Gedankenbote

Raphael – Sixtinische Kapelle

Bin der Gedankenbote,
kein Wenn und Aber füg’ ich ein,
sende in ausgeglich’nem Lote,
Ideen mal in groß, mal klein.

Bin der Geschichtenschreiber
von allerhöchster Stelle,
ein wortgewandter Treiber,
mal langsam und mal schnelle.

Bin Morgenstund-Erzähler,
zum Abend stimme ich dich ein,
will Freude, niemals Quäler,
deiner Gedankenvielfalt sein.

Das Denken, trüb und heiter,
geht auf die Weltenreise,
rinnt durch dein Hirn und weiter
hinaus auf deine Weise.

Leere Blätter

Foto: Pixers.de

Du leeres Blatt,
du ziehst mich an…
dein Bild,
mit Zeichen dich zu füllen,
die innere Lust zu stillen,
zu schauen,
wie sich die Fläche langsam füllt,
so wie ein Lebensbild,
wenn die Konturen stärker noch
die Schatten heben.

Wie punktgenau, fast unsichtbar,
die Zeichen rannen
und mittels Geisteskraft
aufs Blatt gelangten!

Buchstabenreihen
tragen Inhalt in schwachen Momenten,
fordern schriftlich Konsequenzen,
weil komplizierte Wirkungsweisen
gedanklich Lücken reißen
und innerlich befreien.

Kann durch Schreiben und Lesen die Welt genesen?

Die Kunst des Schreibens

Aus dem Poesiealbum meiner Mutter
„Lass die Winde stürmen auf der Lebensbahn/Ob die Wogen türmen gegen deinen Kahn/Schiffe ruhig weiter, wenn der Mast auch bricht/Gott ist dein Begleiter, er verlässt dich nicht.“

Als Blatt Papier, beschrieben sein,
mit bunt bemalten Bildern glänzen,
mit schöner Schrift, gebleicht und fein,
das Leben wortreich zu bekränzen.

Dort, wo der Bleistift korrigiert,
in tristem Grau das falsche Wort,
setzt sich das Schreiben Hand geführt,
als Sinnbild des Charakters fort.

Wenn Stift durch Feder übernommen,
wenn bleibend wird, was unreif war,
in Schrift und Bild ist es vollkommen,
die inn’re Ordnung stellt es dar.

Tintenfass und Gänsekiel
haben heut leider ausgedient,
die schnelle Zeit, sie fordert viel,
selbst unsre Kulis sind ‚vermint‘.

Druckautomatik ‚spricht in Bänden‘,
die Handschrift wird längst abgewöhnt.
Die Schrift, als Kunst von Hirn und Händen,
gilt als Vermächtnis Gold gekrönt!