Leichtigkeit

Julien Dupré (1851-1910)
Abgehärtet durch das schwere Tragen
mancher Krisen, die hier Wunden schlugen,
war des Bauern Hand in alten Tagen,
als sie sich durch Dornenfelder gruben.

Gegen Stein und Disteln mussten kämpfen,
all die Arbeitsamen, die die Äcker bauten;
Schwielen, die die Schmerzempfindung dämpften,
wenn sie ihre Hände in die Dornen tauchten.

Spürten nicht einmal die tiefen Stacheln
und die Nesseln, wie sie ätzend bissen;
nahmen nicht so schwer des Krieges Krachen,
wenn die Bomben große Krater rissen.

Sensibler Mensch – auch heute trägst du Sorgen,
verletzlich kannst du Leben kaum ertragen;
geistig gereift sind deine Hände weich geworden,
leicht bluten sie an dornenreichen Tagen.

Seelengeformtes Schicksal deiner Stunden,
trage mit Leichtigkeit des Daseins Los;
lege Gelassenheit auf deine Wunden,
lass sie die Schwiele sein, die Schmerz verschloss.

Klang der Glocken

Bild von Paul Henri Degrande auf Pixabay
Es beginnt der Tag im Klang der Glocken,
der so bronze-tönig schwebt durchs Land.

Altvertraut will er die Zweifler locken,
wie den Sucher, der hier Wahrheit fand.

Seht die Türme, wie sie aufwärts weisen,
Kreuz oder Hahn, sie pochen auf ihr Sein;

höher, mächtig, um den Himmel kreisend,
zog der Papst als Macht auf Erden ein.

Kirchen, die erbaut aus schweren Steinen,
ins Licht geführt durch heil’ge Fensterkunst,

sakral verschlossen, wie das streng Geheime,
um das Brimborium priesterlichen Tuns.

All die Materie wird in Gräber sinken,
die Kraft des Geistes bleibt in Ewigkeit.

Er geht nicht unter, in den Erdengründen,
wie Jesus einst, denn geistig ist sein Leib.

Die Schaukel

An einer alten Wäschestange,
baute sie Vater, gar nicht lange,
so, gut vertäut an großen Haken,
konnte ich’s schließlich kaum erwarten,
das Sitzbrett unter’n Po zu schieben,
nach kurzem Zögern wollt ich fliegen.

Die Schatten huschten an den Giebeln,
es spukten Bilder an den Ziegeln
der Nachbarhäuser, auf und nieder,
mit jedem Wiegen sah ich’s wieder,
spürte in meinem Kindersinn,
dass ich ganz nah dem Himmel bin.

Ich schwang dem Schattenbild entgegen,
genoss das Fliegen und das Schweben,
mal vorwärts und mal hintenüber,
war ganz verträumt und schloss die Lider,
um eins zu sein mit Zeit und Wind,
war glücklich, wie‘s nur Kinder sind.

In unsrer kurzen Lebenszeit
gibt Freude schwebend Leichtigkeit
im Fallen und im Steigen,
wenn sich die Schatten neigen,
durchfliegen wir das Sein im Wind,
hinauf, hernieder wie ein Kind.