Der Monat trieft aus Poren und Ritzen.
Verlangsamtes Leben durch Hitze und Schweiß.
Ich kann ihn nicht leiden, will nicht mehr schwitzen.
Wo ich die Kühle suche, ist‘s heiß.
Die Wiese verbrennt, besonnt und verdorrt,
wie durch ein Brennglas trifft es die Welt.
Die Winde sind warm, die Schatten fort.
Wer hat diese Jahreszeit bestellt?
Fast tröstlich, der Gedanke an Eis –
wie ein Tropfen auf den heißen Stein!
Ein Regentanz im heil’gen Kreis -
könnte vielleicht der Retter sein.
Egal, ich tanz nicht. Ich tu‘ lieber nichts.
Bewegen verboten! Ergeb‘ mich der Zeit.
Man dümpelt so hin, als Opfer des Lichts.
Die elende Wärme – ich bin sie so leid!
Der Sommer bäumt sich auf,
als wär’s das letzte Mal
an dem er Trost und Licht sein kann;
denn trotz August im Jahreslauf,
trägt Sonnenlicht gedämpften Strahl,
wie auch der Herbst ihn bringt alsdann.
Die Vögel schweigen ringsumher,
umflattern uns mit Schauer;
er trägt den Hauch von Ewigkeit,
die uns den Todesbecher reicht -
nichts ist von langer Dauer.
Alles geht fort! – Verlassensein
durchstreift die alten Glieder.
Man dreht sich um und ist allein,
die Nächsten gehn - kein Blick zurück,
sie kehren nie mehr wieder.
Das Jahr geht ohne Wiederkehr,
wie alle, die gegangen;
die um mich lebten, sie sind hier -
gedanklich einen Steinwurf weit,
von Dunkelheit umfangen.
Nun hebt das Jahr die Sense hoch und mäht die Sommertage wie ein Bauer. Wer sät, muss mähen. Und wer mäht, muss säen. Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.
Stockrosen stehen hinterm Zaun in ihren alten, brüchigseidnen Trachten. Die Sonnenblumen, üppig, blond und braun, mit Schleiern vorm Gesicht, schaun aus wie Frau’n, die eine Reise in die Hauptstadt machten.
Wann reisten sie? Bei Tage kaum. Stets leuchteten sie golden am Stakete. Wann reisten sie? Vielleicht im Traum? Nachts, als der Duft vom Lindenbaum an ihnen abschiedssüß vorüberwehte?
In Büchern liest man groß und breit, selbst das Unendliche sei nicht unendlich. Man dreht und wendet Raum und Zeit. Man ist gescheiter als gescheit, – das Unverständliche bleibt unverständlich.
Ein Erntewagen schwankt durchs Feld. Im Garten riecht’s nach Minze und Kamille. Man sieht die Hitze. Und man hört die Stille. Wie klein ist heut die ganze Welt! Wie groß und grenzenlos ist die Idylle …
Nichts bleibt, mein Herz. Bald sagt der Tag Gutnacht. Sternschnuppen fallen dann, silbern und sacht, ins Irgendwo, wie Tränen ohne Trauer. Dann wünsche Deinen Wunsch, doch gib gut acht! Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.
Erich Kästner (1899-1974)
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