Stille

Carl Vilhelm Holsøe (1863-1935)
All die lauten Stimmen meines Lebens
sind erstickt in meiner Einsamkeit.
Übertönt habt ihr mein Weiterstreben,
verschüttet meiner Seele Weg im Leid.

Habt mir betäubt das innere Bestreben,
mir fremdgeworden war mein eignes Ich;
ich hörte nicht die Stimme auf den Wegen,
die allerinnerst leise zu mir spricht. 

War eingehüllt von wirrem Unvermögen,
wie ein Paket, das mir das Leben schnürt;
ich sah nur das, was täglich mir geschehen -
es brodelte in mir, stets ungehört. 

Das Schicksal drängte mich in Einsamkeiten,
sie ist ein heilig Trost und still Erweckerin.
Gab mir die Kraft, den Ansporn, fortzugleiten,
durch alles Übel, das den Tag umfing. 

Ist in mir Licht – es glättet alle Falten,
zeigt mir den Ausweg aus dem Niemandsland;
versteht mit ruhiger Hand mein Herz zu halten,
im Stillesein zu segnen, was ich fand. 

Erleuchtet sein

Quelle: Pinterest
Den Weg des Mühsals und des Leids zu gehen,
sich auf dem Weg des Kummers selbst zu finden,
die Dunkelheit, die um uns ist, erleuchtend sehen
und ewige, spirituelle Wahrheiten ergründen.

Das Leben plätschert oft dahin und lenkt uns ab
und was es gibt, sind materielle Dinge,
die zieht die Zeit ins dunkle Erdengrab;
nie hat der Mensch gedacht, dass er verginge. 

In leeren Hüllen liegt der Menschheit Plan,
war schmerzhaft Vorbereitung, ein Geschenk,
und unter fremdem Wissen fängt man an,
erfüllt zu sein, mit einer Kraft, die lenkt. 

In Harmonie lebt dann die Seele auf der Welt
und drückt sich aus in Geistesgaben;
kein Streben mehr nach Überfluss und Geld,
nur ihr Geburtsrecht fühlt sie, kostbar und erhaben. 

Sie teilt den Reichtum ihres Wissens, denn wer will,
kann gleich, wie sie, den Weg der Schönheit gehen,
mit würdevollem Glanz geadelt sein,
um die Gesetze Gottes zu verstehen.

Fruchtbarkeit

Feldarbeit – Walter Rudolf Leistikow (1865-1908)
Den Boden bereiten, die Fruchtbarkeit lösen,
Bedingungen schaffen, die notwendig sind,
damit auf den bloßen Häuptern des öden,
die Schollen erwachen durch Sonne und Wind.

Ist wie ein Mensch, der die Welt nicht versteht,
damit den Geist und das Wachstum hemmt;
sieht, wie auf Erden das Leben vergeht,
wenn er sich gegen die Göttlichkeit stemmt. 

Der Ur-Keim ist da, vom Schöpfer gepflanzt -
hat Wachstum nur in fruchtbaren Reihen;
bestellt den Boden, dann wird hier mit Glanz
und wachsender Schönheit das Blühen gedeihen. 

Hammer und Meißel

Steinmetz-Bruderschaftsrelief auf dem Quatuor Coronati- Fries in Florenz. – Quelle: Pinterest
Ein Leben lang bin ich der Bildner,
der meiner Seele Form verleiht;
am Anfang war ich wie ein Wilder,
das Ungestüme brach die Zeit. 

Sie glättete die neuen Wege,
machte sie gangbar, sandte Licht;
das hell mir schien auf jene Stege,
die zu mir raunten: „Geh sie nicht!“

Zeigten ein Bild der Menschenbrücke,
die schnell zerbricht, bei jedem Schritt;
ein Trugbild, das mit List und Tücke
verleitet in den Abgrund glitt.

Und plötzlich war ich erdentbunden,
hob ab, ganz körperlos und frei,
ich schwebte durch Jahrhundertrunden,
sah meiner Seele Konterfei.

