Nun gibt der Herbst dem Wind die Sporen. Die bunten Laubgardinen wehn. Die Straßen ähneln Korridoren, In denen Türen offen stehn.
Das Jahr vergeht in Monatsraten. Es ist schon wieder fast vorbei. Und was man tut, sind selten Taten. Das, was man tut, ist Tuerei.
Es ist, als ob die Sonne scheine, Sie lässt uns kalt. Sie scheint zum Schein. Man nimmt den Magen an die Leine. Er knurrt und will gefüttert sein.
Das Laub verschießt, wird immer gelber, Nimmt Abschied vom Geäst und sinkt. Die Erde dreht sich um sich selber. Man merkt es deutlich, wenn man trinkt.
Wird man denn wirklich nur geboren, Um, wie die Jahre, zu vergehn? Die Straßen ähneln Korridoren, In denen Türen offen stehn.
Die Stunden machen ihre Runde. Wir folgen ihnen Schritt für Schritt Und gehen langsam vor die Hunde. Man führt uns hin! Wir laufen mit.
Man grüßt die Welt mit kalten Mienen. Das Lächeln ist nicht ernst gemeint. Es wehen bunte Laubgardinen. Nun regnet’s gar. Der Himmel weint.
Man ist allein und wird es bleiben. Ruth ist verreist, und der Verkehr Beschränkt sich bloß aufs Briefeschreiben. Die Liebe ist schon lange her!
Das Spiel ist ganz und gar verloren. Und dennoch wird es weitergehn. Die Straßen ähneln Korridoren, In denen Türen offen stehn …
Wenn der Regen niederbraust, wenn der Sturm das Feld durchsaust, bleiben Mädchen oder Buben hübsch daheim in ihren Stuben. Robert aber dachte: Nein! Das muss draußen herrlich sein! Und im Felde patschet er mit dem Regenschirm umher.
Hui, wie pfeift der Sturm und keucht, dass der Baum sich niederbeugt! Seht! Den Schirm erfasst der Wind, und der Robert fliegt geschwind durch die Luft so hoch, so weit. Niemand hört ihn, wenn er schreit. An die Wolken stößt er schon, und der Hut fliegt auch davon.
Schirm und Robert fliegen dort durch die Wolken immerfort. Und der Hut fliegt weit voran, stößt zuletzt am Himmel an. Wo der Wind sie hingetragen, Ja, das weiß kein Mensch zu sagen.
Kinderbuch von:
Obwohl das Kinderbuch heutzutage zur ’schwarzen‘ Pädagogik gehört, war es noch zu meiner Zeit ein Mittel der Erziehung. Bereits mit vier Jahren konnte ich es auswendig. Es war Angst machend und doch spannend zu gleich. Ich habe mich in vielen Geschichten wiedergefunden.
Ihr und die Dummheit zieht in Viererreihen In die Kasernen der Vergangenheit. Glaubt nicht, dass wir uns wundern, wenn ihr schreit. Denn was ihr denkt und tut, das ist zum Schreien.
Ihr kommt daher und lasst die Seele kochen. Die Seele kocht und die Vernunft erfriert. Ihr liebt das Leben erst, wenn ihr marschiert, Weil dann gesungen wird und nicht gesprochen.
Ihr liebt die Leute, die beim Töten sterben. Und Helden nennt ihr sie nach altem Brauch; denn ihr seid dumm und böse seid ihr auch. Wer dumm und böse ist, rennt ins Verderben.
Ihr liebt den Hass und wollt die Welt dran messen. Ihr werft dem Tier im Menschen Futter hin, Damit es wächst, das Tier tief in euch drin! Das Tier im Menschen soll den Menschen fressen.
Ihr möchtet auf den Trümmern Rüben bauen Und Kirchen und Kasernen wie noch nie. Ihr sehnt euch heim zur alten Dynastie Und möchtet Fideikommiss Brot kauen.
Ihr wollt die Uhrenzeiger rückwärts drehen Und glaubt, das ändere der Zeiten Lauf. Dreht an der Uhr! Die Zeit hält niemand auf! Nur eure Uhr wird nicht mehr richtig gehen.
Wie ihr’s euch träumt, wird Deutschland nicht erwachen. Denn ihr seid dumm und seid nicht auserwählt. Die Zeit wird kommen, da man sich erzählt: Mit diesen Leuten war kein Staat zu machen!
Heute geht es uns gut! Jeder erhält im Notfall Sozialleistungen und muss nicht verhungern. Viele jammern trotzdem und wählen aus Frust die ‚blaue‘ Partei. Das wäre ein Rückschritt in die Vergangenheit. Ich kann den Menschen immer nur vor Augen halten, wie es damals war. Die Fremdenfeindlichkeit ist leider geblieben, obwohl im Urlaub alles anders zu sein scheint.
