Unvergessen

an eine Freundin
John William Waterhouse (1849-1917)
Du, edle Perle, hast den Glanz verloren;
die Jahre legten bloß, den trüben Kern.
Mit hohem Haupt glichst du, wie auserkoren, 
dem Burgfräulein vom andern Stern. 

Die stolze Rose ist schon lang verblüht.
Verblasst die Farbe - rosig war dein Leben.
Darnieder liegt dein Leib. Man ist bemüht,
dir Kraft für deinen letzten Weg zu geben. 

In Krämpfen liefst du letzte, kurze Wege,
immer dieselben, kilometerlang im Kreis.
Das Sitzen war dir Qual; warst im Gehege,
das blickerlahmte Tier, das sich zerreißt.

Die letzten Worte waren unverständlich,
die du in deinem Krankheitswahn gesprochen.
Du warst noch jung, es wurde unumgänglich,
der Stab des Schicksals über dir gebrochen.

Dein Heimatort, die Menschen waren fort,
mit denen du dein gutes Leben teiltest.
Man gab dich hin, an einen anderen Ort,
an dem nur Alte waren, wo du weiltest. 

Dein Geist ist dir verhängnisvoll genommen,
du hast geweint, als er vor Jahren ging.
Mit ihm ist jedes Bild in dir verschwommen,
an denen tränenreich Erinnerung hing. 

Vor vielen Jahren hab ich dich verloren,
an eine Krankheit, die den Lauf der Dinge
so anders machte und geschworen, 
dass in Gedanken ich dir Rosen bringe.