Wesenlos

Es liegen zurück schon so manche Jahre,
voll fremder Gesichter und Avatare;
als Bildchen bekannte, doch fremde Gestalten,
fiktives Interesse an Worten und Walten
und anscheinender Sympathie –
ans Herz gewachsen sind sie, irgendwie.

Die Bilder möchte man nicht mehr missen,
und jedes ‚Like‘ kommt mir vor, wie das Grüßen
eines Menschen, anonym und nie nah,
der mir niemals die Hand reicht. Nur als Schein ist er da.

Dann verschwindet er lautlos, ohne ein Wort,
und man fragt sich traurig: Weshalb ging er fort?
Man sucht die Schuld bei den eignen Ideen.
Imaginäre Freundschaft? Wer kann das verstehen!?

Genauso schnelllebig, wie diese Zeit,
trägt Oberflächlichkeit ein gefühlloses Kleid.
Wer früher im Telefonbuch stand,
hat sich heute ins Internet verbannt;

als anonymer Mensch, der sein Wesen verlor,
geht er dort mit geschützten Daten d‘accord; 
taucht unter in der Menge der Namenlosen,
und die Offenheit ist mit in die Tiefe geflossen.