Bilder im Traum

Folter und Hexenverbrennung im Mittelalter
Ein Engel streifte nachts mein Haar,
streute mir Traumgesichte in den Sinn.
Betört und friedvoll lag ich anfangs da
und folgte meines Traumes Anbeginn:

Ich sah entlang des Stadttors dunkle Mauern
und an dem schwarzen Turme Fackelfeuer.
Mich trieb die tiefe Welle des Bedauerns,
als ich vernahm, das klagende Gemäuer.

Es schien, als drängten Tränen durch die Ritzen,
sie liefen auf den dunklen Grund hernieder
und bildeten in salzig, kleinen Pfützen
die Münder, weinend, mir als Bilder wieder.

War all der vielen Unsichtbaren Trauer,
die man gequält, entmenschlicht, umgebracht.
Die hinter heren, alten Kirchenmauern
erlagen Folterungen dunkler Macht.

Ich hörte Schreie von den längst Verbrannten,
sah Höllenfeuer unter ihren Füßen.
Be-Geisterung bei ihren Art-Verwandten,
die Gaffer, die noch Lebenszeit verbüßten.
Brutale Folter und Tötung von Frauen durch den Klerus bis ins 18. Jahrhundert
Vernahm das dumme Volk in dichten Schleiern,
ein schwarzer Vorhang deckte ihr Gesicht.
Sah sie im Hier und Jetzt und damals feiern –
Vergangenheit entband im neuen Licht.

Noch immer gibt es üble ‚Weltenlenker‘,
die Staatsgewalt als gottgegeben präsentieren.
Die sich durch Religion bigotter Denker
zu teuflischen Armeen formieren.

Der Engel ist längst fortgegangen.
Mit ihm verging mein Traum; ich bin erwacht.
Die Welt ist alt und neu das menschliche Verlangen,
doch hat es Unbewusstes klar gemacht?

Ist Böses nicht schon immer bös gewesen?
„Du sollst nicht töten“, unsere größte Pflicht?
Die Welt wird nicht am Leid genesen,
egal ob Priester oder Führer spricht!

Kapitel aus meinem Roman „Jenseits des Schleiers„:

Inquisition Teil 1

Mit versteinerter Miene stand der Henker breitbeinig und wie eingepflanzt auf der Mitte des dörflichen Marktplatzes. Das Volk strömte herbei und versammelte sich laut grölend um den Platz direkt hinter der Kirche. Es beschimpfte die Angeklagte mit Hurenweib und Teufelin, die den Strick nicht wert sei, um vom Leben zum Tod gebracht zu werden. Brennen sollte sie! Brennen!

Eva Maria wurde von ihren Peinigern an den hölzernen Pfahl gebunden. Auf einem Karren war sie im grobleinenen Büßergewand zum Richtplatz gefahren worden. Das Haupt hatte man ihr zuvor kahl geschoren. Mit leeren, umschatteten Augen starrte sie zum Himmel hinauf, als würde sie auf ein Wunder warten. Kein Schluchzen, kein Klagen kam über ihre Lippen. Ihr Tränenfluss war längst versiegt. Sie schwieg. Nur das Kind, das sie unter ihrem Herzen trug, konnte die Todesangst spüren, die mehr und mehr von ihr Besitz ergriff. Der Scheiter war längst entzündet, und der harzige Duft von schwelenden Tannenscheiten kroch in ihre Nase und gemahnte an den qualvollen Tod, den sie gleich erleiden sollte. Im Stillen bat sie Gott darum, der Henker möge sich ihrer erbarmen und aus dem langsamen Sterben durch einen Dolchstoß ein kurzes machen. 

Unter der langen, grausamen Folter hatte sie schließlich mit gebrochenen Gliedern den Beischlaf mit Satan gestanden und zugegeben, dass er sich ihr mit phosphorischem Leuchten und nach Schwefel riechend genähert habe. Alsdann hätte sie sich mit ihm vereinigt und verbündet. Nun trug sie ein Kind der Hölle von ihm. Der Abt hatte den Stab über sie gebrochen und das Urteil gesprochen: Sie musste brennen, wie auch der teuflische Bastard in ihr brennen musste!

Kein Jammern, keine Reue, keine Erklärung hatte ihr helfen können. Der Teufel ging um in den mittelalterlichen Gemäuern, Kirchen und Dörfern. Allerorts warnte man vor ihm. Selbst in der Kirche, auf den Märkten und Gassen, in den armseligen Küchen und Kammern, bei Tag und in der Nacht versuchte er die Seelen der Menschen. Er fing sie wortgewandt und listig mit seinen teuflischen Netzen und brachte Unheil über Ernte, Vieh und Dorfgemeinschaft.

Fortsetzung folgtTeil 2