Herbstschauer

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Verflüchtigt sind Tränen des Taus, der Blüten wie Perlen genässt;
kein Singen im trocknen Geäst, die Nester leer, 
und Manche sammeln sich schon jetzt zur Reise ohne Wiederkehr.

All die, die im Lichtstrahl erblühten, verglühten im sengenden Strahl,
Brunnen und Himmel versiegten, welk drückte des Sommers Qual.
 
Umhaucht von heißer Luft, der Schmuck weiter Fluren verschwand, 
Schatten auf Sonnenuhren, Hitzeflimmern über dem Land.

Die Königin samtener Blüten – Rose, die gerade erwacht,
sie welkt dahin in den Gärten, ergibt sich der langen Nacht. 

Öde sein wird es im Garten, schauernd erbebt das herbstliche Nah’n.
Still wird’s dann sein auf Erden, nur der Wind treibt die Stürme voran. 

Herbstliches Licht

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Der Mensch kämpft sich durch letzte Sommertage -
die Sonne schneidet tief, mit heißer Klinge;
drückend verweht im Nichts die Hoch-Zeitlage
und reicht dem Herbst den Schlüssel zum Gelingen. 

Bald schiebt der Himmel Schattenwände zu
und über letzte Rosenblüten treibt der Wind;
bald findet kühl umhüllt so mancher Ruh,
und Regen macht die Fensterscheiben blind. 

Gemüter, die so gerne Blumen pflegen,
werden dann ruhen und auf Astern sehen,
die neben Heidepflanzen, Sturm und Regen,
den Übergang zum Dunkel überstehen. 

Schon bald wird neuer Wind von Norden wehen,
treibt vor sich her, was längst vergangen ist;
er scharrt um sich die Blätter auf den Wegen
und tritt verjüngt ins herbstlich kühle Licht. 

Herbstschatten

Bertha Wegmann (1847-1926)
Der Sommer geht, man lässt ihn ziehen,
das Leben will in die Herbstzeit entfliehen;
kaum gekommen, mit Frohsinn und Tanz,
ist bald verronnen, der wärmende Glanz.

Schon losgelassen auf herbstlichen Straßen,
der Wind des Vergessens, des Gehenlassens.
Ein fröstelndes Auf-sich-selbst-Besinnen,
lässt mit Kühle die Jahreszeit beginnen.

Sonne, gedimmtes Licht, hell wie Kerzen,
zügelt das heiße Blut in den Herzen.
Gleich einem Docht, der zu Ende brennt,
schließt der Sommer plötzlich sein luftiges Hemd. 

Verschlossen liegt es, in der Tiefe der Zeit,
doch sie zeigt, dass das Schöne ist und bleibt.
Bald sehen wir Buntheit auf Weg und Rabatten,
der Welt verhüllter, vergänglicher Schatten. 

So seh‘ ich das Ende meines Strebens -
fällt wie welkes Laub vom Baum des Lebens.
Hat er geblüht? Sind meine Hände leer? 
Den Wanderstab, der oft zum Gehen schwer,
geb ich zurück, mit ihm mein altes Kleid,
geh zeitbefreit durch’s Tor der Ewigkeit. 

Herbststimmung

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Wenn die Sonne nicht mehr scheinen will,
steht der Antrieb unsres Handelns still.

Die Natur zieht auf mit Wolkentürmen,
Regen wird das trockne Land erstürmen.

Wo der forsche Wind durch die Alleen weht,
werden grüne Wipfel wie im Tanz bewegt,

und der Herbst singt seine bunte Melodie,
„Abschied“, klingt im Blätterrauschen, irgendwie,

tragen das vergang‘ne Jahr im Blattgewand,
wenn sich Morgendunst im ersten Nebel band.

Frühlingshaft sind junge Menschenleben,
ganz von ungestümer Lebenslust umgeben,

doch bereits im blumenvollen Lenze,
bindet man des Herbstes letzte Kränze.

Wenn bei wilden Stürmen, nassem Wetter,
lichten sich die Zweige, fallen Blätter;

muss bei jedem müden Niedersenken,
an das Sterben von Natur und Menschen denken.

Sommerspaziergang

An einem Sommertag, der längst vergangen,
an dem ich einsam durch die stillen Wiesen schritt, vernahm
ich Laute hinter mir, die wie ein Wispern mit dem Winde flogen,
und jedes Mal, wenn ich die weite Stätte überblickte,
war außer meinem Schatten niemand dort,
kein Unbekannter, der mich schreckte, kreuzte meinen Weg.

