Die hohen Tannen atmen heiser

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Die hohen Tannen atmen heiser
im Winterschnee, und bauschiger
schmiegt sich sein Glanz um alle Reiser.
Die weißen Wege werden leiser,
die trauten Stuben lauschiger.

Da singt die Uhr, die Kinder zittern:
Im grünen Ofen kracht ein Scheit
und stürzt in lichten Lohgewittern, –
und draußen wächst im Flockenflittern
der weiße Tag zur Ewigkeit.

Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Weihnachtsstern

Planeten Konstellation am 21. Dezember 2020
Jupiter und Saturn, fast wie zu Zeiten von Christi Geburt.
Besuch der Sterndeuter aus dem Morgenland.

Weiter Blick zum sternenklaren Himmel;
Mondfinsternis,
Planetenbegegnung lädt ein zur Feierstunde auf Erden.
Sternstunde der Menschheit;
Konstellation der Superlative,
flutet den Schatten irdischer Dualität mit Licht,
beleuchtet den Vorhang zwischen den Welten.
Suche nach der Wahrheit seit Äonen von Jahren,
Countdown zur Beendigung der Eiszeit;
Weihnachtsstern als Symbol für Frieden und Liebe,
bringt uns ein Stück himmlisches Zuhause in die Gegenwart.
Erinnerung an unsere Herkunft.
Vereinigung von Himmel und Erde im göttlichen Zeitplan.
Verankerung des Christus-Bewusstseins in unseren Herzen,
für eine paradiesische Zukunft auf Erden.

Irrtümer

Banksy ist das Pseudonym eines britischen Streetart-Künstlers.

Versperrte Rettungsgassen,
dicht an dicht gedrängte Menschenmassen.

Gaffer und Pöbler filmen den Schrei der Entsetzten,
ergötzen sich am Leid und Tod der Verletzten.

In den Städten, Massenkäufe,
erste Klinik mit Triage-Verläufen.

Keine Zeit für Nächstenliebe.
Krankenhäuser Wirtschaftsbetriebe?!

Ökonomisch vertretbares Treiben?
Durch Kostendruck und Mangel auf der Strecke bleiben?!

Lukrative Indikationen?
Das Geschäft mit Kranken muss sich lohnen?

Nur, wer Gewinne erzielt kann sich halten.
Betriebswirte entscheiden und verwalten!

Der zum Helfen gedacht, geht sparsam voran.
Manch neuer Chefarzt setzt den Rotstift an.

Private Investoren – Geschäftemacher!
Wann wird diese Regierung wacher?

Das Gute fördern! Bei wohltätigen Dingen
kann nur Verstaatlichung Abhilfe bringen.

Fühle der Polizisten ohnmächtiges Treiben,
wenn unsre Gerichte „Bewährung“ entscheiden.

Das Übel der Welt wird es weiterhin tun.
Was soll dies ‚blinde‘ Gutmenschentum?

Wird sein, wie bei allen Geschäftemachern:
Die Masse wird blutend das Schlachtfeld verlassen!

Bewusst-sein

Das Gebet – Hans Georg Leiendecker

Es sind so viele Stufen auf der Leiter,
so viele Hürden, die wir übersteigen.

Und fallen wir oft tief, wir gehen weiter,
auch wenn wir Kränkung und Verlust erleiden.

Der Weg scheint weit, der Stolpersteine viele.
Es trägt der Mensch sein kleines Licht im Herzen.

Leuchtet den Andern, Aller Weg, zum Ziele.
Verschwendet Licht, wie sanfter Glanz von Kerzen.

Bewusstsein bringend soll das Leben sein.
Den Engeln gleichend sollen wir erstrahlen.

Es wird auf Erden heller Seelen-Schein
uns Hoffnung in die dunklen Herzen malen.

Des armen Knaben Christbaum

Was für ein fröhlich Tun und Treiben
Am Weihnachtsmarkt bis in die Nacht,
Wie funkelt durch erhellte Scheiben
Der schönen Waren bunte Pracht!
Wer kaufen will, muss heut noch laufen.
Dass er den Christbaum schmücken mag,
Wer feil hat, will noch heut verkaufen,
Denn morgen ist Bescherungstag.

Doch sieh, wie mit betrübten Mienen
Dort an der Ecke, frosterstarrt,
Vom nahen Gaslicht hell beschienen,
Ein Knabe noch des Käufers harrt;
Er hat den Christbaum selbst geschnitten
Mit saurer Müh im Tannenwald,
Sein schüchtern Auge scheint zu bitten:
„O kauft mir ab, die Nacht ist kalt!“

„Kauft ab, ihr könnt so lustig lachen,
Ihr habt das Glück, und ich die Not;
Was soll ich mit dem Christbaum machen?
Die Mutter krank, der Vater tot!“
Doch Niemand, der des bleichen Kleinen
Und seines Baums gewahren mag,
Vorbei rennt jeder mit dem Seinen, —
Und heut ist schon der letzte Tag!

