Mutter

Almuth Sidonie Köhler, geb. Nicolay (1925-1997)
Mein Licht warst du! –
So eng und ganz verbunden, 
wie es ein kindliches Gemüt begreifen kann.

Herzlose Taten von dir,
hab ich nie verwunden,
die mir das Ur-Vertrauen schließlich nahmen.

Als kleines Mädchen
legte ich all mein Denken,
mein ganzes Dasein, brav in deine Hand. 
Dem Vater dienend -
so wie du, ihm Achtung schenken,
und immer folgsam sein, von Anfang an.

Du hast mich viel gelehrt,
von Nähmaschinen, 
vom Stricken, Häkeln u.s.w.
 
Bei uns zu Hause 
hast du glatt gebügelt,
was vor den Augen anderer, wie Plissee. 
Meine Eltern 1950
Den Leuten zeigtest du 
stets nur Fassade. Es ging darum,
mit Lächeln das Gesicht zu wahren. 

Im Vater-Mutter-Kind-Spiel
zuzuschlagen, ganz gleich warum, 
war mir aus Angst in Mark und Bein gefahren.

Still zugesehen, hast du - 
eiskalt war dein Fühlen -
weil’s dir am fremden Leib gerecht erschien.

Du strafst mich immer noch, 
wenn die Gedanken in mir wühlen.
Ich kann, so weit ich laufe, nicht entfliehen. 
Ihr wart so groß!
Ich nur ein kleiner Wicht,
der stets erdulden musste, was geschah.

Hab zu dir aufgesehen -
verklärt ist dein Gesicht.
Du lebst in meiner Seele, immerdar!