Das irdische Paradies

Irdisches Paradies – Jan Brueghel d. Ältere (1568-1625)
Längst offenbart ein Ort am Welten-Ende,
dort läg‘ ein Reich, wenn wir es fänden,
dann würde niemand mehr des Hungers darben,
und alle Menschen, die auf Erden starben,

sie würden aufersteh‘n zu neuem Leben,
es würde niemals wieder Kriege geben,
wir lebten friedlich, ohne Hass und Neid,
vergangen wären Schmerz und Einsamkeit.

Durch diesen Zauber würde Böses gut;
die ganze Menschheit nur noch Gutes tut.
Krankheit und Tod, die würden nicht mehr sein,
vergessen wären Traurigkeit und Pein.

Die Zeit, sie wäre nicht mehr wichtig
und alle Religionen wären nichtig.

Es gäbe nur noch Jugend – keine Alten;
das Leben nach dem eignen Plan gestalten,
das könnte jeder Mensch nach seinem Willen
und Liebe würde unser Dasein füllen.

Wenn alle Hässlichkeiten schwinden,
würden wir dort nur Schönheit finden.
So würden schließlich alle Grenzen fallen,
und diese Welt gehörte endlich allen.

Die alte Schwingung würd’ es nicht mehr geben,
nur stetes Glücksgefühl und ew’ges Leben.
Die Dimensionen wären transparent,
wir lebten gottesnah, nichts was uns trennt.

Es gäbe keine Reinkarnation,
nur noch das Hier und Jetzt in höchster Lebensform.
Kein Gestern und kein Morgen würd’ uns quälen;
nur eines müssten wir für alle Zeiten wählen:

Dass wir, um Tod und Teufel abzuschwören,
nie mehr ein Kinderlachen hören!
Frederick Morgan (1847-1927)

Die Erde ist ein Schulungsort für die Seele. Hier sammelt der Mensch Erfahrungen, kann Fehler machen und von diesen Erkenntnissen profitieren. Dinge, die falsch gemacht worden sind, können hier wieder gutgemacht werden. Wir dürfen besser werden und Erfolg haben, wenn wir versagt haben. Das Erreichen des Zieles bedarf einer Formung des Charakters. Deshalb müssen wir uns der Realität stellen. Das Schicksal zwingt uns, Gott im Innen und Außen zu suchen. Es gab immer große Krisen auf dieser Welt und wir fragen: „Warum?“ Nicht immer findet man eine Antwort. Allein die Tatsache, dass man die Frage stellt, ist ein Zeichen dafür, dass die Seele zu sich selbst und zu Gott finden wird.

Sonnenwelt

Foto: Gisela Seidel
Du, Frühling, der die Welt belebt,
lass blühen, was blühen will!
Wo Gottes Geist aufsteigend weht,
dort steht der Winter still. 

Treib Fruchtbarkeit in Raum und Zeit,
blas' Tod und Kälte fort.
Erwacht im Licht - empfangsbereit
ist der verschlossene Ort.

Wie Sand, bleibt unfruchtbar zurück,
was Kälte dunkel hält.
Lass wachsen in dir, zeitentrückt,
die lichte Sonnenwelt. 

Morgenfrühe

Quelle: Pinterest
Ich brauch die Ruhe früher Morgenstunden,
die wie ein Fließen mit dem Tag erwachen.
Mit letztem Schlaf und Dunkelheit verbunden,
treib Phönix gleich ich auf dem Traumwelt-Nachen

in einen weiten See der neuen Augenblicke;
wenn ich die Lider öffne, leidensfrei,
nehme ich dankbar an, des neuen Tages Bitte,
behutsam sein, wie Gegenwart auch sei.    

Es geht ganz leis die Nacht, wie all die Jahre,
deckt zu, was dunkel im Verborgenen liegt.
Obwohl ich sie schon längst verschlafen habe,
ist Traum- Essenz in meinem Denken, fest und tief. 

Im Glanz des Morgens ein Geschenk zu sehen,
als Gottesgabe, es mit Dank empfangen;
gestärkt sein für das weitere Weltgeschehen
und nach Vollendung Wahrheit zu erlangen. 

Kriegsjahre

aus: „Die Ephides-Gedichte“

John William Waterhouse (1849-1917)
Die Jahre müssen wahrlich doppelt zählen,
durch die des Krieges tiefe Radspur schneidet,
so tief wie Bombenkrater im Gelände,
das wie aus toten Augen blicklos starrt. 

Hier rauschte einst der Wald mit vielen Wipfeln -
hier schweigen jetzt die Gräber vieler Menschen.
Was lebte, starb, was jetzt noch lebt, das hungert,
wie diese Krüppelkiefern hier im Sand.

Geduld! Es kommt ein Regen, uns zu laben,
vielleicht auch nur der Sturm, um uns zu brechen.
Wir wurzeln nicht mehr tief genug zum Leiden,
das Ende wird uns leicht und gnädig sein.

Kam ich nicht her, ein teures Grab zu suchen,
dass ich in junges Grün gebettet glaubte?
Wo, in der Wüste will ich jetzt es finden?
Ach, nach Oasen such ich nur, nach Trost.

Da! Endlich, endlich! Wald kommt mir entgegen.
Ein Stück Natur noch rein und ungeschändet,
streckt grüne Arme aus. Ich bin gerettet!
Wie spielend greift ein Rosenstrauch nach mir;

ein Rosenstrauch auf einem Efeuhügel.
Ich kenne ihn gut. Ich hab ihn einst gefunden,
als er am Weg sich zwischen Steinen mühte,
und hab ihn auf ein totes Herz gepflanzt.

Nun baut er Bogen über Kreuz und Hügel,
ein Baldachin aus purpurroten Blüten
mit spitzer Dornenwehr, zum Schutz des Schläfers,
des Ritters mit geschlossenem Visier.

Nur mir enträtselten sich deine Züge:
Der jungenhafte Trotz der rechten Braue,
die hilflos zarte Seele, die im Winkel 
stahlharter Augen wohnt und sich versteckt

vor deinem Stolz, der dir den Nacken steifte,
ach, und dem Schalk der dir zu schaffen machte,
und deinen herben Mund, der selten lachte,
mit kleinen Wellen feinen Spots umspielt. 

Mein Kämpfer du, zu dem ich mich geflüchtet,
die ich allein und ohne Schützer stehe.
Ich spür, wie deine Kräfte mich umranken
mit Blüt‘ und Dorn, wie dich mein Rosenstrauch.