Winterwandel

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Die Straßen, fast gefegt
von Mensch und Wind.
Die letzten Flocken
kleben am Asphalt.

Die ersten milden Lüfte
schleichen lind,
gespenstisch leer und
matschig ist es bald.

Die Menschen nehmen
sich zurück und atmen schwer.
Sie ziehen ihre Schals
zu sich heran.

Nur hier und da ein Auto…
Kriechverkehr.
Ein jeder möcht‘ nach Haus,
nicht jeder kann.

Ein greiser Alter stapft
durchs Straßenbild,
an der Vergangenheit,
da trägt er schwer.

Er folgt dem
zugeschneiten Namensschild.
Die müden Augen
sehn den Weg kaum mehr.

Wie Puderzucker
schneit’s vom Himmel nieder
und schmilzt dahin,
wenn’s unten angelangt.

Vergeht das flüchtig‘
Element zu Wasser wieder,
treibt Wachstums Kraft
durchs frühlingshafte Land.

Der Mensch ist Eis,
das Fruchtbarkeit verloren.
Ein Wandel bringt des Segens Lenz:
In andern Sphären, neu geboren,
taut auf, was Eisblumen umkränzt.

Im warmen Licht- und Blüteregen
wird aufgetan das lichte Land,
macht jeden Stein des ird‘nen Lebens
zum Himmelssegen-Lichtgewand.

Wintermorgen

Foto: Gisela Seidel

Wo es sonst dunkel ist, wird Licht.

Es hat zum ersten Mal geschneit.
Die Flocken rieseln dicht an dicht.

Wie es mein Auge freut!

Die Katzen sind recht aufgeregt.
Beobachten das Treiben.

Sie fangen in der Luft das Licht,
die Flocken an den Scheiben.

Für sie liegen die Nerven blank,
für mich ist‘s kurzes Schauen.

Belagern meine Fensterbank.
Es wird nicht lange dauern.

Fußstapfen tau’n die weiße Welt;
zerronnen bald die Freude.

Ein kalter Gruß vom Himmelszelt,
trägt Engelglanz im Kleide.

Frühlingssehnsucht

Eichen im Schnee – Eugen Bracht 1842-1921

Schneeluft bläst mir entgegen,
als ich die Türe öffne.
Schnee liegt auf allen Wegen,
leer sind der Vögel Kröpfe.
 
Ihr Zwitschern ist verklungen –
Schneestille fließt so weiß –
noch gestern wurd’ gesungen
von Frühlingssehnsucht leis’.

Foto: Gisela Seidel

Es wird noch lange dauern,
bis die Natur erwacht
und vor den tristen Mauern
 die helle Sonne lacht.
 
Doch einmal wird er kommen,
der Lenz nach langer Nacht,
bringt das Gefühl der Wonnen,
das uns so glücklich macht.

Wintermärchen

So unberührt und weit, das flache Land,
getaucht in winterkühle Morgendünste.
Die Bäume tragen feierlich ein Festgewand
aus weißem Glitzerflocken-Schneegespinste.
 
Seh‘ in der Ferne letzte Nebel steigen,
die jede Härte mit Verklärung glätten,
und die Natur hüllt sich in kaltes Schweigen,
das wie ein Segen weilt auf Totenbetten.
 
Die Landschaft trägt geduldig ihre Bürde,
die eisig funkelt unter schwachem Glanze.
Die Schöpfung liegt mit königlicher Würde
und ruht sich aus vom warmen Sommertanze.
 
Ruhig schläft das watteweiß verschneite Land,
bis sich mit neuer Lebenskraft der Boden hebt,
bis sich in Menschenherz und Menschenhand
ein zauberhafter Gottessegen legt.
 
Noch ist es Phantasie – doch wärs nicht weit,
wenn jede Seele danach strebt und handelt.
Dann würden nach des Winters Frostigkeit,
die Schatten in ein Frühlingslicht verwandelt.
 

Winterschlaf

Eugen Bracht (1842-1921)

Es treibt des Winters kalter Hauch
den Wind über die Felder,
durch alle Wiesen, jeden Strauch;
der Schnee bedeckt die Wälder.
 
Es ruht die Seele der Natur
vom langen Sommerreigen;
gesenkter Puls der Zeit
 will uns zur Ruhe treiben.
 
Was Außen kalt, ist Innen warm,
so wie das Frühlingskeimen,
Väterchen Frost streckt seinen Arm,
deckt zu, was im Geheimen.

Der Seele Kern erinnert sich,
wie Sonnenstrahlen glänzen,
wird sich auf Frühlingstage freu’n,
den Neuanfang bekränzen.