Silvester zwischen Wahn und Wirklichkeit

Fraktale: Karin M.

Silvester 2002/03

Anfangs hatte ich noch ungetrübtes Vertrauen in R. M. und bewunderte ihre Kräfte. Doch es kamen mir immer mehr Zweifel und mein Bauchgefühl rebellierte.

R. M. durchleuchtete das Leben von I. genau und verordnete ihr, sie müsse sich von allem alten Ballast trennen. Damit meinte sie alle Dinge, die an den kürzlich verstorbenen Gatten erinnerten, sprich alte Fotos, Gemälde und Kunstgegenstände. All das nahm R. M. an sich, um es – wie sie sagte, zu entsorgen. Zwei Ölgemälde nahm ich mit zu mir. Eins war das Lieblingsbild des Mannes gewesen. Ich sollte es aufbewahren und gab es später an sie zurück.

Während dieser Zeit erkrankte mein Chef mit 54 Jahren an Hautkrebs. Für die Verabschiedung eines Kollegen hatten wir Fotos gemacht, und ich zeigte I. und auch R. M. das Bild meines Vorgesetzten.
R. M. erklärte sofort, dass er sterben würde. Ich sollte keine Energie mehr hineinstecken und keine Hoffnung. Seine Seele wüsste es längst. Es bliebe noch Zeit zum Abschiednehmen.

Zwei Jahre nach meinem Traum ist er dann gestorben. R. M. hatte Recht behalten.

Als Medium war sie außergewöhnlich. Wir waren alle von ihr fasziniert – außer meine Bekannte, die Sozialarbeiterin. Geisterwelt und Esoterik passten irgendwie nicht zusammen.

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Den Jahreswechsel 2002/2003 feierten I. und ich zusammen mit R. M. Es war eine außergewöhnliche Nacht mit ebensolchen Ereignissen. Die Seele von „Gerhard Schröder“ gesellte sich in unseren Kreis und befand sich laut Auskunft von R. M. im ‚Raum der Versuchung‘. Er sprach über R. M. mit uns und äußerte sich über das desolate Bildungssystem, als säße er mit in unserer Runde. Manchmal lauschte ich mit offenem Mund und war sprachlos.

R. M. erzählte mir, ich sei in einem früheren Leben Hohepriesterin in Ägypten gewesen und hätte Schriftrollen und Steintafeln bewacht. Mein Sohn sei mein engster Vertrauter gewesen und hätte ein Leben lang als Priester schützend an meiner Seite gestanden. Dann hätte ich mich in einen Hohepriester verliebt und meinen Keuschheitsschwur gebrochen. Ich hätte mit ihm fliehen wollen, doch er sah seine höhere Pflicht in den Diensten der Götter. Weil ich nicht ohne ihn weiterleben wollte, beging ich schließlich Selbstmord durch Schlangenbiss und wäre sofort nach dem Biss ins Meer gegangen.

Ich war hin- und hergerissen. Sollte ich das glauben oder nicht!? Bei der Sozialarbeiterin war ich Priesterin in Atlantis, bei R. M. Priesterin in Ägypten. Ich erfuhr es ja am eigenen Leib und war Zeuge dieses Geschehens, und meine innere Stimme wehrte sich nicht. Das erklärte sogar die Ängste, die der Blick aufs Meer heute noch bei mir auslöst.

Danach saßen wir lange und lauschten den Botschaften, die uns durch den „göttlichen Kanal“ offenbart wurden. Doch wer saß am anderen Ende des Kanals? War das wirklich Gott? Wenn man ihm nicht die volle Aufmerksamkeit widmete, wurde er ungehalten. R. M. meinte lapidar: „So ist er!“

R. M. hatte uns erzählt, dass Satan sie besuchen käme. Er würde sehr gut aussehen, hätte eine braune Hautfarbe, wie mein Sohn und würde ihr gefallen. Ich glaubte ihr das, denn nur allzu oft wurde sie von der übrigen Welt abgeschottet.
„Ich werde geschult!“, erklärte sie uns und litt entsetzlich darunter. Was während dieser angeblichen Schulungen wirklich stattfand, durfte sie nicht erzählen. Vermutlich befand sie sich nur allzu oft selbst im ‚Raum der Versuchung‘! Ich dachte sofort, dass ihr etwas Gutes niemals ihre Kräfte nehmen würde… im Gegenteil.

R. M. hatte in der Silvesternacht versucht, mir mittels Reiki belastende Energien zu nehmen. Sie verlangte, dass ich meine Mutter beschimpfte, weil ich immer noch nicht trauern konnte. Aber ich fühle keinen Hass auf meine Mutter und wollte sie nicht angreifen.

