide nun hervor.

In stetem Zueinander seid ihr eins geworden,
„ein Fleisch“, wie es im Buch der Bücher steht.
Gewonnen habt ihr euch und nichts verloren,
auch wenn der Abendwind durch eure Zweige weht.
Der Frühling ging vorbei und in der Daseinsmitte,
da lief der Alltag in bekannten Bahnen
und unter Sommergrün, mit pausenlosen Schritten,
floss die Zufriedenheit durch glückverlornes Ahnen.

Sommer
Im letzten Sommer hab ich ihn gesehen.
Er streckte weit zum Himmel jeden Zweig,
Und keinen sah ich so wie ihn am Wege stehen,
einmalig, unverwechselbar sein Kleid.

In seiner Krone sah ich viele tote Zweige ruh’n,
und andre wieder, grün belaubt und heil.
Befähigt wird der Mensch zu manchem Tun,
doch nährt er seine Möglichkeiten nur zum Teil.

Tagein, tagaus, da schaffen wir und horten
und fragen nach dem Sinn und Lebensziel.
Wir gleichen leer dahin gesprochnen Worten,
dem Stamm, der hohl und kahl zu Boden fiel.
Herbst
Es führt kein Weg zurück, nicht eine Stunde
reut uns, auch nicht das Mühen um das Werden.
Wohl dem, der Weisheit ziehet aus dem Grunde,
sie wird zum Baum des Lebens hier auf Erden.
Reif werden, wie die Äpfel – Zeit der Ernte.
Nicht sorgen, sondern leben. Grenzen sehen.
Oft denkt man an die Jugend, die entfernte
und möcht’ so manche Stunde rückwärts drehen.

sie ist ein Baum des Lebens allen, die sie ergreifen.
Sprüche 3, 13+18
Doch auch auf dieser Zeit ruht Königszauber,
da sie sich majestätisch, weise, gibt.
Das Haar gleicht lichtem Laub – wird ständig grauer,
bis es ein kühler Wind zu Boden zieht.
Fröhlich die Falten tragen, wie ein Zeichen:
Schön war der Frühling, gut die Sommerzeit!
Die herbe Herbstschönheit willkommen heißen.
Annehmen – für den Winter schon bereit.

Doch bringt der Herbst auch trübe Nebeltage,
und jeder Lichtstrahl bleibt im Grau verfangen.
Da spürt man Einsamkeit, die finstre Plage
und führt Gespräche mit den Heimgegangnen.

Winter
Oft wird das Leben eine Last – durchwachte Nächte,
Schritte, die schwerer fallen, Tag für Tag.
Schneller vergeht die Zeit. Wenn sie doch wiederbrächte,
nach kaltem Winter einen Frühlingstag!

Psalm 103,17
Schau, dort den Baum: Nur noch ein Stumpf.
Nun liegt er modernd, faul das Holz,
nährt üppig andre Pflanzen aus dem Rumpf.
Moos überwachsen, der, der einst so stolz.

Eins sein mit der Natur, im Werden und Vergehen.
Am Wegkreuz angelangen, das Erkenntnis zeigt.
Auf rechtem Weg dort hingelangen und verstehen,
dass es ein Leben gibt, das lohnt und bleibt.

Sei wie ein Baum, genährt in Gottes Garten,
streck’ freudig dich im warmen Sonnenlicht.
Dann darfst du auf den neuen Frühling warten,
den ER durch seine Freundlichkeit verspricht.
Liebe Gisela, Einmalig schön, Bilder und Texte! Der Baum ist von Alters her ein Symbol: mit den Wurzeln fest im Boden, mit der Krone dem Himmel nahe. Ich liebe Bäume. Man merkt, Du liebst sie auch. Deine feinsinnigen Zeilen wecken in mir eine tiefe Freude. Alles Liebe, Elisa
Liebe Elisa, ich danke Dir von Herzen. Wenn Dich mein Gedicht berührt hat, dann ist das Ansporn für mich, weiterzumachen.
Bäume sind etwas Wunderschönes! Bereits der Anblick gibt mir sehr viel Kraft.
Ich wünsche Dir eine gute Zeit!
Liebe Grüße
Ich würde niemals auf die Idee kommen, einen Baum mit einen Menschen zu vergleichen… denn einen Baum begegne ich mit Ehrfurcht und Respekt, was mir beim Menschen mitunter sehr schwerfällt!
LG
Lieber Rolf, ich vergleiche ja nur die Bilder von Bäumen mit dem Menschenleben.
Es stimmt, bei vielen Menschen fällt es schwer, ihnen Respekt und Ehrfurcht entgegenzubringen.
Ich versuche es meist, bin aber schon oft reingefallen.
Die Natur ist mir heilig!
Liebe Grüße
Liebe Gisela,
es ist schön, wie Du den Leser an die Hand nimmst, mit ihm an den Bäumen vorbei durchs Jahr gehst und erzählst, zu welchen Gleichnissen sie anregen, dabei den Lebenslauf im Allgemeinen und das Seelenheil des Einzelnen im Besonderen im Blick hast…
Herzliche Grüße
Wolfregen
Lieber Wolfregen,
danke für Deinen Kommentar.
Schon im Altertum und auch in der Bibel wurden Menschen mit Bäumen verglichen. Sie spenden Schatten und geben Kraft. Es entsteht ein Bild von Größe, Stärke und Standhaftigkeit. In der Begegnung mit Bäumen kann man auch die Begegnung mit sich selbst suchen. Im Wald atmet Körper und Seele.
Ich wünsche Dir einen schönen Tag.
♥liche Grüße
Gisela