Kaisertreue und 1. Weltkrieg

Weihnachten in den Kriegsjahren

Militär, Kaiser und 1. Weltkrieg
Auszug aus meinem Buch „Henriette Brey, Dichterin der Seele“

In der Dienstuniform des 1. Garderegiments zu Fuß mit Interimsfeldmarschallstab, machte er bei seiner Ankunft eine vorzügliche Figur. Wo immer der gerne reisende Kaiser Wilhelm II. erschien, erntete er Jubel, und die Bevölkerung empfing ihn mit Begeisterungsstürmen. An der euphorischen Menschenmenge vorbeischreitend, schien er den Beifall der Nationalen sichtlich zu genießen, die anschließend formulierten: „Jeder Zoll ein Kaiser!“ Die Männerwelt folgte ihrem Idol und machte gezwirbelte Schnurrbärte mit geschwungenen Spitzen zum damaligen Modeideal.

Der Plan, ein Denkmal Wilhelms des Großen auf dem Kleinen Markt in Geldern errichten zu lassen, welches im Rahmen einer Festveranstaltung feierlich enthüllt werden sollte, wurde im Laufe der Feierlichkeiten ausgeführt.

Nachdem Graf Hoensbroech ein Kaiserhoch ausgesprochen hatte, welches mit tausendfachem Echo von den Umstehenden erwidert wurde, spielte die Regimentskapelle die Nationalhymne. Unter Glockengeläut hoben sich nahezu 2000 Brieftauben in den blauen Niederrheinhimmel, um die Botschaft der Denkmalsenthüllung an alle umliegenden Orte zu tragen.  

Sechs Meter hoch ragte „der Heldenkaiser“ nun über dem Platz. Bereits ein Jahr später sollte die heimische Garnison an ihm vorbei in den Krieg ziehen.

Der Bürgermeister verabschiedete damals die abrückenden Soldaten feierlich, mit einer markigen, von Pathos strotzenden Ansprache. Die Pickelhauben glänzten und funkelten in der Augustsonne, als die Tausendschaft, begleitet von brausendem Jubel, zum Bahnhof marschierte. 

Schon bald verblutete in den Jahren 1914 bis 1918 die ganze Welt auf dem Feld der Ehre!

Der Kaiser war davon überzeugt, dass der Krieg von den Regierungen Russlands, Englands und Frankreichs geplant worden war, um Deutschlands Vormachtstellung zu vernichten. Als am 28. Juni 1914 der Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin in Sarajevo einem Attentat zum Opfer fielen, formierten sich alle militärischen Kräfte im In- und Ausland.

Auf des Krieges vermeintlichen Segen, kraftvolle Begeisterung, Mut, Opferbereitschaft und Heldentum zu schaffen, folgten Tod, Elend, Leid und Hunger. Ein unsichtbarer Feind hatte sich in die Lager und Städte geschlichen: die Cholera. Not und Jammer schritten im Gefolge.

Tausendfache Opfer brachte der Krieg. Das Leben war ein Bangen um diejenigen, die in den ersten Reihen kämpften. Deutschland weinte um seine Söhne, um die in fremder Erde Begrabenen, um die vergeblich Zurückersehnten, die nie mehr heimkehren sollten. Würden die Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, jemals wieder verheilen? Als die Kriegsgewitter die deutschen Gaue durchbrausten, die Männer zu ihren Waffen eilten, und die Zurückgebliebenen täglich um ihren Schutz beteten, gingen angstvoll sorgende, aber auch glücklich stolze Gedanken durch die Köpfe der wartenden Angehörigen.

Manch einer im Dorfe ging mit rot geweinten Augen umher, der sein Liebstes hatte im Feld lassen müssen. Der Himmel verlangte am Altar des Vaterlandes allzu oft das schwerste Opfer. Wenn man den einzigen Sohn hatte hergeben müssen, war das Herz voller Jammer. Die Leidtragenden schritten mit blassem Stolz, in schwarzen Gewändern umher und hoben sich die Tränen des Schmerzes für das Dunkel der Nacht auf. Man zeigte keine Tränen und ertrug sein Leid still und ergeben.   

Doch sehr viel leichter fiel es auch nicht, den verkrüppelten Sohn in die Arme zu schließen, der sein Bein oder seinen Arm für das Vaterland verloren hatte. Wem sollte der Bauer nun sein Erbe geben?

Alle saßen im gleichen Boot, denn fast jeder hatte einen seiner Lieben draußen im Feld. Wenn die Post einmal länger dauerte oder gar ausblieb, vermutete man sogleich das Schlimmste. Es ging ein Hoffen und Sorgen durch die Reihen, welches nicht nur alle Wartenden standesgleich machte, sondern sie einander menschlich nahebrachte. Jeder, ob Herr oder Knecht, arm oder reich, bangte um den Liebsten im Schützengraben.

Die Not der Zeit und die Liebe zum Vaterland brannten allen auf der Seele. Es galt als etwas Großartiges, gegen den Feind kämpfen zu können, und es war etwas Herrliches, die Heimat verteidigen zu dürfen. Man starb im Frieden mit Gott und opferte freudig sein Leben für die Heimaterde. Gestorben als Held und als Christ mit dem fest umklammerten Eisernen Kreuz in den blutigen Händen.