Die Würde der Frauen

von Friedrich von Schiller

Ehret die Frauen! sie flechten und weben
Himmlische Rosen ins irdische Leben,
Flechten der Liebe beglückendes Band,
Und in der Grazie züchtigem Schleier
Nähren sie wachsam das ewige Feuer
Schöner Gefühle mit heiliger Hand.

Ewig aus der Wahrheit Schranken
Schweift des Mannes wilde Kraft;
Unstet treiben die Gedanken
Auf dem Meer der Leidenschaft;
Gierig greift er in die Ferne,
Nimmer wird sein Herz gestillt;
Rastlos durch entlegne Sterne
Jagt er seines Traumes Bild.

Aber mit zauberisch fesselndem Blicke
Winken die Frauen den Flüchtling zurücke,
Warnend zurück in der Gegenwart Spur.
In der Mutter bescheidener Hütte
Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte,
Treue Töchter der frommen Natur.

Feindlich ist des Mannes Streben,
Mit zermalmender Gewalt
Geht der wilde durch das Leben,
Ohne Rast und Aufenthalt.
Was er schuf, zerstört er wieder,
Nimmer ruht der Wünsche Streit,
Nimmer, wie das Haupt der Hyder
Ewig fällt und sich erneut.

Aber zufrieden mit stillerem Ruhme,
Brechen die Frauen des Augenblicks Blume,
Nähren sie sorgsam mit liebendem Fleiß,
Freier in ihrem gebundenen Wirken,
Reicher, als er, in des Wissens Bezirken
Und in der Dichtung unendlichem Kreis.

Streng und stolz, sich selbst genügend,
Kennt des Mannes kalte Brust,
Herzlich an ein Herz sich schmiegend,
Nicht der Liebe Götterlust,
Kennet nicht den Tausch der Seelen,
Nicht in Thränen schmilzt er hin;
Selbst des Lebens Kämpfe stählen
Härter seinen harten Sinn.

Aber wie leise vom Zephyr erschüttert,
Schnell die äolische Harfe erzittert,
Also die fühlende Seele der Frau.
Zärtlich geängstigt vom Bilde der Qualen
Wallet der liebende Busen, es strahlen
Perlend die Augen von himmlischem Thau.

In der Männer Herrschgebiete
Gilt der Stärke trotzig Recht;
Mit dem Schwert beweist der Scythe,
Und der Perser wird zum Knecht.
Es befehden sich im Grimme
Die Begierden wild und roh,
Und der Eris rauhe Stimme
Waltet, wo die Charis floh.

Aber mit sanft überredender Bitte
Führen die Frauen den Scepter der Sitte,
Löschen die Zwietracht, die tobend entglüht,
Lehren die Kräfte, die feindlich sich hassen,
Sich in der lieblichen Form zu umfassen,
Und vereinen, was ewig sich flieht.

In Karlsbad – Friedrich von Schiller (1759-1805)

Das verschleierte Bild zu Sais

Gedicht von Friedrich von Schiller (1759-1805)


Zum Geburtstag von Friedrich von Schiller am 10.11.1759:
Dies ist eines meiner Lieblingsgedichte. Die Wahrheit liegt auf dem Weg des Lebens, der ein fortwährendes Lernen ist. Nur dieses Lernen macht den Menschen erst empfänglich für die Wahrheit. Dazu zählt auch die Selbsterkenntnis. Das Gedicht zeigt, dass ein vorschnelles, verbotenes Handeln zu einem kummervollen Leben führen kann.

Ein Jüngling, den des Wissens heißer Durst
nach Sais in Ägypten trieb, der Priester
geheime Weisheit zu erlernen, hatte
schon manchen Grad mit schnellem Geist durcheilt,
stets riß ihn seine Forschbegierde weiter,
und kaum besänftigte der Hierophant
den ungeduldig Strebenden.
»Was hab ich, wenn ich nicht alles habe?« sprach der Jüngling.

