Nach dem Frühling

Fotograf: James Gregory / Quelle: Pinterest
Die Frühlingswetter sind vorbeigezogen,
nun glüht die Sonne über Feld und Stille
und legt ein braunes Kleid über die Wogen
des Korns, in durstig trockener Ackerfülle.

Das Blühen ist vorbei an allen Bäumen,
die Blüten längst verweht und fortgeflogen.
Was haften blieb, ruht unter Blättersäumen;
bald spricht die Herbstnatur in Epilogen.

Der Wald gibt Raum im Blättermeer der Bäume,
denen die Schatten suchen, sich zu kühlen,
und Vögel nässen freudig ihr Gefieder
zwischen Sonnenschirm und Gartenstühlen.

Das Heimchen ‚grillte‘ lange noch im Grase,
dort, wo der Bach durch Schilf und Steine trieb,
vorbei an bunter Wiese Traumoase,
nahm er das Treibgut mit sich wie ein Dieb.

Die Rosen blühen wieder in den Gärten,
das Gold des Ginsters ziert die Ackerraine,
durstig ist die Natur, sucht Wasserfährten
zwischen Himmel und Erde - findet keine (?).

Auferstehen

Webgrafik: Pinterest
Wenn du auf tiefster Stufe angelangt,
von Leiden und Erdulden schwer geprägt,

wenn dich der Sturm der Falschheit fasste
unverwandt und unsanft dich mit Härte schlägt,

wenn du versinkst in Trübnis, die wie Wasser tief,
in tränenreichem Leid dein Haupt verhüllst,

wenn dich die Angst ins Bodenlose treibt,
wo du die Furcht in dir mit Drogen füllst,

wenn du dich stürzen siehst in Bitterkeit,
gestolpert über eignes oder fremdes Tun,

wenn dir zum Essen kein Geld übrig bleibt
und Hunger wacht über dein Ruhen.

Die schlimmen Zeiten, sie vergehen;
auch sie sind Phasen und des Lebens wert,

wie neu geboren wirst du auferstehen,
wenn Unheil sich in dir in Heil verkehrt.

Weiße Gräber

Jesus streitet mit den Priestern – William Brassey Hole (1846-1917)
„Ein Verbrechen!“, rief da Einer,
"Evangelien zu lehren."
„Missionierte Teufelsstücke,
fremde Völker zu bekehren!“

Die Kulturen auszulöschen,
wenn sie eigenen Göttern dienen,
dienen sie doch nur dem Einen,
wenn auch unähnlich beschienen.

In dem kalten Licht der Tage
nutzten sie die Emotionen,
die Verbundenheit nach ‚oben‘
kappten sie mit Illusionen.

Unvernünftig klingt so vieles,
was die Kirchenleute sagen,
und die Frommen, die vertrauen
glauben, was die Lehrer klagen.

Inbrunst zollen ihre Lieder
in der Andacht. – „Wie sie singen!“
„Lauscht nur dem Brimborium
und den priesterlichen Stimmen.“

Jeder, der den Geist empfangen,
der die Schöpfung ist auf Erden,
in des Zweifels Finsternissen
muss ihn niemand erst bekehren.

Trägt er doch das alte Wissen
in des Lebens Neubeginn
und kein Widerstreit der Kirchen
beugt das Haupt vor dem „Ich bin!“

Die Macht des Geistes wird manifestiert, nicht durch Erzbischöfe, Bischöfe, Päpste, Priester, Imane und Rabbiner, sondern durch gewöhnliche Sterbliche, die mit der wunderbaren Aufgabe betraut sind, dem Großen Geist zu helfen, damit göttliche Liebe, Weisheit und Macht allen zur Verfügung stehen, die bereit sind, sie zu empfangen.

Die Arbeit aus Nächstenliebe, die diese Menschen leisten, kann man nicht messen. Das ist eine Aufgabe, die die Kirchen erfüllen sollten. Aber anstatt Aufbewahrungsorte vitalisierender geistiger Kraft zu sein, sind sie zu dem geworden, was der Nazarener „übertünchte Gräber“* nannte, wo sie unfruchtbare, sterile, antiquierte, dogmatische Lehren predigen, die keine Beziehung zum menschlichen Leben, seinen Problemen und seinen enormen Möglichkeiten haben.