Und als ich weiter ging, vorbei an bunten Auen,
da senkten dunkle Tannen ihre Zweige wie zum Gruße.
Ihr dunkles Grün verneigte sacht sich unter milden Winden,
und wie im Spiele tanzten die Libellen an den Teichen.
Da raunte mir ein Säuseln, wie aus fernen Welten, durch die Äste,
und wie ein leises Flüstern ging es hoch durch alle Wipfel.

Nun hielt ich inne, lauschte in die angenehme Stille,
benommen noch von all’ den süßen Blütendüften,
und um mich wob ein herrlicher Altweibersommer,
in dem die Spinnentiere lautlos ihre Netze spannten,
und eine süße Schwere lag schon auf den Reben,
die voll des edlen Saftes an den Stöcken hingen.

Die Welt lag wie ein großer, bunter Garten,
so weit, bis lichter Horizont das Blau des Himmels küsste,
und als das Sonnenglühn die Felder golden malte,
da glaubte ich erneut, den schnellen Schritt zu hören, hinter mir.
Doch wieder ging mein Blick zurück ins Leere.
Geheimnisvoll, das Blätterrauschen in den Sträuchern!

Was war das für ein Flüstern in den Hecken?
Erst klang es fremd, dann rätselhaft vertraut.
Der Mais trug in der Sonne schwer an seinen Kolben;
wie goldene Meere wogten weite Ährenfelder mit dem Winde.
Die Drossel sang zum Abschied mir ein Lied vom Abend,
und üppig rankte Efeu an den alten Stämmen.

Die schwere Luft vibrierte, heiß, mit Hitzeflimmern
und lauter wurden Flüstern und die Schritte.
Ein fernes Raunen drang wie dumpfes Donnergrollen, und
eine leise Ahnung kreuzte meinen Weg auf seiner Mitte.
Was folgte mir, verborgen, doch so gegenwärtig?!
Wird es in Schönheit mir erscheinen oder gar mit Grausen?

Bedächtig ging ich durch die Auen an das Flüsschen,
vorbei an feuchten Ufern in das Abenddämmern.
Die ferne Glocke läutete zur Andacht wie in all den Jahren,
sie trug mir wohlbekannte Töne in die graue Stunde.
Und als die Stadt schon nah, da war der Tag verschwunden,
doch er, der Unsichtbare, folgte ihm mit eil’gen Schritten. –

Es war der Herbst! – Trug kühlen Abendwind in unser Städtchen
und trieb die ersten braunen Blätter auf die Wege.
Das satte Grün – schon bald wird es sich wandeln!
Und die Natur, sie wartet müd’, mit früchteschweren Zweigen.
So ist mit einem Mal der letzte Sommertag vergangen,
und ich ging nachdenklich dem Herbst entgegen.

Schon bald

Vincent Willem van Gogh (1853-1890) – Krähen über Weizenfelder

Das Zwitschern in den Zweigen ist verstummt,
die Krähen kreisen schreiend übers Feld,
als in der Frühe unkenntlich vermummt,
der Herbst gekrochen in die Sommerwelt.

Vorboten stehn schon lange stumm bereit;
bald fahren Schnitter übers weite Land,
sammeln die reifen Ähren dieser Zeit,
lösen der Sonne heißes Zeitenband.

Kurz scheint der Sommer, regennass und kühl,
die Leichtigkeit des Seins, sie geht dahin.
Herbstliches Licht nimmt manches Hochgefühl,
bald wird aus Sommerende Herbstbeginn.

Windgötter

Sandro Botticelli (1445-1510) – Die Geburt der Venus

In Windeseile hingerafft,
was Menschenhand mit Müh gemacht,
dem Dasein abgerungen;
er bläst mit wilden Zungen.

Die physikalisch dichten Kräfte,
entblößen wirbelnd ihre Mächte,
zerstören Weltengärten –
Äolus und Gefährten.

Was Energie zu Boden drückt,
macht aus dem sommergrünen Glück
verwelkte Endlichkeiten,
wie bald die Sommerzeiten.

Begrenztheit ist das Los der Welt,
der Wind, er weht, wie’s ihm gefällt,
wird niemals eingeengter,
ist ein von Gott Gelenkter.