»Gibts etwa hier ein Weniger und Mehr?
Ist deine Wahrheit wie der Sinne Glück
nur eine Summe, die man größer, kleiner
besitzen kann und immer doch besitzt?
Ist sie nicht eine einzge, ungeteilte?
Nimm einen Ton aus einer Harmonie,
nimm eine Farbe aus dem Regenbogen,
und alles, was dir bleibt, ist nichts, solang
das schöne All der Töne fehlt und Farben.«

Indem sie einst so sprachen, standen sie
in einer einsamen Rotonde still,
wo ein verschleiert Bild von Riesengröße
dem Jüngling in die Augen fiel. Verwundert
blickt er den Führer an und spricht: »Was ists,
das hinter diesem Schleier sich verbirgt?«
»Die Wahrheit«, ist die Antwort. – »Wie?« ruft jener,
»Nach Wahrheit streb ich ja allein, und diese
gerade ist es, die man mir verhüllt?«

»Das mache mit der Gottheit aus«, versetzt
der Hierophant. »Kein Sterblicher, sagt sie,
rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.
Und wer mit ungeweihter, schuldger Hand
den heiligen, verbotnen früher hebt,
der, spricht die Gottheit« – »Nun?« –
»Der sieht die Wahrheit.«

»Ein seltsamer Orakelspruch! Du selbst,
Du hättest also niemals ihn gehoben?«
»Ich? Wahrlich nicht! Und war auch nie dazu
versucht.« – »Das fass ich nicht. Wenn von der Wahrheit
nur diese dünne Scheidewand mich trennte –«
»Und ein Gesetz«, fällt ihm sein Führer ein.
»Gewichtiger, mein Sohn, als du es meinst,
Ist dieser dünne Flor – für deine Hand
zwar leicht, doch zentnerschwer für dein Gewissen.«

Der Jüngling ging gedankenvoll nach Hause.
Ihm raubt des Wissens brennende Begier
den Schlaf, er wälzt sich glühend auf dem Lager
und rafft sich auf um Mitternacht. Zum Tempel
führt unfreiwillig ihn der scheue Tritt.
Leicht ward es ihm, die Mauer zu ersteigen,
Und mitten in das Innre der Rotonde
trägt ein beherzter Sprung den Wagenden.

Hier steht er nun, und grauenvoll umfängt
den Einsamen die lebenlose Stille,
die nur der Tritte hohler Widerhall
In den geheimen Grüften unterbricht.
Von oben durch der Kuppel Öffnung wirft
Der Mond den bleichen, silberblauen Schein,
und furchtbar wie ein gegenwärtger Gott
erglänzt durch des Gewölbes Finsternisse
In ihrem langen Schleier die Gestalt.

Er tritt hinan mit ungewissem Schritt,
Schon will die freche Hand das Heilige berühren,
Da zuckt es heiß und kühl durch sein Gebein
und stößt ihn weg mit unsichtbarem Arme.
Unglücklicher, was willst du tun? So ruft
in seinem Innern eine treue Stimme.
Versuchen den Allheiligen willst du?
Kein Sterblicher, sprach des Orakels Mund,
rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.
Doch setzte nicht derselbe Mund hinzu:
Wer diesen Schleier hebt, soll Wahrheit schauen?
»Sei hinter ihm, was will! Ich heb ihn auf.«
(Er rufts mit lauter Stimm.) »Ich will sie schauen.«

Schauen!
Gellt ihm ein langes Echo spottend nach.
Er sprichts und hat den Schleier aufgedeckt.
Nun, fragt ihr, und was zeigte sich ihm hier?
Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich,
so fanden ihn am andern Tag die Priester
am Fußgestell der Isis ausgestreckt.
Was er allda gesehen und erfahren,
Hat seine Zunge nie bekannt. Auf ewig
war seines Lebens Heiterkeit dahin,
ihn riß ein tiefer Gram zum frühen Grabe.

