Kindheitstrauma

Felix Schlesinger (1833-1910)
Ich überflog in meinen Träumen
die dichten Hagebutten-Hecken,
saß unter Kirsch- und Apfelbäumen,
an vielen lieb gewordenen Ecken.

Bemooste Dächer unsres Hauses -
uralt die Schindeln auf den Sparren;
wo Spatzen unterm Giebel hausten,
hör‘ noch die Dielenböden knarren.

Klein war ich, nahm noch alles hin,
was vorgelebt mein Dasein prägte.
Nichts Übles kam mir in den Sinn,
wenn niemand die Kaninchen pflegte.

Saß auf dem grauen Leiterwagen,
den Vater zog bis in den Bruch,
wir pflückten Gras und Löwenzahn
bis sie geschlachtet, fett genug.

Saßen in viel zu engen Ställen,
auf ihrem Kot mit feuchten Füßen,
bis Vater sie nach langem Quälen
mit ‚Fangschlag‘ hat erlösen müssen.

Ein Trauma ist es mir geworden,
als „Hansi“ an den Pfosten hing,
ließ meiner Kindheit Liebe morden,
bis mir der Appetit verging.

Autor: Gisela

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