Inquisition – Teil 3

Fortsetzung vom 23.05.2025

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Unterdessen plante der Abt, Eva Maria während einer Messe von den Henkersknechten ergreifen zu lassen. Die Schuldige war schnell ins finstere Verließ überführt. Drei Monate lang blieb sie im Kerker und musste dort Torturen peinlichster Befragungen über sich ergehen lassen. Als sie spürte, dass ein Kind unter ihrem Herzen wuchs, hörte sie auf zu hoffen und zu kämpfen. Der Abt hatte es einen Bastard des Teufels genannt.

Schon zuvor hatte sie ihr Leben verwirkt und unter der Folter alles gestanden. Ihren Liebsten hatte sie niemals wieder gesehen. So gesellte sich zu den unerträglichen Schmerzen der Folter, der Seelenschmerz, der tief in ihrem Herzen wie ein Feuer brannte. Niemals zuvor hatte sie einen Mann geliebt wie Jakobus. Anfangs hatte sie geglaubt, dass er sie aus den Fängen der Inquisition retten würde, doch nichts dergleichen geschah. Als der Abt ihr schließlich mit aller Härte offenbarte, dass Jakobus ihr Ankläger sei, brach Eva Maria fassungslos zusammen.

Der Tag ihrer Hinrichtung war bestimmt worden. Er fiel in die Adventszeit. Eine klirrende Kälte hielt das Land in seinen eisigen Händen. Klagendes Glockengeläut tönte mit jammerndem Missklang über den Ort. Alle Mönche des Klosters hatten vor Tötung der Hexe einer Messe beigewohnt und für die sündige Seele gebetet. Auch Jakobus hatte daran teilgenommen. Sein blasses Gesicht wirkte wie versteinert, völlig ohne Gemütsregung. Teilnahmslos blickte er ins Leere. Gleich würde er die letzten Spuren seiner Liebe vernichten und den Scheiterhaufen entzünden. Nach der Andacht versammelten sich die Kleriker um den Richtplatz. Die Außenmauern des Kirchenschiffes waren mit hunderten von Kerzen erleuchtet. Das heiße Wachs tropfte schwer auf die ehernen Halter nieder. Ein Schwarm krächzender Krähen zog über das Dorf.

Die Schaulustigen, deren Sinne sich begierig am Leid derer ergötzten, die der Henker vom Leben zum Tode bringen sollte, drängten sich um den Ort des Grauens. Als Eva Maria zum Richtplatz gebracht wurde, teilte sich die Menge. Vor ihr stand der Abt mit funkelnden Fuchsaugen und repräsentierte als Urteilsfinder Pflicht und Kirchengesetz.

„Für die Welt und für Euch wäre es besser gewesen, Ihr hättet niemals den Himmel und die Sonne gesehen! Gleich wird Euer Lebenslicht für immer verlöschen. Tut Buße, Weib! Der Herr sei Eurer Seele gnädig und erspare Euch das ewige Feuer der Hölle. Die Buhlschaft mit Satan habt ihr gestanden. Sündige Lust habt Ihr einem Geweihten des Herrn ins Gebein getrieben. Dafür müsst Ihr brennen!“

„Brennen!“, schrie der Pöbel wie ein Echo.

Eva Maria flehte um Gnade, doch ihr Angstruf verhallte im Nichts. „Oh, Du barmherziger Gott, erlasse mir diese Tortur!“, schrie sie in ihrer Not und blickte schreckensbleich zum Himmel.

„Hört, wie sie jammert!“, höhnte der Abt. „Wie frevelnd sie den Namen Gottes gebraucht! Vielleicht kommt der Teufel seiner Buhlin zur Hilfe!?“

Dann hob der Abt die Hand wie ein Zeichen und ein grauenhaftes Raunen ging durch die Menge. Die Frommen bekreuzigten sich und sprachen ein Vaterunser. Mit Pechfackeln standen die Henkersknechte und warteten auf den Vollstrecker des Urteils. Jakobus schritt schwankend zur Hinrichtungsstätte, nahm die Fackel aus den Händen des Henkers und entzündete das mit Harz getränkte Holz unter Eva Maria mit erstarrtem Blick. Doch dann schaute er nach oben, direkt in die gequälten Augen seiner Liebsten, und die Todesangst sprang aus ihrem Seeleninnern direkt in sein Herz hinein. Sie betete und richtete ihren Blick gen Himmel. Die Flammen züngelten und fraßen sich durch das knisternde Gehölz. Als sie ihre Beine erfassten, wurde ihr Gebet lauter und lauter, bis sie es schließlich aus ihrem Schmerz herausschrie.

„Vergib mir, Eva! Bitte, vergib mir!“, stammelte Jakobus und fiel auf die Knie. Er hatte nicht bemerkt, dass der Abt hinter ihn getreten war und den Henkern ein Zeichen gab. Starke Arme fassten ihn und zerrten ihn unter den Ast der alten Eiche, die auf dem Marktplatz stand. Flugs war die Schlinge darüber geworfen und der Strick um seinen Hals gelegt. Die Menschenmenge hielt für einen Augenblick den Atem an.

Jakobus hörte noch die entsetzlichen Schreie seiner Geliebten, als ihm der Henker das Genick brach.

Drei Tage lang hing sein Leichnam zur Abschreckung am Geäst des Baumes. Dann begrub man ihn zusammen mit der halbverkohlten Leiche seiner Liebsten, in ungeweihter Erde, fernab des Dorfes.