Als Anschluss an meinen letzten Beitrag über die Weltwirtschaftskrisen
Jiddische Lieder – Zupfgeigenhansel
Text und Komposition: Mordechaj Gebirtig (1877-1942) Am 4. Juni 1942 wurde er bei einer Aussiedlungsaktion zusammen mit seinem Künstlerkollegen, dem Maler Abraham Neumann, im Krakauer Ghetto auf offener Straße von einem deutschen Besatzungssoldaten erschossen.
Ejns, Tswej, Draj, Fir, Arbetlose senen mir, (wir sind die Arbeitslosen) Nischt gehert chadoschim lang (seit Monaten haben wir nichts mehr gehört) In farbrik dem hammer-klang, (der Klang der Hämmer in der Fabrik) ‚S lign kejlim kalt, fargesn, (Werkzeuge liegen kalt und vergessen) ‚S nemt der sschawer sej schoj fresn (Am Ende wird der Rost sie auffressen) Gejen mir arum in gas, (Wir schlendern durch die Straßen) Wi di gewirim pust-un-pas, (wie wichtige Leute, die herumtrödeln.) Wi di gewirim pust-un-pas. (wie wichtige Leute, die herumlungern.)
Ejns, Tswej, Draj, Fir, Arbetlos senen mir, (wir sind die Arbeitslosen) On a beged, on a hejm, (ohne Kleidung, ohne ein Zuhause) Undser bet is erd un lejm, (unser Bett ist Erde und Schlamm) Hat noch wer wos tsu genisn (Wenn jemand noch was zu essen hat) Tajt men sich mit jedn bisn, (wir teilen jeden Bissen davon) Waser wi di g’wirim wajn (Wasser, wie die reichen Leute mit Wein) Gisn mir in sich arajn, (wir gießen in uns hinein) Gisn mir in sich arajn. (wir gießen in uns ein)
Ejns, Tswej, Draj, Tanne, Arbetlose senen mir, (wir sind die Arbeitslosen) Jorn lang gearbet, schwer, (Wir haben jahrelang hart gearbeitet) Un geschaft alts mer un mer, (immer mehr und mehr bauen) Hajser, schleser schtet un lender (Häuser, Paläste, Städte und Länder) Far a hojfele farschwebder. (für einen Haufen verlorener Kinder) Unser lojn derfar is woa? (was ist unser Lohn dafür?) Hunger, nojt un arbetlos, (Hunger, Bedürftige und Arbeitslose!) Hunger, nojt un arbetlos. (Hunger, Bedürftige und Arbeitslose!)
Ejns, Tswej, Draj, Fir, Ot asoj marschirn mir, (und darum marschieren wir) Arbetlose, trit noch trit, (Arbeitslose, Schritt für Schritt) Un mir singe sich a lid (und wir singen uns ein Lied) Fun a Land, a weit a naje, (von einem neuen Land, einer neuen Welt, einer neuen) Wu es lebn mentschn fraje, (wo freie Menschen leben) Arbetlos is kejn schum hant, (Niemand ist mehr arbeitslos) In dem najen fajen land, (im neuen freien Land) In dem najen fajen land. (in dem neuen freien Land)
Nun hebt das Jahr die Sense hoch und mäht die Sommertage wie ein Bauer. Wer sät, muss mähen. Und wer mäht, muss säen. Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.
Stockrosen stehen hinterm Zaun in ihren alten, brüchigseidnen Trachten. Die Sonnenblumen, üppig, blond und braun, mit Schleiern vorm Gesicht, schaun aus wie Frau’n, die eine Reise in die Hauptstadt machten.
Wann reisten sie? Bei Tage kaum. Stets leuchteten sie golden am Stakete. Wann reisten sie? Vielleicht im Traum? Nachts, als der Duft vom Lindenbaum an ihnen abschiedssüß vorüberwehte?
In Büchern liest man groß und breit, selbst das Unendliche sei nicht unendlich. Man dreht und wendet Raum und Zeit. Man ist gescheiter als gescheit, – das Unverständliche bleibt unverständlich.
Ein Erntewagen schwankt durchs Feld. Im Garten riecht’s nach Minze und Kamille. Man sieht die Hitze. Und man hört die Stille. Wie klein ist heut die ganze Welt! Wie groß und grenzenlos ist die Idylle …
Nichts bleibt, mein Herz. Bald sagt der Tag Gutnacht. Sternschnuppen fallen dann, silbern und sacht, ins Irgendwo, wie Tränen ohne Trauer. Dann wünsche Deinen Wunsch, doch gib gut acht! Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.
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