Kornblumen

Der Sonntagsspaziergang – Carl Spitzweg (1808-1885)

Blaues Blümlein zwischen den Ähren,
wo du mit Mohn im Sonnenlicht verwoben,
warst einst der Preußen Lieblingswildkraut auf dem Felde;
gar königlich die Häupter, die du kränztest.

Wo die Insektenvielfalt Lebensräume schuf auf Feldern,
die golden glänzten und im Winde wogten,
flocht die Natur der Blumen Buntheit ein,
wie Malerei von einst, die mit gekonnten Pinselstrichen
des Künstlers Schau für all die Städter bannte,
die Felder nur erträumten und deren süße Pracht
den Mägen und den Augen Nahrung bot.

Vergangen ist die Zeit und die Romantik ist vertrieben,
wie die Insektenvielfalt auf den Feldern.

Windet man heut noch Kränze, ein Geflecht aus Korn und Blumen?
Welches Haupt empfände schmückend solch profane Dinge?

Der Mann hat seinen hohen Rang verlassen,
wo er geschlechtsneutral zu Buche stand;
längst aus der Mode kam die Weiblichkeit,
heut steht sie lieber gendernd ihren Mann.

Obwohl nur Korn gefüllte Felder Nahrung bringen,
wird alles blumenlos und unromantisch sein.

Quelle: Pinterest

Rosenzeit

Love among the ruins – Sir Edward Coley Burne-Jones (1833-1898)
In der Zeit, in der die Rosen blühten,
blühte auf in meinem Herzen, sehnsuchtsvoll,
ein Gedanke, trunken noch von Mythen,
die mit falschem Denken überhöht das Soll. 

Tief in mir begann ein wehes Sehnen,
ein Begehren nach dem Unbekannten,
das romantisch klang in mir, in Tönen,
die ich stets belacht bei Artverwandten. 

Und mein Ohr, es lauschte Nachtigallen,
die mit Inbrunst in den Abend sangen;
flog mit ihnen durch die Rosenhallen,
deren alte Mauern von der Liebe sangen. 

Sind so lange her, die fernen Stunden,
und die Paare, die hindurchgegangen,
haben hier ein kurzes Glück gefunden,
fern von aller Welt, im Traum verfangen.

Rosen blühten, doch die harten Dornen 
drangen tief und mahnend bis zum Herzen.
War doch nur ein Traum, ein Seelenformen,
brachte mir die klare Sicht mit Schmerzen. 

Lang schon gilt mein Sehnen Dingen,
die meine Seele und mein Herz erfreuen.
Ich fand mich selbst im steten Ringen -
Liebe heißt wachen im ewigen Sein. 

Ferne Zeiten

Albert Samuel Anker (1831 -1910)
Berauscht von der Vergangenheit
und Träumerei so mancher Stunde,
wo die Romantik ferner Zeit
erfüllte jede traute Runde.

Von Fern geseh‘n scheint alles gut,
so sauber und gediehen,
mit unschuldsreinem leichtem Blut
scheint dieses Bild zu fliehen. 

Die Erdenbürger überwanden,
vom Muss getrieben, Leid und Pein.
Gebunden in des Tagwerks Banden,
schlich sich so mancher Notstand ein.

Die Männer fielen in den Kriegen,
wo keiner Sieger war, nur tot. 
Die Frauen kämpften um die Kinder,
bettelnd um jedes Stückchen Brot.

Ihr Erdenkleid, zu Staub verweht,
die Qualen sind verwunden,
und doch erlebt so mancher Geist
astrale Weltenstunden. 

In jedem Haus, in jedem Schmuck,
schlägt Puls der alten Zeiten,
ihr Dasein fühl ich und der Druck
will Demut mir bereiten. 

Nachtglocken

Carl Spitzweg (1808-1885)- Das Ständchen
Die Glocken klingen in der Ferne,
sie läuten schon den Sonntag aus;
am Himmel stehen erste Sterne,
die Stille zieht in Stadt und Haus.

Der Lampen Licht fällt durch die Scheiben,
wirft Schatten auf die leeren Straßen,
und es beginnt das bunte Treiben
im fahlen Mondlicht zu verblassen.

Wo Tag war, herrscht nun Dunkelheit;
der Wind, er schaukelt sanft die Welt,
Gott hat für unsre Schlafenszeit
die Uhren langsamer gestellt.

Die Englein singen Wiegenlieder,
du hörst sie, wenn’s ganz stille ist;
sie schwingen sanft zu uns hernieder,
damit das Dunkel heller ist.