Blick zurück

Meine Gedanken, sie laufen weit fort
von der Gegenwart getrieben,
fern, so fern ist mein liebster Ort,
gestorben all meine Lieben.

Auch Vater, der in mir Übles sah,
das er lieblos großziehen musste,
ist in den Gedanken an gestern da;
wie durch mich seine Ablehnung sprosste.

Mutter seh ich am Bügeltisch,
am Herd, an der Nähmaschine;
von ihr lernte ich vieles und sicherlich,
wie man den Gatten bediente.

Auch das Ertragen lernte ich hier,
wenn Vater mich schlug, bis aufs Blut.
War doch nur wie ein geduldetes Tier,
und das nur, wenn es wortlos ertrug.

In der Elternschule hab ich gelernt,
den Männern das Recht zu gewähren,
„Me too“ von heute lag damals fern,
Frau war schuld an des Mannes Begehren.

Für Minirock und Make-up der Zeit
habe ich Prügel und Schelte bezogen.
Erstes Schminkzeug und das ‚schreckliche Kleid‘
sind in den Müll geflogen.

So kämpfte ich dort wie ein Pionier,
doch die Zeit schien so lang und die Jahre.
Es trieb mich die Angst um mein Leben von hier,
was mich vor dem Hass meines Vaters bewahrte.

Ein letztes Mal Vater beim Mittagschlaf sehen,
um dann eilig davonzuschleichen.
Ich seh mich noch zitternd am Hoftor stehen,
um vom Ort meiner Eltern zu weichen.
Ich – 15 Jahre alt (1968)