Meine Bekannte hatte mir davon berichtet, dass R. M. dazu in der Lage sei, ihr Aussehen zu verändern. Sie hatte sich ihr mit dem Gesicht einer Alkoholikerin gezeigt und sie gefragt, wen sie sehen würde. I. war darüber ganz erschrocken gewesen, denn sie erkannte die Sozialarbeiterin als ältere Frau. Das beängstigte mich irgendwie. Warum tat sie das?

In dieser Silvesternacht machten wir Fotos…auch von R. M., die urplötzlich gegen drei Uhr aufbrach und nach Hause fuhr. Es war so, als würde ihre Kraft schwinden, denn dann offenbarte sich uns anscheinend ihr wirkliches Gesicht, wie bei „Aschenputtel“ um Mitternacht, wenn der Zauber nachließ, oder eher wie ein Vampir, der das Tageslicht fürchtete.

Ein paar Tage später, empfing mich I. ganz aufgeregt. Sie hatte die Fotos entwickeln lassen und präsentierte mir nun eine R. M., die wir so nicht kannten. Es zeigte ein fremdes Gesicht, nicht das liebliche, dass wir bisher wahrgenommen hatten. I. weigerte sich, die Bilder in der Wohnung aufzubewahren und ließ sie in der Garage, um sie später zu entsorgen.

Uns war aufgefallen, dass I. seit einiger Zeit keinen wirklichen Lebenswillen mehr hatte. Irgendwie schien sie verändert zu sein. Sie saß nur noch auf ihrer Couch und wartete lächelnd auf den Tod. Da stimmte etwas nicht!

Eine andere Bekannte von I. war ebenfalls als Medium tätig. Diese Dame war schon über achtzig Jahre alt und sorgte unter anderem dafür, dass Verstorbene den Weg ins Licht finden konnten. Angeblich kannte sie sogar ihren eigenen Todestag und wusste, dass sie bald gehen musste. Man konnte ihr am Telefon einen Namen nennen, und sie wusste sofort, ob derjenige auf der guten oder bösen Seite stand.

I. bat sie um Auskunft über R. M., und es verschlug uns fast die Sprache, als die Dame ihr sagte, R. M. stünde auf der ‚anderen Seite‘. Sie hätte I. einen Dämon an die Decke im Wohnzimmer gehängt, der dafür sorgen sollte, dass sie apathisch vor sich hinvegetierte. Die alte Dame musste viele Gebete sprechen, um das dunkle Etwas zu entfernen. Erst nach Tagen gelang es ihr.

Die Show ‚der Königin‘ hatte ein Ende! Wir sahen von weiteren Kontakten ab, denn ihr Klumpfuß bekam plötzlich die Bedeutung, die ich ihm anfangs zugedacht hatte. Es gab noch das Buch „Ein Kurs in Wundern“, ein Geschenk von R. M., das ich ihr ungelesen zurücksandte, mit ein paar erklärenden Worten per Brief.

R. M. brauchte keine Erklärung. Sie wusste selbst am besten, warum wir ihr den Rücken zukehrten. Dennoch tat es mir irgendwie leid, dass es so gekommen war, denn ich mochte sie. Aber ich wollte mich der Gefahr nicht weiter aussetzen.

I. sagte: „Wenn du von der Gefahr weißt und setzt dich ihr trotzdem aus, verlierst du den Schutz deiner Engel!“ Das klang einleuchtend und daran hielt ich mich.

Trotzdem blieben Zweifel. War unsere „Hexenjagd“ richtig gewesen? Ich versuchte auszupendeln, ob die alte Dame Recht gehabt hatte, und das Pendel blieb ohne jegliche Bewegung stehen, wenn ich nach R. M. fragte. Es rührte sich nicht. Ich sollte nicht fragen!

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Irgendwann – Monate waren inzwischen vergangen – erschien mir R. M. im Traum. Ich wusste, dass sie es war, doch die Gestalt, in der sie mir erschien, zeigte ihr wahres Gesicht. Es war ein grüner, haarloser Kopf, wie ein Alien, mit riesengroßen, dunklen Augenhöhlen. Das Wesen schimmerte kardinalsrot. Bei einem zweiten Traum stand R. M. vor einer Schaufensterscheibe, und ich sah mich dahinter in meinem Bett liegen. Ich spürte, dass sie nach mir schaute und erwachte davon.

Das waren meine Erfahrungen mit einer Person, die ich bis heute hinterfrage. Ich weiß nur, es gibt viel mehr auf dieser Welt, als den sichtbaren Teil. Das alles hat mich aber nicht von meinem christlichen Glauben abbringen können – im Gegenteil.

Tod und Teufel

John Martin (1789-1789) – Gefallene Engel betreten das Pandämonium

Dämonen unter uns?

Man trifft im Leben viele Menschen, von deren Eigenschaften man nichts ahnt. Auch die Zuordnung von Gut und Böse wird mit ihnen eine Gratwanderung.

