Mutter

Almuth Sidonie Köhler, geb. Nicolay (1925-1997)
Mein Licht warst du! –
So eng und ganz verbunden, 
wie es ein kindliches Gemüt begreifen kann.

Herzlose Taten von dir,
hab ich nie verwunden,
die mir das Ur-Vertrauen schließlich nahmen.

Als kleines Mädchen
legte ich all mein Denken,
mein ganzes Dasein, brav in deine Hand. 
Dem Vater dienend -
so wie du, ihm Achtung schenken,
und immer folgsam sein, von Anfang an.

Du hast mich viel gelehrt,
von Nähmaschinen, 
vom Stricken, Häkeln u.s.w.
 
Bei uns zu Hause 
hast du glatt gebügelt,
was vor den Augen anderer, wie Plissee. 
Meine Eltern 1950
Den Leuten zeigtest du 
stets nur Fassade. Es ging darum,
mit Lächeln das Gesicht zu wahren. 

Im Vater-Mutter-Kind-Spiel
zuzuschlagen, ganz gleich warum, 
war mir aus Angst in Mark und Bein gefahren.

Still zugesehen, hast du - 
eiskalt war dein Fühlen -
weil’s dir am fremden Leib gerecht erschien.

Du strafst mich immer noch, 
wenn die Gedanken in mir wühlen.
Ich kann, so weit ich laufe, nicht entfliehen. 
Ihr wart so groß!
Ich nur ein kleiner Wicht,
der stets erdulden musste, was geschah.

Hab zu dir aufgesehen -
verklärt ist dein Gesicht.
Du lebst in meiner Seele, immerdar! 

Autor: Gisela

Bitte auf meiner Seite "Über mich" nachlesen.

21 Gedanken zu „Mutter“

  1. Was für ein grausames und liebloses Verhalten einem kleinen Mädchen, dem eigenen Kind gegenüber. Solche Verletzungen kann man nie loswerden, das tut mir wahnsinnig leid für Dich, sie hat Dein Vertrauen völlig zerstört und Dir ein schweres Leben bereitet. Mein tiefes Mitgefühl und liebe Grüße, Marie

    1. Es waren nicht nur meine Verletzungen, sondern auch die gegen meinen Sohn. So etwas vergisst man nicht.
      Aber sie hatte es nicht anders gelernt. Weil sie verletzen wollte, hat sie Worte wie Pfeile eingesetzt.
      Aber ohne sie wäre ich nicht da.
      Danke für Dein Mitgefühl, liebe Marie. Herzliche Grüße an Dich.

      1. Vielleicht konnte sie nicht anders. Vielleicht hatte sie als Kind ähnliches erfahren und hat das dann unbewusst reproduziert.
        Das macht die Sache dann zwar nicht besser, aber man kann sie besser verstehen.

        1. Leben/Schicksal verstehen, ist wie das Lesen der Bibel, in weltlicher, spiritueller und mystischer Betrachtung.
          Hier stellt sich die Frage: Bin ich wegen des mir ergangenen Schicksals so geworden, wie ich heute bin?
          Ich durfte Erfahrungen machen, die zwar unangenehm waren, aber mein Bewusstsein erhöhten, denn ich habe niemals Hass verspürt. Dafür bin ich dankbar!
          Wie sehe ich mich heute? Fazit: Ich habe dadurch zu mir selbst gefunden. Auch meine Berufung gehört dazu. Gott hat mir gezeigt, wie flüchtig die weltliche Liebe sein kann und wie beständig seine Liebe ist.

          1. Ja, es kann sein, dass man im Leid mehr zu sich selbst und auch zu Gott findet. Trotzdem wäre es schön, wenn es einem erspart geblieben wäre. Immerhin wirklich ein Segen, wenn man nicht dem Hass verfallen ist, denn der schadet einem selbst vermutlich am meisten, weil er einen nicht mehr loslässt.

          2. Ja, das ist wahr. Die schlechten Taten darf man bewerten, nicht aber die Menschen, die sie ausführen. Dazu fehlt uns die globale Sicht.
            Danke für Deine Kommentare und Dein Mitgefühl. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende. Liebe Grüße, Gisela

          3. Naja, die Taten haben dann in gewisser Weise schon auch was mit dem Menschen zu tun und es ist schwer, Tat und Mensch zu trennen. Aber Menschen sind oft nicht freiwillig zu dem geworden, der sie sind, und es ist für Menschen oft schwer, sich selbst und zu ändern.
            Danke, dir auch ein schönes Wochenende!

          4. Das ist wirklich großartig von Dir, dass Du nie Hass gespürt hast und zu Dir gefunden hast, das ist in solchen Situationen nicht so häufig gegeben. Ich wünsche Dir das Allerbeste. LG Marie

          5. Danke, liebe Marie. Ich wollte weglaufen, und das bin ich bereits mit 16 Jahren zum 1. Mal. Das war ein ‚Hindernislauf‘ ohne Geld, mit Nichts und Niemandem. Aber ich kam durch. Darüber bin ich froh. Meine Mutter sang nach meiner Wiederkehr: „Es geht eine Träne auf Reisen…“ – So kannte ich sie.
            Dir auch das Allerbeste und liebe Grüße, Gisela

    1. Es war körperlicher Missbrauch aber kein sexueller. „Nur“ eine ’schwarze‘, lieblose Erziehung. Mir wurde mein Selbstbewusstsein aus der Seele geprügelt.

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