»Weh dem«, dies war sein warnungsvolles Wort,
wenn ungestüme Frager in ihn drangen,
»Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld,
Sie wird ihm nimmermehr erfreulich sein.«

Erklärung:

  1. Sais: Eine antike Stadt in Ägypten (Unterägypten), am Nil gelegen.
  2. Hierophant: Ein Priester, der heilige Gegenstände zeigt.
  3. Rotonde: Eine Rotunde ist ein Gebäude mit einem kreisrunden Grundriss.
  4. Flor: ein dünner Vorhang aus Seide oder Wolle.
  5. Isis: Ist eine Göttin in der ägypt. Mythologie. Sie war die Göttin der Geburt, der Wiedergeburt und der Magie, aber auch Totengöttin.

An die Freude

Ode von Friedrich von Schiller (1785)
Vertonung: Ludwig van Beethoven (1824) 9. Sinfonie

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
was der Mode Schwerd getheilt;
Bettler werden Fürstenbrüder,
wo dein sanfter Flügel weilt.

C h o r.
Seid umschlungen Millionen!
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
muß ein lieber Vater wohnen.

Wem der große Wurf gelungen,
eines Freundes Freund zu seyn;
wer ein holdes Weib errungen,
mische seinen Jubel ein!
Ja – wer auch nur e i n e Seele
s e i n nennt auf dem Erdenrund!
Und wer’s nie gekonnt, der stehle
weinend sich aus diesem Bund!

C h o r.
Was den großen Ring bewohnet
huldige der Simpathie!
Zu den Sternen leitet sie,
Wo der U n b e k a n n t e tronet.

Freude trinken alle Wesen
an den Brüsten der Natur,
Alle Guten, alle Bösen
folgen ihrer Rosenspur.
Küße gab sie u n s und R e b e n ,
einen Freund, geprüft im Tod.
Wollust ward dem Wurm gegeben,
und der Cherub steht vor Gott.

C h o r.
Ihr stürzt nieder, Millionen?
Ahndest du den Schöpfer, Welt?
Such’ ihn überm Sternenzelt,
über Sternen muß er wohnen.

Freude heißt die starke Feder
in der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
in der großen Weltenuhr.
Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen,
die des Sehers Rohr nicht kennt!

C h o r.
Froh, wie seine Sonnen fliegen,
durch des Himmels prächtgen Plan,
Laufet Brüder eure Bahn,
freudig, wie ein Held zu siegen.

Aus der Wahrheit Feuerspiegel
lächelt s i e den Forscher an.
Zu der Tugend steilem Hügel
leitet sie des Dulders Bahn.
Auf des Glaubens Sonnenberge
sieht man ihre Fahnen wehn,
Durch den Riß gesprengter Särge
s i e im Chor der Engel stehn.

C h o r.
Duldet mutig Millionen!
Duldet für die beßre Welt!
Droben überm Sternenzelt
wird ein großer Gott belohnen.

Göttern kann man nicht vergelten,
schön ists ihnen gleich zu seyn.
Gram und Armut soll sich melden
mit den Frohen sich erfreun.
Groll und Rache sei vergessen,
unserm Todfeind sei verziehn.
Keine Thräne soll ihn pressen,
keine Reue nage ihn.

C h o r.
Unser Schuldbuch sei vernichtet!
ausgesöhnt die ganze Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
richtet Gott wie wir gerichtet.

F r e u d e sprudelt in Pokalen,
in der Traube goldnem Blut
trinken Sanftmut Kannibalen,
Die Verzweiflung Heldenmut – –
Brüder fliegt von euren Sitzen,
wenn der volle Römer kraißt,
Laßt den Schaum zum Himmel sprützen:
Dieses Glas dem guten Geist.

C h o r.
Den der Sterne Wirbel loben,
den des Seraphs Hymne preist,
Dieses Glas dem guten Geist,
überm Sternenzelt dort oben.

Festen Mut in schwerem Leiden,
Hülfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wahrheit gegen Freund und Feind,
Männerstolz vor Königstronen, –
Brüder, gält’ es Gut und Blut –
Dem Verdienste seine Kronen,
Untergang der Lügenbrut!

C h o r.
Schließt den heilgen Zirkel dichter,
schwört bei diesem goldnen Wein:
Dem Gelübde treu zu sein,
schwört es bei dem Sternenrichter!

