Abendglocken

Adolf Luben (German, 1837–1905)
Wenn sich zu abendlicher Stunde
der Glocke Klang vom Turme schwingt,
hinaus getrieben in die Welt,
die sich verhüllt im Abendwind,

dann gurren Tauben auf dem Dache,
der Falke zieht die Kreise dichter
und in den Häusern, nah dem Bache,
erleuchten erste traute Lichter. 

Nur das Geläut tönt durch die Reihen,
lädt ein mit Predigt und Gesang;
das Volk erscheint im frommen Schweigen,
zur Abendmesse geht ihr Gang. 

Scheu gilt ihr Blick den Heimgegangnen,
die hier in ihren Gräbern ruhen;
spüren die wandermüden Füße,
in frisch polierten guten Schuhen. 

Sie huschen auf die Kirchenbänke,
von wo sie still der Andacht lauschen,
sie singen, was sie stets gesungen,
gemeinsam mit der Orgel Rauschen. 

Windig streicht ein frisches Lüftchen,
in der Linde düstern Zweigen,
aus der Kirche Himmelsspeise
nehmen sie nach Haus und schweigen.

Haben nichts als leere Hände,
denn das Brot ist auf und teuer,
doch dem Priester schmeckt der Braten -
wohlgenährt sitzt er am Feuer. 

Autor: Gisela

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