Frühlingseinzug

Hans Andersen Brendekilde  1857-1942
 Die Luft ist lau, die Winde lind,
 die Vögel ziehen Kreise,
 
 die Sonne strahlt, als lächelt sie;
 die Welt erwacht, ganz leise.
 
 Der Baum wiegt langsam hin und her
 im stillen Morgentanze,
 
 deckt seine Kahlheit mit dem Kleid
 aus Sonnenstrahlenglanze.
 
 Die Vogelwelt stimmt an ihr Lied -
 noch zaghaft hat’s geklungen,
 
 dann kam der Frühling über Nacht,
 hat kräftig mitgesungen.
 
 Er streute frisches Grün aufs Land,
 lässt alles blüh‘n und sprießen,
 
 nun kann sich Lebenslust und Sinn
 in Winterherzen gießen.


Warme Gedanken

Hans Andersen Brendekilde (1857-1942)

Winterschwere fall aus Bäumen,
wärme auf das Herz der Menschen.
Lass sie in der Sonne träumen,
schmück die Welt mit grünen Kränzen.

Wenn die lichten Strahlen gleiten,
wird die Schwere leicht und hell.
Löse ab die dunklen Zeiten,
sei des Lebens Blütenquell.

Sonne

Du güldner, großer Lichterkranz,
ich misse deine Strahlen.
Wann wirst du neuen, warmen Glanz
auf unsre Erde malen?
 
Ich friere ohne dein Gewand
aus goldnem, hellem Leuchten,
und weiter treibt das ganze Land
im Regen trüb, dem feuchten.
 
Streu deinen warmen Feuerschein
auf unsre dunkle Welt.
Hüll’ uns in traute Wärme ein,
die unser Herz erhellt.
 
Komm doch, oh Wind, treib fort von hier,
der Wolken Regenfülle,
und bring zurück das Strahlen mir,
in reinster Sonnenstille.