Gedichte und Poesie von Gisela Seidel über Gott und die Welt
Der Totentanz
von Johann Wolfgang von Goethe (1813)
Der Türmer, der schaut zu Mitten der Nacht hinab auf die Gräber in Lage; der Mond, der hat alles ins Helle gebracht; der Kirchhof, er liegt wie am Tage. Da regt sich ein Grab und ein anderes dann: Sie kommen hervor, ein Weib da, ein Mann, in weißen und schleppenden Hemden.
Das reckt nun, es will sich ergetzen sogleich, die Knöchel zur Runde, zum Kranze, so arm und so jung, und so alt und so reich; doch hindern die Schleppen am Tanze. Und weil hier die Scham nun nicht weiter gebeut, sie schütteln sich alle, da liegen zerstreut die Hemdelein über den Hügeln.
Nun hebt sich der Schenkel, nun wackelt das Bein, Gebärden da gibt es vertrackte; da klippert’s und klappert’s mitunter hinein, als schlüg‘ man die Hölzlein zum Takte. Das kommt nun dem Türmer so lächerlich vor; da raunt ihm der Schalk, der Versucher, ins Ohr: Geh! hole dir einen der Laken.
Getan wie gedacht! und er flüchtet sich schnell nun hinter geheiligte Türen. Der Mond, und noch immer er scheinet so hell zum Tanz, den sie schauderlich führen. Doch endlich verlieret sich dieser und der, schleicht eins nach dem andern gekleidet einher, und, husch, ist es unter dem Rasen.
Nur einer, der trippelt und stolpert zuletzt und tappet und grapst an den Grüften; doch hat kein Geselle so schwer ihn verletzt, er wittert das Tuch in den Lüften. Er rüttelt die Turmtür, sie schlägt ihn zurück, geziert und gesegnet, dem Türmer zum Glück, sie blinkt von metallenen Kreuzen.
Das Hemd muß er haben, da rastet er nicht, da gilt auch kein langes Besinnen, den gotischen Zierat ergreift nun der Wicht und klettert von Zinne zu Zinnen. Nun ist’s um den armen, den Türmer getan! Es ruckt sich von Schnörkel zu Schnörkel hinan, langbeinigen Spinnen vergleichbar.
Der Türmer erbleichet, der Türmer erbebt, gern gäb er ihn wieder, den Laken. Da häkelt – jetzt hat er am längsten gelebt – den Zipfel ein eiserner Zacken. Schon trübet der Mond sich verschwindenden Scheins, die Glocke, sie donnert ein mächtiges Eins, und unten zerschellt das Gerippe.
Hallo Steph, ich habe mir gestern Fotos des Werkes von Bernd Notke angeschaut. Imposante Arbeit! Was mag wohl der Grund für Goethes Ballade gewesen sein? Den KI-Film finde ich gelungen. So kann man Dichtung auch jungen Menschen zugänglich machen. Wir taten uns in der Schule sehr schwer damit. LG Gisela
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Huh, huh, wie gruselig – aber es gefällt mir! Danke und liebe Grüsse Elisa 👻👻💀💀🧐
Eine sehr gute Methode den Kindern die Balladen der alten Meister nahezubringen. Das ‚arme‘ Gerippe hat mir fast leidgetan. Liebe Grüße, Gisela 😱🥹☠️
In der Lübecker Marienkirche kann man den beeindruckenden Totentanz des Bildhauers Bernd Notke bestaunen. Ich bin davon immer wieder fasziniert. https://www.st-marien-luebeck.de/entdecken/ausstattung/totentanz
Hallo Steph, ich habe mir gestern Fotos des Werkes von Bernd Notke angeschaut. Imposante Arbeit! Was mag wohl der Grund für Goethes Ballade gewesen sein? Den KI-Film finde ich gelungen. So kann man Dichtung auch jungen Menschen zugänglich machen. Wir taten uns in der Schule sehr schwer damit. LG Gisela