(1822)
Text: Wilhelm Müller (1794-1827)
Melodie: Franz Schubert
Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum;
ich träumt’ in seinem Schatten so manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde so manches liebe Wort;
es zog in Freud und Leide zu ihm mich immer fort,
zu ihm mich immer fort.
Ich mußt‘ auch heute wandern vorbei in tiefer Nacht;
da hab‘ ich noch im Dunkeln die Augen zugemacht.
Und seine Zweige rauschten, als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle! Hier find’st du deine Ruh!
Die kalten Winde bliesen mir grad’ ins Angesicht;
der Hut flog mir vom Kopfe, ich wendete mich nicht.
Nun bin ich manche Stunde entfernt von jenem Ort,
und immer hör ich’s rauschen: Du fändest Ruhe dort.