*Matthäus 23:27 :„Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr gleich seid wie die übertünchten Gräber, welche auswendig hübsch scheinen, aber inwendig sind sie voller Totenbeine und alles Unflats.“

Meeresleuchten

von Friedrich Hebbel

William Adolphe Bouguereau (1825-1905)
Aus des Meeres dunklen Tiefen
stieg die Venus still empor
als die Nachtigallen riefen
in dem Hain, den sie erkor.

Und zum Spiegel, voll Verlangen,
glätteten die Wogen sich,
um ihr Bild noch aufzufangen,
da sie selbst auf ewig wich.

Lächelnd gönnte sie dem feuchten,
Element den letzten Blick,
davon blieb dem Meer ein Leuchten
bis auf diesen Tag zurück.
Friedrich Hebbel (1813-1863)

Sibyllen-Weisheit

Orakel von Delphi – John Collier (1850-1934)

In einen Trancezustand versetzt schenkte Pythia in Delphi den Suchenden angeblich prophetische Wahrheit.

Ihre Worte, gleich einer Melodie aus ferner Zeit, waren wie Strahlen, die den Ängstlichen durch die Schatten leiteten. Pythia und die Sibyllen, geheimnisvolle Seherinnen und Meisterinnen der Weisheit, waren wie Wächterinnen des verborgenen Wissens, das sich nur Ausdruck verlieh, wenn Geist und Herz bereit waren, es zu empfangen. Ihr Blick schien durch die Schleier der Zeit hindurchzugehen, das Unsichtbare sichtbar zu machen.

Oft vernahm der Fragende ihre Worte mit Schrecken; ungläubig folgte er ihrer warnenden Stimme, die mit wachsender Klarheit Hoffnungen gab oder nahm. Manche Orakel ließen erschaudern, manche trösteten und klärten.

Doch gerade in der Härte der Wahrheit liegt eine Kraft, die verändert.
Sie zwingt dazu, das eigene Leben zu überdenken, Illusionen zu brechen und aus der Essenz dessen zu erkennen, was wirklich ist.

Die weisen Frauen der Antike, jene stillen Hüterinnen des Wissens, sprachen in Rätseln, doch ihre Worte waren wie Samen, die nur in einer offenen Seele Wurzeln schlugen.

Sie öffneten Türen zu Pfaden, die zuvor im Nebel verborgen lagen, und zwangen den Suchenden, einen Schritt ins Unbekannte zu wagen, um Antworten in sich selbst zu finden.

Auch heute noch bieten Kartenlegerinnen gegen Bezahlung eine Voraussage an. Doch Vorsicht, diese Inanspruchnahme kann zu einem gewissen Suchtverhalten führen, das sehr viel Geld kostet, wenn man es zu oft in Anspruch nimmt. Nur wenigen Wahrsagerinnen ist es erlaubt, tatsächlich Wahrheit zu sehen.

Doch wohin man sich wendet, entfliehen kann niemand vor sich selbst. Tief im Innern fühlt man, wenn man sein Leben ändern muss.

Alle Planeten, die ganze Natur, alle Wesen, haben Einfluss auf das Leben.
Aber Meister der Seele ist jeder selbst, trägt persönliche Verantwortung und bestimmt das eigene Schicksal, je nach spirituellem Fortschritt.

Musik

Die tiefe Stille kann ich hören,
wenn ich versunken in das Sein;
mag keine Töne, die mich stören,
tauche in Wind und Sonne ein.

Hör nur die Klänge der Natur,
das Lüftchen, das durch Felder zieht,
hör Vögel, die ihr Singen nur
dem Tag geweiht, der langsam flieht.

Die weißen Wölkchen über mir
ziehn rasch vorbei am Himmelszelt,
das Blätterdach vor meiner Tür
rauscht sanft, wie Fisselregen fällt.

Alle Oktaven dieser Welt
erfahren wie in Symphonien;
wie ein Konzert für uns bestellt,
taucht unser Geist in Fantasien.

