Dornenlose Rosen

Helmut Skarbina (1888 – 1945)

Engel der Weihnacht,
lassen Harmonie vom lichten Himmel rieseln,
mit Schneeglanz in den weißen Flügeln.

Aus unbekanntem Land der Leidenslosen
weben sie Rosen ins Erdenkleid,
so mancher Dorn wird Menschen Leid.

Doch jedes Leid schwingt höher, reiner –
im Weltendunkel sehn sie’s nicht,
und wo der Mond die Schatten flicht,
sind sie längst dazu ausersehen,
einmal im Blütenschmuck zu gehen.

Die Güte Gottes schenkt am jüngsten Tag
ein dornenloses Kleid zurück,
dem Leid entwachs’ne Himmelsrosen
gehoben in das Land der Leidenslosen.

Der Engel

Fraktale: Karin M.

Im Glitzerkleid sah ich den Engel fliegen,
wie tausend Glühwürmchen im Abendfrieden.

Ich sah ihn im Prunkgewand alter Romanzen,
wie Meteoriten, glühend, um Monde tanzen.

Es entstanden im Klang, wie von Tamburinen,
gold-strahlende Himmel mit Baldachinen.

Ein kraftvolles Wesen, wie ein Atom,
verbunden mit des Schöpfers ewigem Strom.

Der Cherub schwebt schweigend am Himmelsort,
wie mit glühendem Schweif – dann ist er fort.

Doch ließ er der Welt goldne Träume hier,
Sternschnuppen Wünsche erfüllen sich ihr.

Trauer dieser Welt

Göttliche Segenswünsche:
William Adolphe Bouguereau 1825-1905

Die Trauer dieser Welt,
ich will sie tragen
und fern in alle Winde streuen,
ich will sie an den dunklen Tagen,
mit hellem Himmelslicht erfreuen,
will ihr ein Lächeln zaubern,
wenn heiße Tränen rinnen
und durch Verzweiflungsmauern
den Zweig der Hoffnung bringen,
will nie den Mensch vergessen,
tief sitzt sein Weltenschmerz,
drum pflanz’ ich statt des Leidens
nur Liebe in sein Herz.

Keramikflies Quelle: Wikipedia

Am Meer

William Adolphe Bouguereau (1825-1905)

Sonnendurchtränkter weißer Strand,
wie lieb ist mir deine Idylle.
Das Meer umspült den flüchtigen Sand,
die Wogen durchbrechen die Stille.

Endlose Wellen in glitzerndem Nass
schimmern wie funkelnde Sterne,
glänzen wie Seide und gläserner Strass,
brechen das Licht in der Ferne.

Muscheln verzieren die feuchte Natur,
Sonne verbrennt letzte Schatten;
Krebse wandern auf Poseidons Spur,
Salzluft liegt auf den Rabatten.

Strahlender Himmel in endlosem Blau,
spiegelt sich tief in den Fluten,
salziger Wind nimmt den Wolken das Grau,
Sonne kühlt ab ihre Gluten.

Buchstabenperlen

Louis Janmot (1814-1892) – Das Gedicht der Seele

Des reinen Geistes Sinn wird offenbar,
webt aus Gedanken edler Verse Reim,

Vokabular, wie gold‘nes Engelshaar,
verflochten mit der tiefen Liebe Keim,

Buchstaben-Perlen, leerer Seiten Zier,
sie reih’n sich Wort an Wort mit Poesie,

dringen tief in dein Sein, verweilen hier,
wie eine Seelensinfonie.

Verlorenes Paradies

Es geht ein Hoffen um die Welt,
 ein altes Sehnen,
 
ein Streben, frei vom Drang nach Geld,
befreit von Tränen,
 
es ist die Suche nach dem Glück,
für ewig gar,
 
bringt uns das Paradies zurück,
wie’s damals war,
 
in dem nur dornenlose Rosen stehen
und alle Lebensräder rückwärts drehen;
 
in dem es keine Sünde gibt,
nur einen Gott, der uns unendlich liebt;

befreit von Priestern und Gelehrten,
die Gottes Wort ins Weltliche verkehrten.

Nur Liebe ist dann unsre Religion;
vorbei die Konkurrenz vor Gottes Thron.

Schutzengel

Sulamith Wülfing 1901-1989

So fremd sind uns historische Epochen,
so grausam das Geschehen mancher Zeit.
Ein Lidschlag war’s und 100 Jahre krochen,
so wie ein Windhauch durch die Ewigkeit.
 
So manche Seele hat die Zeit verschlungen,
doch auch so viele neu der Welt geboren,
und immer hat der Mensch danach gerungen,
den Gott zu finden, den er glaubt verloren.
 
So viele Hilfeschreie in der Not durchdrangen
den Schleier dieser andren Dimension,
wo Gottes Helfer menschlich wehes Bangen
in Freude wandeln, nur für Glaubenslohn.
 
So geht der Engel, der dich freundlich leitet,
von Ewigkeit zu Ewigkeit mit dir;
schützt deine alte Seele Flügel breitend,
und bist du einsam, steht er vor der Tür.
 
So trägt er für dich manche Daseins-Bürde,
und oft trägt er auch dich auf seinem Rücken;
als wenn die Liebe niemals enden würde,
baut er dir ständig neue Himmelsbrücken.

Gottesnähe

William Adolphe Bouguereau 1825-1905

So, wie der Wind die Wolken treibt,
rastlos am Firmament,
ist nichts seit Anbeginn der Zeit,
das uns von Gott getrennt.
 
ER zeigt in allem ewiglich
sein gütiges Gesicht,
in der Natur entzündet ER
die Liebe uns im Licht.
 
Allgegenwärtig schützt ER uns
durch seine Engelschar,
wir sind in ihm und ER in uns
für ewig, immerdar.
 

Engel

Paul Gustave Doré 1832-1883

Gehalten von des Mondes fahler Stille,
erhellen sie die dunkle Schattennacht,
in holden Häuptern ruht ein großer Wille,
der Gottes Liebe zaubergleich entfacht.
 
Sie bringen Mensch und Welt den rechten Glauben,
das Schwert der Wahrheit liegt in ihrer Hand;
so wie der Wein entsteht aus reifen Trauben,
streu’n sie die Blüte „Seligkeit“ aufs weite Land.
 
Sie legt sich bunt auf graue, triste Mauern,
bedeckt das Übel dieser alten Welt;
vorbei der Schmerz, vergessen ist das Trauern,
wenn auf die Seelen helles Leuchten fällt.
 
Der Himmel lässt die Geigen hell erklingen,
ein feiner Ton entrinnt dem stummen All.
Hört ihr von fern die leisen, sanften Stimmen?
Bald klingen sie gewaltig, überall!
 
Gott reicht uns durch die Engel tausend Hände,
gibt Zuversicht, die unser Tröster sei;
wer danach greift, die alte Wahrheit fände;
sie wandelt Angst in Mut, den Tod in Gaukelei.
 
Mit weiten, unsichtbaren, goldnen Schwingen,
entfernen sie den bösen Geist der Zeit,
wenn sie der Welt Wahrhaftigkeiten bringen,
sieht man durch ihre Augen Ewigkeit.
 
Sie sind dir nah; schließ deine Augen, spüre!
Mit dem Geschenk der Liebe steh’n sie dort;
warten schon lang auf Einlass vor der Türe,
lass’ sie hinein, schick’ sie nicht wieder fort.
 
Sie bringen dir die Wahrheit deines Lebens,
sie zeigen freudig dir den heil’gen Gral;
suchtest du Lebenssinn bisher vergebens,
wird die Erleuchtung folgen, überall.