Tanz und Taumel

Rhythmisch, wie die Hüften kreisen,
wiegen tanzend jeden Ton,
wie ein Kätzchen, das geschmeidig
macht in Sprüngen sich davon.

Federt ab die harten Klänge,
dreht und wendet sich im Kreis.
Das Gesicht, verzückt, als dränge
in den Tanz ein reger Geist.

In den Augen spiegeln Träume,
und die Sehnsucht singt ein Lied,
wenn der körperliche Taumel
Geist und Seele einbezieht.

Im Rausch

Traum vom 26.01.22

William Hogarth (1697-1764)

Die Räume waren voller Leben,
gesellig, Ausschank, Sang und Wein.
Sie tranken, hängten sich an jeden,
begrapschten Frauen, die allein.

Im Rausch der fortgeschritt’nen Stunde –
von „wohl erzogen“ weit entfernt,
nahm keiner Rücksicht in der Runde.
Als hätten sie es nur gelernt,

mit ‚platten‘ Witzen anzubandeln.
„Noch mal `ne Runde!“, schrie ein Schlauer.
Vom Alkohol befreites Handeln,
verkürzt die hohe Anstandsmauer.

Ich saß allein, als Träumerin,
beschaute eine lange Weile,
wohl des Geschehens Widersinn,
und nahm reiß aus alsdann in Eile.

Mein Geist verließ die üble Stätte
und suchte nach des Ausgangs Pforte.
Inmitten einer Menschenkette,
erreichte ich sie fern vom Orte.

„Ja, wissen sie denn nichts vom Mord,
der sich einst hier ereignet hat?“
Ich sah, wie blutig dieser Ort,
das Glas verschmiert von frischer Tat.

Der Boden, Blut durchtränkter Stein.
Die Meute schrie: „Lauf nicht hindurch!“,
mir war’s egal, ich wollte heim.
Mit großem Schritt trieb mich die Furcht.

Voll Ekel drückte ich die Klinke,
die Finger waren Blut befleckt –
so trat ich aus dem Bild, versinke
in meinem Bett, vom Alb erweckt.

Negativ

Teilansicht 1

Die Zeit scheint wie ein Uhrwerk still zu stehen,
des Bösen Negativ liegt auf der Straße,
als wär‘ vor vielen Jahren nichts geschehen.
Das Volk, naiv, wie damals, gibt sich hin zum Fraße;
dort, wo der Hass regierte, kam er wieder.
Die Ignoranz der Einfalt grölt wie Donnerhall.
Sie schreit! Mit gleicher Stimme hallt es wider,
in viele treibt sie Angst, wie dazumal.

Teilansicht 2

Die Überheblichkeit, versteckt in vielen Sprachen,
hat ihre Netze ausgeworfen übers Land.
Uniformiert, bereit zu Mordes Taten,
liegt wieder mal Befehl in einer Hand.
Der Mensch ein Herdentier – man braucht nur pfeifen,
dann hört man Säbelrasseln und Geschrei.
Schon steht er stramm, ermordet seinesgleichen.
„Es ist befohlen!“ macht Gewissen frei.

Teilansicht 3

Stärkt doch den ‚weißen Vögeln‘ das Gefieder,
schickt sie gen Osten, lasst die Waffen schweigen!
Melancholie erklingt in ihren Liedern
bis zum Ural, da tanzt Europas Reigen.
Grenzen verwandeln – sind des Bruders Garten,
die Hände reichen, liebend dann vereint.
Treibt Ethik ins Gehirn der Autokraten,
lasst ihre Botschaft endlich Liebe sein!

In den Krieg – Konstantin Apollonovich Savitsky (1844-1905)

Präexistenz

Freiseele in Gestalt des Ba-Vogels im Ägyp­tischen Totenbuch (E. A. Wallis Budge 1895)

Geweihte Stätten

Es gibt Stätten, welche hohe Kraft bewahren,
Stätten, die geweiht durch Leiden sind.
Sie erzählen von bestandenen Gefahren,
von den Menschen, die des Schicksals Meister waren.
Ihren Atem trägt zu euch der Wind!

Wisst ihr denn, ob nicht der Vorzeit Vollnaturen
in euch sind? Der Leib ist nur ein Kleid!
Kennt ihr euren Anteil an den Ur-Kulturen?
Wandelt, Kräfte schöpfend, ihr auf eignen Spuren,
weil ihr euer eigner Erbe seid!

<Ephides>

Anmerkung:

Sicher habe ich als „Gisela Seidel“ nur ein einziges Leben und werde als diese Person niemals wiederkommen. Aber Seelen existieren bereits vor der Geburt, bereit zu einer erneuten Verkörperung.
Ich, als Kirchenmitglied, habe erlebt, dass das Thema Reinkarnation vehement vom Klerus abgelehnt wird. Wer sich selbst erlöst, benötigt die Kirchen in der heutigen Form nicht mehr. Der christliche Geist dringt in uns, wenn wir uns ihm öffnen. Die Lehre von der Wiedergeburt war bereits zu Jesus Zeiten bekannt. Sie ist im Judentum verankert. Die Bibel lehrt uns die Präexistenz z. B. in Hiob 38, 19-21:

„Wo geht denn der Weg zur Wohnung des Lichts und die Finsternis, wo hat sie denn ihre Heimstätte, dass du sie in ihren Bereich hineinbringen konntest, und dass die Pfade zu ihrer Heimat dir bekannt wären? Du weißt es ja, denn damals warst du schon geboren, und die Zahl deiner Tage ist groß.“

Die sieben Spiegel

Stille spinnt uns ein, wir sind allein,
treten aus dem Tag, wie aus dem Spiegel,
uns entgegen, sehen Gottes Siegel
hell, auf unsrer Stirn wie Sternenschein.