Rettung von Tirannenketten,
Großmut auch dem Bösewicht,
Hoffnung auf den Sterbebetten,
Gnade auf dem Hochgericht!
Auch die Toden sollen leben!
Brüder trinkt und stimmet ein,
Allen Sündern soll vergeben,
und die Hölle nicht mehr seyn.

C h o r.
Eine heitre Abschiedsstunde!
süßen Schlaf im Leichentuch!
Brüder – einen sanften Spruch
Aus des Todtenrichters Munde!
Friedrich von Schiller (1759-1805)
Auftragsmalerei: Larissa Krause

Die 1808 posthum veröffentlichte Variante des Gedichtes war um die letzte Strophe gekürzt und zeigte eine andere Wortwahl in der ersten Strophe:

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng getheilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Aus meinem autobiografischen Roman „Schiller – Erinnerungen„:

„In Leipzig gehörte Körner seit 1777 der Freimaurerloge „Minerva zu den drei Palmen“ an. Bereits während unseres gemeinsamen Aufenthaltes in Gohlis hatte er eines Tages die Bitte an mich herangetragen, für die Tafel der Loge eine Ode zu dichten. Ich hatte sie zu seiner Hochzeit teilweise fertiggestellt und vollendete sie schließlich in Dresden.

Der Hymnus „An die Freude“, der die Beziehung des Menschen zu einer göttlichen Ordnung beschreibt und von Freundesliebe, Gattenliebe und Weltbruderkette erzählt, wurde von Göschen am 23. Februar 1786 in der Thalia gedruckt.“

Das Mädchen von Orlean

Gemälde von Sir John Everett Millais (1829-1896)
Jeanne D’Arc starb am 30. Mai 1431 auf dem Scheiterhaufen
Aus „Die Jungfrau von Orleans“ von Friedrich von Schiller
Seht ihr den Regenbogen in der Luft?
Der Himmel öffnet seine goldnen Tore,
Im Chor der Engel steht sie glänzend da,
Sie hält den ewgen Sohn an ihrer Brust,
Die Arme streckt sie lächelnd mir entgegen.
Wie wird mir – Leichte Wolken heben mich –
Der schwere Panzer wird zum Flügelkleide.
Hinauf – hinauf – Die Erde flieht zurück –
Kurz ist der Schmerz und ewig ist die Freude!
Albert Lynch: Jeanne d’Arc. Titelblatt von „Figaro Illustré“, 1.4.1903 (Ausschnitt)
Das edle Bild der Menschheit zu verhöhnen,
im tiefsten Staube wälzte dich der Spott,
Krieg führt der Witz auf ewig mit dem Schönen,
er glaubt nicht an den Engel und den Gott,
dem Herzen will er seine Schätze rauben,
den Wahn bekriegt er und verletzt den Glauben.

Doch, wie du selbst, aus kindlichem Geschlechte,
selbst eine fromme Schäferin wie du,
reicht dir die Dichtkunst ihre Götterrechte,
schwingt sich mit dir den ewgen Sternen zu,
mit einer Glorie hat sie dich umgeben,
dich schuf das Herz, du wirst unsterblich leben.

Es liebt die Welt, das Strahlende zu schwärzen
und das Erhabne in den Staub zu ziehn.
Doch fürchte nicht! Es gibt noch schöne Herzen,
die für das Hohe, Herrliche entglühn.
Den lauten Markt mag Momus* unterhalten,
ein edler Sinn liebt edlere Gestalten.
*griechischer Gott der Satire und Spott

Schiller setzte sich auseinander mit der gotteslästerlichen und verhöhnenden Satire „Voltaire - La Pucelle d`Orléans“

Die ewig Gestrigen

Aus „Wallensteins Tod“ von Friedrich von Schiller:

Nicht was lebendig, kraftvoll sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare.

Das ganz Gemeine ist’s, das ewig Gestrige, was immer war und immer wiederkehrt, und morgen gilt, weil’s heute hat gegolten!

Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht, und die Gewohnheit nennt er seine Amme.


Nur zwischen Glauben und Vertrauen ist Friede!



Ich wünsche allen ein schönes Wochenende!

