Frühlingstraum

Frühling in Oberweimar – Johann Carl Buchholz (1849-1889)

Mit tausend Blütenblättern
hast du über Nacht
ein weißes Leuchten in die Welt gebracht.
Des süßen Kernes lockender Genuss
strömt in den lauen Tag –
ein stiller Gruß
von aller höchster Stelle,
denn von der Himmelsschwelle
leert Gott ein Füllhorn aus,
und die Natur,
sie malt mit bunten Farben
ein duftig‘ Frühlingsbild daraus.

Frühlingsspur

Edward Emerson Simmons ((1852-1931) – Frühling

Über die Schultern der Natur
schmiegen sich seidige Lüfte.
Blüten entlang der Frühlingsspur
beherrschen die lockenden Düfte.

Tulpenspitzen, verborgen im Grün,
wachsen und warten auf Sonne.
Öffnen die Krokusse in der Früh,
hinwendungsvoll, voller Wonne.

Rotkehlchen hinter Heckengesträuch
zwitschern die ersten Weisen.
In jedem Baum ein reges Geräusch,
es singen die Lauten und Leisen.

Die Meisen fliegen in Scharen umher,
erfreun sich am Nestbau im Grünen.
Manch‘ Zweiglein und vieles mehr
muss bald den Brütenden dienen.

Neue Brut schlüpft und wächst heran;
die Raben wollen sie holen.
Bei deren Suche wird sicher dann,
mancher Nestling gestohlen.

Wie bei Bäumen die Blüten verwehen,
zu tausenden fruchtlos verderben,
wird manches frühe Leben vergehn
und zum Nutzen anderer sterben.

Erwachtes Leben hilft uns verstehen,
das ständige Aufwärtsstreben.
Ein Werden, Blühen und Vergehen,
wie des Frühlings ewiges Geben.