von Rainer Maria Rilke (1875-1926) Interpret: Ben Becker
Text:
Ich will leise Träume träumen Und mit ihrem Glanz wie mit Ranken meine Stube schmücken zum Empfang Ich will den Segen Deiner Hände auf meinen Händen und meinem Haar in meine Nacht mitnehmen Ich will nicht zu den Menschen reden Damit ich den Nachklang Deiner Worte (der wie ein Schmelz über den meinen zittert und ihren Klang reich macht) Nicht verschwende und ich will nach der Abendsonne in kein Licht mehr sehen Um am Feuer Deiner Augen tausend leise Opfer zu entzünden… Ich will aufgehen in Dir Wie das Kindergebet im lauten jauchzenden Morgen Wie die Rakete bei den einsamsten Sternen Ich will Du sein
Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr, sind ihre Wege auch schwer und steil. Und wenn ihre Flügel dich umhüllen, gib dich ihr hin, auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert dich verwunden kann. Und wenn sie zu dir spricht, glaube an sie, auch wenn ihre Stimme deine Träume zerschmettern kann wie der Nordwind den Garten verwüstet. Denn so, wie die Liebe dich krönt, kreuzigt sie dich. So wie sie dich wachsen lässt, beschneidet sie dich. So wie sie emporsteigt zu deinen Höhen und die zartesten Zweige liebkost, die in der Sonne zittern, steigt sie hinab zu deinen Wurzeln und erschüttert sie in Ihrer Erdgebundenheit. Wie Korngarben sammelt sie dich um sich. Sie drischt dich, um dich nackt zu machen. Sie siebt dich, um dich von deiner Spreu zu befreien. Sie mahlt dich, bis du weiß bist. Sie knetet dich, bis du geschmeidig bist; Und dann weiht sie dich ihrem heiligem Feuer, damit du heiliges Brot wirst für Gottes heiliges Mahl. All dies wird die Liebe mit dir machen, damit du die Geheimnisse deines Herzens kennen lernst und in diesem Wissen ein Teil vom Herzen des Lebens wirst…
Khalil Gibran (* 6. Januar 1883 als Gibrān Khalīl Gibrān bin Mikhā’īl bin Sa’ad arabisch جبران خليل جبران, DMG Ǧibrān Ḫalīl Ǧibrān in Bischarri, Osmanisches Reich, heute Libanon; † 10. April 1931 in New York
Die weite Welt ist nun zur Ruh’ Das Mondlicht kommt verstohlen und küsst die müden Augen zu. Schatten kommen, so kommst auch Du schwebend auf leichten Sohlen.
Noch fühl ich das Beben in deiner Hand, als wir im Sommer schieden. Der Winter kam und der Winter schwand; ich wand’re im fernen, fremden Land und finde nimmer den Frieden.
Wie seh’ ich dein Auge leuchtend klar und Tränen darin stehen! Ich weiß nicht, wie es geschehen war, das aber weiß ich immerdar, dass Leides uns geschehen.
Die ganze Seele füllt’ ich dir aus, Wärest du jetzt mein eigen; Doch du schlummerst fern im grünen Haus, Nachtfalter flattern herein, heraus, Und im Garten wandelt das Schweigen.
Aus „Werthers Leiden“ von Johann Wolfgang von Goethe
Was soll ich schreiben, frag’ ich mich so oft, wenn ich das leere, weiße Blatt betrachte, und kommen die Gedanken wie erhofft, dann sind sie Ursprung dessen, der sie brachte.
Sind wie ein Blitz in meinem Kopf, spontan und voller Willkür – fremde Worte, als packte mich Vergangenes beim Schopf, vermittelt vom geheimen Musen-Orte.
Es füllen sich die Seiten, wie die Stunden, mit Sätzen; formen sich zu Reimen aufs Papier, und in zig Tausenden von flüchtigen Sekunden, verbinde ich mich still im Vers mit Dir.
Carl Friedrich Lessing 1808-1880, Der Abschiedskuss der Sonne von der Erde
Noch hängt der Sonne Schimmer im Geäst der trunknen Bäume; wie offne Hände ausgebreitet liegt das Land. Im Farbenspiel der Blätter spinnen goldne Träume, ein blauer Hauch webt an des Waldes Rand.
Wie lieb ich euch, ihr wehmutsvollen Tage, erfüllt von stiller Festlichkeit und Glanz. Nur in des Waldes Schatten tönet eine Klage mild lächelnd webet ihr des Sommers Totenkranz.
Und selig ist es – heiter so zu gehen, wenn uns kein Wunsch mehr bindet an die Welt. Noch einmal dankend grüßen – dann verwehen die stillen Tage – bis ein Nebel fällt.
Über allen Gipfeln ist Ruh‘, in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch; die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde ruhest du auch.
Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832
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