Unsterblichkeit

Vor dem Tod erschrickst du? Du wünschest, unsterblich zu leben?
Leb’ im Ganzen! Wenn du lange dahin bist, es bleibt.

Friedrich von Schiller

Friedrich von Schiller (1759-1805)-Portrait von Larissa Krause, Duisburg (2008), im Besitz der Auftraggeberin Gisela Seidel.

Schiller Biografie von Gisela Seidel

Zeitzeugin über Friedrich von Schiller:

Karoline von Wolzogen:
„Schiller war von großer, wohlgebauter Gestalt, „der größte Mann“ in Weimar,
6 Fuß und 2 Zoll hoch. Seine Haltung war militärisch von der Karlsschule her.
Schon dort deutete sein sicherer Schritt ein starkes Gefühl des eigenen Wertes an.
Eine alte schwäbische Bäuerin, die ihn in einem Gange der Karlsschule gehen sah, meinte: „Der denkt auch, er sei der Herzog!“

Dazu drückte sich die Freiheit des Geistes, das lebendige Gefühl für das Edle, erhaben über alles Kleinliche und Gemeine, auch in seinem Äußeren aus.

Sein Kopf war wohlgeformt, der Hals schlank und etwas stark, die Stirn
hoch und breit, die Brust zwischen den Schultern gewölbt, der Leib
schmal, Arm und Fuß in rechtem Ebenmaß zur ganzen Erscheinung.
Die Farbe der Augen war unentschieden zwischen blau und lichtbraun.
Der Blick unter den hervortretenden Stirnknochen und den dichten,
blonden Augenbrauen warf im Gespräche helle Lichtfunken oder drang
tief ins Herz, wenn er sich auf jemanden richtete; gewöhnlich war er
sinnend und beschaulich nach innen gekehrt. Seine Nase war gebogen
und ziemlich groß. Er scherzte, dass er ihr auf der Schule durch stetes
Ziehen eine Spitze gebildet habe.

Sein Haar war lang, fein und spielte ins Rötliche, die Haut weiß, das Rot der Wangen zart, das Kinn von angenehmer Bildung, sein Lächeln anmutig, seine Stimme meist belegt und nur ergreifend, wenn er gerührt war.

Sein Gang war nach seiner schweren Erkrankung etwas nachlässig, spannte sich aber straff bei innerer Bewegung. Seine Kleidung war einfach, aber gewählt, seine Wäsche stets sauber, sein Schreibtisch wohlgeordnet. Er liebte Blumen um sich, besonders Lilien. Sanfte Musik steigerte seine Arbeitslust,
ebenso die rote Farbe der kurzen Fenstervorhänge. Lila war seine Lieblingsfarbe. Spinnen waren ihm widerwärtig.“

An Friedrich von Schiller

– zum Gedenken an seinem Todestag am 09. Mai 1805
von Gisela Seidel


Fort bist du lange schon,
doch hier noch so präsent,
dass deine Gegenwart zu spüren
augenschließend ich vermag;
lässt mir das große Schweigen,
das niemals meinen Namen nennt.
So plötzlich kam der Schmerz,
verfinsterte den Tag;
suchtest den Weg in ferne Dimensionen,
gabst von der Ewigkeit, die du versprachst,
mir nur ein kleines Stück;
wo Seraphinen in Traumwelten wohnen,
dorthin brachte dein Todesengel dich zurück.
Gewährte Zerberus dir Einlass in sein Reich,
so zahle ich heut’ noch dafür Gebühr;
erscheint dein Antlitz vor mir engelsgleich,
streck’ ich in manchem Traum die Hand nach dir.
Werde ich niemals deiner Stimme lauschen
und niemals deinen warmen Atem spür’n?
Wie könnt’ ich mich an deiner Gegenwart berauschen,
wie sehr möcht’ ich mit dir den Himmel sanft berühr’n!
Vergangen und vorbei – vergessen nie so ganz;
am Ende meines Weges sei bereit,
reich’ mir die Hand zum eig’nen Totentanz
auf dem Parkett durch die Unendlichkeit.