Der Traum war mir ein milder Schimmer,
in dem mir Gott den Meißel bot.
Ich bilde jeden Tag noch immer
mein Seelenbild – ganz ohne Not. 

Liebe sonder Klagen

Quelle: Pinterest
Ich bin so voll von Energie und Leben,
doch meine Kerze brennt nur noch ein Stück.
Noch wünsch ich mir ein Weiterstreben
und such in jedem Tag ein bisschen Glück.

Christsterne sind verblüht und abgefallen,
ihr Leben war nur kurz, doch Freude bringend;
will ohne Furcht auf Himmelspfaden wallen,
das Abgebrochene entfalten, zum Gelingen. 

Vielleicht hat Gott für mich ein Plätzchen,
das irgendwo vom Licht beschienen?!
Dort halte ich beim ‚Plätzchen backen‘ Schwätzchen
und freue mich auf heit’re Kindermienen. 

Ich warte auf die Lösung letzter Fragen,
dring‘ in die Tiefen, fühl der Worte Licht;
lässt Er mich ein, wo Liebe sonder Klagen,
lautlos erfüllend zu den Seelen spricht?

Göttliche Vorsehung

Göttliche Komödie – Inferno -Dante – Paul Gustave Doré (1832-1883)
Es quälen die grübelnden Fragen,
als starrten sie forschend uns an,
wie Augen der Sphinx offenbaren
sie lockend den zweifelnden Bann. 

Gefangen in Jetztzeit und Erbe
eines längst vergangenen Wahns,
stehn um uns Sorgen, wie Berge,
ohne Sicht für den göttlichen Plan.

Der Wohlstand der Welt ist im Wanken,
der vorlaut die Augen verschloss;
vertrauten nicht Gott, nur den Banken,
obwohl Sein Geist unser Leben ergoss.

Vertraut mit dem Herz eines Kindes,
das rein ist, voll Vertrauen und wahr;
dann wird klar, dass die Härte des Windes
nur die göttliche Vorsehung war. 

Schattendasein

Ludvig Munthe (1841-1896)
Altes Jahr, du bist gegangen,
wie die Stunden, die dich füllten;
wechselhaft war dein Verlangen,
wenn sie sich in Gleichklang hüllten.

Wolltest leben und erneuern,
wie die Trauben an den Reben,
Menschenherz beglückt erfreuen,
andren Tod und Abschied geben.

Jedes Leben trägt die Schatten
längst vergang’ner Zeit wie Schleier,
die durchlöchert, denn sie hatten
nicht nur Frieden, Freude, Feier.

Schicksalsstunden, Angst und Leid,
der uns längst verlorenen Stimmen,
treiben mit uns durch die Zeit,
wo sie unvergessen schwingen.

Hoffe auf den neuen Frühling! 
Leidenswege müssen enden,
um im Osterland des Lichtes
alles Elend abzuwenden. 

Neues Jahr 2024

Quelle: Pinterest
Das reine, nicht gelebte,
wie ein Buch,
mit leeren Seiten,
vom Leben selbst beschrieben,
mit Wahrheit, Hoffnung,
Krieg und Frieden,
mit Gutem und mit Bösem,
mit hellen oder dunklen Zeichen
zur Freude oder gar zum Leid,
hält jeden neuen Tag
dir als Geschenk entgegen.

Wie du die Stunden füllen wirst,
mit Leben oder Tod,
mit Liebe, Abschied,
liegt in deiner Hand…
ist Gottes Plan.

Das alte Jahr verging;
Schicksale, die es trug,
sie knüpfen an und werfen Schatten
auf das unbefleckte, neue.

Im Buch des Lebens
schlägt Gott die nächste Seite um.
Fülle mit deinem Licht die Tage
deiner Jahre.
Beleuchte alles Dunkle,
löse auf die Schatten,
zu neuer Hoffnung,
in ewigem Kreislauf!