Einklang des Lebens, Harmonie
streicht Wellen der Erhabenheit
über den Geist mit der Magie,
die tief berührt die Seele heilt.

Sog nischt kejnmol

Der 8. Mai 1945 war der Tag, an dem die bedingungslose Kapitulation aller Wehrmachtsteile (Marine, Heer, Luftwaffe) in Kraft trat und der 2. Weltkrieg in Europa beendete wurde.

https://photos.yadvashem.org/

Im Krieg gegen die Ukraine in den heutigen Tagen: Nach Russland verschleppt wurden unzählige Kinder (heute nennt man die Zahl 205.000), Regimekritiker kommen ins Arbeitslager oder werden ermordet. Russland rechtfertigte die Invasion mit dem Vorwand, die russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine zu schützen und die angebliche „Entnazifizierung“ des Landes zu betreiben – Argumente, die von der internationalen Gemeinschaft als Propaganda entlarvt wurden.
Die Welt blickt mit Hoffnung, aber auch Sorge auf die Entwicklung, denn der Ausgang dieses Konflikts wird nicht nur das Schicksal der Ukraine und Russlands bestimmen, sondern auch die zukünftige Ausrichtung der globalen Ordnung.

Partisanenlied von Hirsz Glik (1922, Wilna – 1944, Estland), der vom Aufstand im Warschauer Ghetto inspiriert die Hoffnung auf eine Zukunft in Worte fasst. Musik: Dmitry Yakovlevich Pokrass (Russian: Дми́трий Я́ковлевич Покра́сс) (1899, Kiev – 1978, Moscow).

Dieses Lied, bekannt als „Zog nit keynmol az du geyst dem letstn veg“, wurde zur Hymne des jüdischen Widerstands und spiegelt den Mut und die Entschlossenheit der Kämpfenden wider. Es wurde in verschiedenen Sprachen übersetzt und in zahlreichen Ländern aufgeführt, wodurch es zu einem universellen Symbol für den Kampf gegen Unterdrückung wurde.

Heutzutage wachsen Despoten wie Pilze aus dem Boden. Als wäre das Warschauer Ghetto nicht schlimm genug gewesen, lassen sie neue Ghettos entstehen, die wie ein offenstehendes Maul Menschen verschlingen. Die Körper können sie töten, die Seelen nicht! Ich kann nur immer wieder daran erinnern, dass es ‚Dämonen‘ gibt, die Unzucht mit der ganzen Welt treiben. Sie auszutreiben ist ein langer, schmerzhafter Prozess.

Originaltext:

zog nit keyn mol, az du geyst dem letstn veg,
khotsh himlen blayene farshteln bloye teg.
kumen vet nokh undzer oysgebenkte sho,
s’vet a poyk ton undzer trot: mir zaynen do!

fun grinem palmenland biz vaysn land fun shney,
mir kumen on mit undzer payn, mit undzer vey,
un vu gefaln iz a shprits fun undzer blut,
shprotsn vet dort undzer gvure, undzer mut!

s’vet di morgnzun bagildn undz dem haynt,
un der nekht vet farshvindn mit dem faynt,
nor oyb farzamen vet di zun in der kayor –
vi a parol zol geyn dos lid fun dor tsu dor.

dos lid geshribn iz mit blut, un nit mit blay,
s’iz nit keyn lidl fun a foygl oyf der fray,
dos hot a folk tsvishn falndike vent
dos lid gezungen mit naganes in di hent.

to zog nit keyn mol, az du geyst dem letstn veg,
khotsh himlen blayene farshteln bloye teg.
kumen vet nokh undzer oysgebenkte sho –
es vet a poyk ton undzer trot: mir zaynen do!



Frei übersetzt: 

Sag niemals, dass dies der letzte Weg ist.
Der bleierne Himmel verbirgt blaue Tage,
die Stunde, die wir ersehnt haben, kommt.
Unsere Schritte klingen: Hier sind wir!

Von den grünen Palmenhainen bis zu den weißen Schneelandschaften,
wir kommen mit dem, was wir erlitten haben, mit unserem Schmerz,
und wo ein Tropfen von unserem Blut fiel,
dort wurde unser Mut wiedergeboren, unsere Seele.

