
Wie der Wind sein, der Starres lebendig macht,
der den Geist des Lebens atmend über die Erde streift,
sie in Ruhe wiegt, wenn er sanft darüberfährt,
Wurzelloses entfernt und alles Haltlose mit sich trägt in seiner Wildheit,
wirbelnd wie im Tanze,
aufbäumend zu einem Strudel beseelender Erneuerung.
Wie das Wasser sein, das durch Felsen bricht,
aus Höhen gefallen in die Tiefe stürzt vor steiniger Wand,
das auswäscht die Verkrustungen der Welt,
ungestüm rüttelt
an Blockaden, die vor rechten Wegen stehn,
zielbringend Leichtigkeit trägt wie schweres Holz,
über die Untiefen des Lebens.
Wie die Sonne sein, die gleich gültig auf alles scheint,
gleißend den Himmel malt beim Auf- und Untergang,
die die Erde streichelt mit Sonnenhänden,
sie verbrennt,
um umzuschaffen, zu erneuern,
im Sinne des Großen Geistes,
der in allem ist.
Das, was vergeht, wird auferstehn,
das ist des Lebens Sinn.
Keine Ahnung why, aber irgendwas in deinen Zeilen hat mich direkt an John Clare erinnert. An seinen Rhyme „I am“ – „Ich bin.“ Hab ich vor über 25 Jahren mal von ’nem Deutschlehrer aufgehalst bekommen. Und trotzdem – oder gerade deshalb – ist das eins von den Gedichten, die bei mir hängengeblieben sind.
Guten Morgen, lieber RoyalSchwabe 🫅🏻,
das Gedicht von John Clare kannte ich bisher nicht, auch nicht den Dichter selbst. Er konnte sich, in armen Verhältnissen aufgewachsen, dennoch durch seine Gedichte einen Namen machen, musste jedoch die letzten 27 Jahre seines Lebens bis zu seinem Tod in Psychiatrien verbringen.
Wieder ein Fall von Dichtung und Wahnsinn wie bei Hölderlin. Auch ihm war die radikale Freiheit zur Selbstbestimmung nicht nur eine Chance, sondern auch eine Last geworden.
In John Clare verbarg sich ein gewisses Dunkelsein, wie auch in Rilke. Damit vergleichen mag ich mich nicht. Ich kann nur sagen, dass meine Lyrik teilweise aus genau diesem Zustand entsteht. Die dunklen Erfahrungen der Vergangenheit führen hinaus aus der Oberflächlichkeit in die Freiheit der Worte.
Durch Deinen Kommentar durfte ich dazulernen. Danke auch an Deinen Deutschlehrer. Wenn ich die gereimte Fassung des Gedichtes in eine ungereimte übersetze, bekommt es eine ähnliche Klangfarbe wie das meine.
Alles Liebe 💚
So lernt man halt immer weiter dazu, ne. Clare war für mich lange einfach nur dieses eine Gedicht – schön, aber halt weit weg. Jahre später dann in ’ner Serie: Da steht ’ne junge, schöne Frau und trägt genau das Teil Frankensteins Monster vor. Und auf einmal kriegt das ’nen ganz neuen Anstrich für mich. Weil du da diese Szene hast, wo so ’ne zarte Seele was tief Menschliches an dieses „Ding“ richtet, als würd sie mit jedem Vers ’ne Brücke bauen – von ihr zu ihm, von Licht zu Schatten. Wenn du die Originalstory kennst und dir das mit diesem Bild im Hinterkopf vorstellst, dann macht das was mit dir. Genau sowas hätt ich mir im Buch von Mary Shelley auch ein bisschen gewünscht. So ’n Moment, wo man merkt: Ey, auch das Ungewollte verdient Mitgefühl. Hat mich auf jeden Fall berührt – und ja, da weicht selbst mir die Seele auf.
Ich habe das Gedicht „I am“ gerade in einem Beitrag vorgestellt. Den Hintergrund zur Entstehung des Gedichts kenne ich nicht, wie ich auch den Dichter nicht kannte.
Kleine Anmerkung: Ich glaube nicht, dass man Deine Seele erst aufweichen muss. Dein Panzer um Dich herum mag dick sein, Deine Seele ist umso sensibler.