Übersetzung:

New year

The pure, not lived,
like a book,
with blank pages,
written by life itself,
with truth, hope,
war and peace,
with good and with evil,
with light or dark signs
to joy or even to sorrow,
holds each new day
as a gift to you.

How you will fill the hours
with life or death,
with love, farewell,
is in your hands…
is God’s plan.

The old year passed;
Fates it bore,
they tie up and cast shadows
on the unsullied, new one.

In the book of life
God turns the next page.
Fill with your light the days
of your years.
Illuminate all darkness,
dissolve the shadows,
to new hope,
in eternal cycle!

Soll und Haben

Quelle: Pinterest
Es gibt besondere Zeiten im Jahr, 
die zum Leuchten bringen, was dunkel war;
ein Funke zieht durch die rastlose Welt,
mit Alltäglichem ringend, zur Andacht bestellt. 

Die Wunder der Welt als Geschenke zu sehen,
das Gold des Geistes in allem verstehen,
das uns ewig gehört, in der Seele gegeben -
„des Herrn ist die Erde und Fülle im Leben“. 

Soll und Haben des Lebens als Konto sehen,
nur ausgeglichen kann der Kosmos bestehen,
der lang existierte, längst vor unserer Zeit,
nachdem wir gegangen, steht er anderen bereit.

Seit Millionen von Jahren schickt die Sonne ihr Strahlen,
schloss Verbranntes in Böden, das als Kohle wir nahmen.
Geduldig nahm Mutter Erde einst auf,
was verschlossen war und vom Menschen verbraucht. 

Energie wurde frei, die dort eingesperrt war,
als umweltgefährdend steht der Gebrauch nun da.
Gottes Naturgesetz rüttelt an Türen,
es ist Einhalt geboten, sonst sind Folgen zu spüren.

Der ewige Geist, der unsere Seelen einst schuf,
der in ihnen wirkt, der erhört unseren Ruf,
weil wir Teil von Ihm sind, Seine Kraft in uns wohnt,
wird entzündet sein Licht, von Erkenntnis belohnt. 

Der Mensch

Bild: Karin M.
Unvollkommen in der Art zu leben,
als Maschine, gut trainiert im funktionalen Sinn. -
Ist er heil, wenn körperliches Streben,
achtet, was ihm Nahrung und Hygiene bringt?

Ist er denn im Geist vollkommen,
wenn er keine Fragen nach dem Sinn des Lebens stellt?
Nur, das, was ihm nützlich scheint wird angenommen,
fern von Ethik und Moral auf dieser Welt. 

So versagen sie im Angesicht der Dinge,
wenn sich diese nicht um Oberflächlichkeiten drehen;
wichtig ist ihm, dass ihm materiell gelinge,
besser, größer, als die anderen dazustehen. 

Schauderhaft sind schrecklich intelligente Wesen,
kalte Roboter, bevölkern diese Welt mit Kraft;
lustlos, im perfekten Überfluss ihr Streben,
das nervös, neurotisch, aggressiv und freudlos macht. 

Wissenschaftlich die Natur bestimmen, 
hat nur eine Art von Weltansicht hervorgebracht,
nur, was wissenschaftlich messbar ist, wird gelingen,
nützlich, sinnvoll sein, mit materieller Kraft.

Deklassiert sind andere Werte, andere Dinge,
wichtig scheint nur, was mit klarer Sicht betrachtet;
nur, wenn Mensch in Trauer Zuflucht sucht,
ratlos ist, sind Ausnahmen erachtet. 

Dunkel sind deshalb getönt die lichten Dinge,
lieber meiden möchte man sie und umgehen.
Zeitlos, nicht kausal, wird das Gesetz gelingen,
das nicht messbar ist und göttlich anzusehen. 

Andere Wirklichkeiten kann man hier benennen,
die sich gefühlsbetont, in der Empfindung offenbaren,
in der wir Glaube, Liebe, Sehnsucht, Hingabe erkennen, 
unmessbar sind sie, wenn im Großen Geist die Hoffnung naht.