Doch schau, da kommt mit muntrem Schritte
In Sammetpelz und Federhut –
Die schöne Mutter in der Mitte –
Ein Kinderpärchen wohlgemut;
Den Korb gefüllt mit Weihnachtsgaben,
Trabt hinterher des Hauses Knecht –
„O Mutter, sieh den Baum des Knaben,
Der ist für uns noch eben recht!“

Die schöne Mutter zahlt in Eile
Dem Knaben sein Viergroschenstück,
Er dankt – und schaut noch eine Weile
Den Frohen nach mit trübem Blick:
Wir wird sein Christbaum morgen funkeln
Im fremdem Haus, im Kerzenschein,
Und ach! im Kämmerlein, im dunkeln,
Wie still wird seine Weihnacht sein!

Drum Kinder, wenn, bekränzt mit Gaben,
Euch euer Christbaum fröhlich brennt,
Denkt, ob ihr nicht den bleichen Knaben
Und seine kranke Mutter kennt?
Und geht und trocknet ihm die Wangen
Und lernet von dem heilgen Christ.
Dass zwar vergnüglich das Empfangen,
Doch seliger das Geben ist!

Karl Friedrich von Gerok (1815-1890)

In Acht und Bann

Labyrinth in der Cathédrale Notre-Dame de Chartres

Wo sonst Motoren dröhnen, war es still.
Gespenstisch ging die Ruhe durch die Nacht.

Der Nachtwind rauschte, ein Gefühl
von beinah ausgestorben, dichtgemacht.

Fast war es so, wie früher, autolos.
Das Fenster war gekippt, die Katze schlief.

Der dunkle Himmel spannte sternenlos
über dem Traumgeschehen, flüchtig, tief.

Es schien, als hält die Welt den Atem an,
als Zeichen für die schicksalhafte Zeit.

Ein Unsichtbarer legt in Acht und Bann,
was vormals Kirche tat, mit großem Leid.

Einst Strafe, höchster Reichserlass,
für vogelfrei erklärte Kreatur.

Was man nicht sehen kann, wird nicht gefasst!
Wir hemmen nur ein wenig seine Spur.

Ob es uns findet? Groß das Labyrinth.
Ich danke Gott und meiner Zuversicht:

Es wird kein Ende sein, Neues beginnt!
In jedem Chaos brennt ein Hoffnungslicht.

Ein anderes Fest

Ein Fest, das anders werden soll:
Nur feiern in heimischem Raum.

Wie einst, wo sich erwartungsvoll
das Christkind zeigte im Traum.

Wo Groß und Klein im Lied vereint,
erleben Lichter und Glanz;

der Wunderkerze Funke scheint,
wie flücht’ger Engeltanz.

Geruch von Schwefel in der Luft,
Knistern des Feuers, fürwahr.

Vor Glockenläuten, Plätzchenduft,
staunend, voll Demut, verharrn.

Kein Rennen und Laufen, weg von der Gier,
dem Kauf von teuren Dingen.

Den Ärmsten unter Mensch und Tier
Weihnacht der Liebe bringen.

Nur anspruchslose Einfachheit,
als ‚bunte Teller‘ Geschenke waren.

Kein Überfluss, Zufriedenheit,
so wie in den Nachkriegsjahren.

Nicht schimpfen über die Beschränkung,
geht lobend durch das Labyrinth.

Wir leben noch! Nehmt es als Schenkung
und freut euch, wenn der Weg gelingt.

Vom Schenken

Schenke groß oder klein,
aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
die Gaben wiegen,
sei dein Gewissen rein.

Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei,
was in dir wohnt
an Meinung, Geschmack und Humor,
so, dass die eigene Freude zuvor
dich reichlich belohnt.

Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
dass dein Geschenk
du selber bist.

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

Rose im Schnee

Quelle: www.botanikus.de

Durch jedes Lieben geht ein Lichtlein an,
vermehrt entzündet an geweihten Tagen.
Die Nächstenliebe schreitet dem voran,
verstreut voll Güte ihre Liebesgaben.

Gemeinsamkeit im Mühn des Schenkens,
der Zeiten Dunkel tröstlich aufzuhellen.
Sei denen dankbar, die sich selbst verschenken,
die ihre Lichtlein denen zugesellen,

die sterbend um ihr kleines Leben bangen,
die einsam und voll Leid in Hospitälern,
nach Atem ringend, Trost und Zeit verlangen.
Lasst Licht entzünden in den Jammertälern!

Die Menschheit friert so lange schon,
weil jeder nehmen will und keiner geben.
Den Andern wärmen, nur für Gottes-Lohn,
sein eigen Licht entzünden und zum Zeichen heben.

Schau auf des Wunders lichten Schein;
seht, dort die Rose tief im Schnee!
An diesen Tagen musst du leise sein,
auch sie erleidet in der Kälte Winters Weh.