Abermals gehen wir durchs Spiegelbild,
treten uns verklärten Blicks entgegen,
über unsrem Haupte Gottes Segen
leuchtet rein und weiß und mondenmild.

Eh‘ das Urbild sich mit uns vereint,
müssen sieben Spiegel wir durchschreiten,
siebenmal des Spiegels Rahmen weiten…
Unsre Krone wie die Sonne scheint.

<Ephides>

Dämonen

James Tissot (1836-1902)

Aus einer andren Zeit entstammend,
fühl ich mich ausgegrenzt, und weh
tut mir manch seltsames Verlangen,
wenn ich die Welt von heute seh‘.

Sie ist mir fern und fremd geworden,
künstlich, gefühlskalt, – irgendwie.
Gesinnungsfreunde allerorten,
als stünden sie mir vis-á-vis.

Sie schreiten langsam, schweren Schrittes,
wie die Soldaten auf mich zu.
Ich spür‘ der schwarzen Stiefel Tritte;
sie überrennen mich im Nu.

Sie geh‘n im Zeitgeist der Geschichte.
Treibt böses Spiel auf altem Grund.
Er dringt durch die Bevölkerungsdichte
und gibt Dämonen einen Mund.

Die schreien ihre leeren Worte,
in Geist und Seelen dringen sie.
Besessenheit öffnet die Pforte
zur Unwahrheit und Fantasie.

Vertrieben schienen sie beizeiten;
sie warten stets im Hintergrund,
ihr Gift des Hasses zu verbreiten,
mit irrem Blick und großem Mund.

„Aus Menschensinn, unreiner Geist,
fahr‘ aus!“* Sei nicht das arme Schwein,
das Selbstzerstörung niederreißt.
Lass Selbstkontrolle in dir sein!

*(Lukas 8,26-39)

Der Mond

Bild von Susan Cipriano auf Pixabay

Der Monde fahlen Glanz hab ich genossen,
wenn sie vom dunklen Firmament,
wie Silberflüsse durch die Fenster flossen,
besonntes Hell, das Schlaf vom Wachsein trennt.

Das Mondlicht zeichnet Himmelsblässe.
Wie es Konturen auf den Häusern malt!
Frau Luna ist die älteste Mätresse,
die Existenz des Mondes längst bezahlt.

Es scheint, er hat sich abgewandt vom Leben,
damit die Erde fruchtbar wird durch ihn,
denn ohne ihn, würd‘ es kein Leben geben,
und alle Jahreszeiten wär’n dahin.

Er malt das Bild des fernen Widerscheines,
die Sonne drosselt durch ihn ihre Kraft.
Einmal im Monat zeigt er sein geheimes
und fahles Leuchten in der Nacht.

Er ist Begleiter, Lenker der Gezeiten,
und wenn die Achse unsrer Erde wankt,
ist er die Stütze; alle Klimabreiten
und deren Ausgleich sind in seiner Hand.

Gedankenflüstern

Bild von prettysleepy1 auf Pixabay

Wenn alles schweigt, dann flüstern die Gedanken.
Draußen die Welt, im Zeitgeist ihrer Schranken.

Die Einfalt tanzt in elitären Kreisen,
hilft Hirngespinsten falsche Freiheit tragen.
Gefährlich droht die Dummheit zu entgleisen
und trägt zum Massengrab die Todeszahlen.

An Tagen reißen die Kalenderblätter,
sind Maßband zwischen Anbeginn und Ende,
Erinnerung in abgelebter Kette,
hängt wie verharzt am stillen Zeitenpendel.

Vergang’nes will mit groben Händen greifen,
durch Dickicht von Dornröschen-Träumen,
zieht lebenslange Dauerschleifen,
wie Raben, kreisend über Bäumen.

Klarheit

Fraktale von Karin M.

Wissenschaft
sucht neue Sichtweisen,
schafft Durchsicht für einen Moment,
wie ein Wischen auf beschlagenen Scheiben,
ständig aufs Neue.

Bewusstsein
lässt Geist und Seele allmählich leuchten,
überwindet die Mauer des Verstandes,
brennt als Licht
vor den beschlagenen Fenstern
der Wissenschaft.

Die innere Stimme

Bild: Karin M.

Manchmal verschließt man die Augen,
nur die innere Stimme wird leise
im Hintergrund wachen;
manchmal will man zu Höherem taugen,
doch in der Tiefe flüstert es leise:
„Du kannst es nicht machen!“


Manchmal schwebt die Seele im Taumel,
bringt die innere Stimme zum Singen.
Mit belebtem Körper und Geist,
wirst du wieder zum Boden baumeln.
Sie wird dich zur Weitsicht bringen,
solange sie „Leben“ heißt.

Grüne Gedanken

Claude Monet (1840-1926) – Frühling

Bald schon wird die Welt erblühen,
kaltes Kunstlicht weicht der Sonne,
die Gedanken werden grün,
es erwacht des Lebens Wonne.

Fenster strahlen wie die Spiegel,
Herzschlag sucht den taktvoll gleichen,
Winter bricht das Frühlingssiegel,
Kälte wird der Wärme weichen.

Bringt ins Dunkel lichtes Sprühen,
lässt die Nebeltücher ziehen.
Gärten duften voller Blühen
bald nach Veilchen und Jasmin.

Welcher Antrieb aller Dinge
wirkt im Zeichen der Natur?
Fruchtbarkeit und Leben bringe
uns die Ewigkeiten Spur.

Wie kein Frühling ohne Liebe,
gilt Lobpreis dem Schöpfergott.
Lust auf Leben, grüne Triebe,
Ist für alle Zeit Gebot.