Die Morgensonne wird unseren Tag erhellen,
Das Gestern und der Feind, werden verschwinden.
Auch wenn nun Dunkelheit herrscht, wird das Licht folgen.
Möge dieses Lied uns immer begleiten!

Es wurde mit Blut geschrieben, nicht mit Blei.
Es klingt nicht wie der Gesang der Vögel am Morgen.
Es ist das Lied eines Volkes, inmitten der Trümmer,
die dieses Lied singen, mit Waffen in der Hand.

Sag niemals, dass dies der letzte Weg ist!
Bleierner Himmel, der blaue Tage verbirgt.
Die Stunde, die wir ersehnt haben, kommt.
Unsere Schritte ertönen: Wir sind da!

Sternenregen

Quelle: Pinterest
Am Ende der Zeit wird es Sterne regnen,
wie Karfunkelsteine werden sie fallen,
leuchten und kleiner sein in allem.

Die Herzen der vielen, die schon gegangen,
werden scheinbar zu pochen anfangen,
lassen den Puls der Zeitlosigkeit erfassen;
Gott wird sie im Menschsein belassen. 

Im Weltall werden tausend Sonnen verschmelzen,
der Himmel wird leer sein, nur erfüllt vom Licht,
und an allen Stellen
wird sich ewiger Tag erhellen,
aus dem ein Strahlen facettenreich bricht.

Ein Klang, wie von Engelsgesängen,
wird schwebend all das Leid zu Grabe tragen,
das sich an Erdentagen
Stufen zum Himmel eines jeden baute,
und von dort oben alle Blindheit verjagen,
die in den alten Köpfen graute. 

Körperlos im Traum

Quelle: Pinterest – Gemälde von Lisa Aisato *1981
Die helle Mondnacht zog mein Träumen an,
voller Gesichter hier und dort;
verwoben mit dem Jenseits dann und wann,
an einem unbekannten Ort.

Wo Rotation uns Jahreszeiten schafft,
der Erdball um die Sonne kreist,
lebt man dort Gegenwart, ganz ohne Tag und Nacht,
in ewigem Licht, das eigenartig gleißt.

Wie fremde Sphären - einfach grenzenlos;
ein jeder zieht ins Haus, das ihm gebührt.
Entfernungen sind klein und niemals groß -
nur ein Gedankensprung, der dort zum Ziele führt.

Kein Schlafen, nur ein Wachen, körperlos;
der Geist hält inne, wenn er Stärkung braucht.
Es übertrifft der Sinne Vorstellkraft,
so schön ist alles, wie in Pracht getaucht.

Und jede Klangoktave klingt wie Chor,
mit Hörbereichen, die dem Menschen fremd,
denn diese Töne dringen nicht ins Ohr,
sind körperlichem Spektrum divergent.

Begrenzt ist auch die sehende Natur;
die Farbscala ist nicht die Wirklichkeit.
In die Materie inkarniert zeigt sich die Spur
des Paradieses der Unendlichkeit.

Sekundenglück

Quelle: Pinterest – Foto von Benedetta Lavezzi
Glück ist wie ein Glitzern zwischen Zweigen,
das vergänglich ist in jedem Augenblick;
manchmal zeigt es sich beim Blätterneigen,
oft verdeckt, als ein Sekundenglück.

Geld ist Glück für manche die‘s verschwenden,
es verschwindet und vergeht im Überall;
merken auf, wenn goldbestreute Wege enden,
oft zu spät des Kieswegs Härte nach dem Fall.

Glück ist flücht’ges Glänzen wie auf Wellen,
wenn der Sonnenschein darübersteht;
wenn ein Gleißen ferner Himmelsquellen
durch die matten Fensterscheiben geht.

Glück ist das Erwachen ohne Sorgen,
ein Gedicht, berührend, seelentief,
glückliche Gedanken früh am Morgen
und mein Kätzchen, wenn es friedlich schlief.

Glück ist, wenn die Sehnsuchtsstürme enden
und die Wogenberge glättend sich verteilen;
Glück ist sich der Liebe zuzuwenden
und im Augenblick des Andern zu verweilen.