Durch den Hinweis einer befreundeten Person, habe ich einen solchen Menschen im Jahr 2002 kennengelernt. Was war außergewöhnlich an dieser Frau? Im Bereich einer Heilpraktikerin muss jeder ‚Dienst‘ bezahlt werden. Ein Seelen-Reading kannte ich bis dahin nicht. Man stelle sich vor: Eine Heilpraktikerin untersucht und gibt Globolis nach Anweisung der zweiten Dame (wie ich sie hier nennen möchte), während des Readings.

Als ich die Praxis betrat, fasste sich die Dame an den Hals und sagte mir, ich hätte noch zwei männliche Personen mitgebracht (natürlich als geistiges Mitbringsel), die sehr dominant sind.

Zunächst erfolgte eine systemische Aufstellung. Es wurde bestimmt, wer diese Personen waren, und wer von ihnen jetzt noch eine Rolle in meinem Leben spielte. Es war mein Vater.

Danach saß ‚die Dame‘ mit einem Diktiergerät mir gegenüber. Ich durfte nicht sprechen oder sie unterbrechen. Wir schlossen beide die Augen und sie fuhr fort, indem sie mich erdete. Fiktive Schuhe aus Blei sollten dies ermöglichen. Unbeirrt fuhr sie fort. Es klang so, wie ein Lebensrückblick. In Gedanken lief sie den Weg zurück, und nannte sogar jede Operation und jeden Krankenhausaufenthalt zusammen mit meinem Lebensalter. Sie ging bis zu meinem 6. Lebensjahr.

Dann sagte sie mit einer Stimmlage, die ich kannte: „Was machst du hier, du unnützes Ding?!“

Das berührte mich sehr, und ich sah mich wieder im Garten meines Elternhauses sitzen, als plötzlich mein Vater hinter mir stand und mich anschrie. ‚Die Dame‘ nannte alle Verletzungen durch ihn und viele Ungerechtigkeiten, obwohl sie mich nicht kannte und nie mit mir darüber gesprochen hatte.

Ich erfuhr etwas über meinen geistigen Führer, der angeblich Samuel hieß. Er hätte mich schon so oft gerufen und gewarnt, doch ich wäre im Leben immer wieder hingefallen und hätte nicht auf ihn gehört.

Die Sitzung dauerte ca. eine Stunde. Am Ende übergab man mir die Tonbandaufnahme, und ich fuhr perplex und aufgerüttelt nach Hause.

Was hatte ich gerade erlebt? Wie konnte diese Person das alles über mich wissen? Es folgten noch weitere Readings. ‚Die Person‘ benannte jedes Mal den Inhalt und schob Themen, wie z. B. den Tod meiner Mutter erstmal beiseite, weil ich psychisch noch nicht soweit gewesen bin. Konnte sie meine Gedanken lesen oder meine Seele im astralen Bereich einsehen?

Es war nicht nur spannend, sondern verblüffend! Ich wusste nicht, wie das geschah. Als dann der Tod meiner Mutter auf dem Plan stand, war das ein Jenseits-Kontakt, der in meinem Wohnzimmer stattfand. Wieder wurde ich geerdet, wieder saß mir ‚die Dame‘ gegenüber. Dann wurde meine Mutter durch einen Engel zu mir gebracht. Natürlich konnte ich sie nicht sehen oder irgendwie wahrnehmen. Als ‚die Dame‘ sagte: „Jetzt streichelt dir deine Mutter über die Hände.“, war in mir die Frage, ob das wirklich stimmt. Ich merkte ja nichts. Zum Schluss wurde meine Mutter durch den Engel fortgebracht.

Der Raum war eiskalt geworden. ‚Die Dame‘ hatte sich deshalb schon im Vorfeld warm angezogen. Ich fror. Sie ließ mir die ‚Christus-Energie‘ da, sagte sie, damit es wieder warm wurde.

„Das sind die unerlösten Seelenanteile Deiner Mutter. Ein Teil ist erlöst, ein anderer nicht. Ihr Aussehen ähnelt auf einer Seite einer alten Frau, auf der anderen einer jungen. Das Jenseits ist mitten unter uns.“

Täuschung, esoterische Geldschneiderei oder Wahrheit? Alle Tonbänder, auch dieses, sind inzwischen vernichtet.

Es gab auch ein Reading mit ihr und meinem Sohn, was sich im Nachhinein eher als Reading für mich herauskristallisierte. Dabei ging es vor allem um das Herz meines Sohnes, das ich bewachen würde und beschützen wollte. Das könnte ich nicht ein ganzes Leben lang. Mein Sohn starb im Oktober 2019 an Herzversagen. Hat ‚die Dame‘ das damals schon gesehen?

Über weitere Ereignisse mit ‚dieser Dame‘ ein anderes Mal mehr. Es gibt so vieles zwischen Himmel und Erde, dessen wir uns nicht bewusst sind.