Lang lag ich wach in abendlicher Stunde, mein Körper müd, jedoch gedankenhell. Wird es bald Nacht? Ersehnte Traumsekunde! Wie ging mein Tagesablauf gar so schnell?
Der frühe Morgen, dem ich einst entstiegen, ist schon durchlebt. Bin nicht bereit zu scheiden! Seh‘ die Vergangenheit Revue passieren auf bunten Wiesen, meiner Kindheit Weiden.
Da lockte neue Sehnsucht mit Erfüllung, der Geist ließ meine Seele tanzend heben; des Lebens Suche nach stets neuer Stillung ließ manches Abenteuer mich erleben.
Ich sah mich selbst, die Hände streckend nach manchem Glanz, der keiner war. Zerstörend, seh‘ ich müd mich recken, das greifend, was sich mir versagte.
Bedenkenlos war’n viele meiner Stunden, die ich an manchem Tag durchlebte. So ist Vergangenes mit ihm verschwunden, was bleibt: das von mir selbst Gesäte.
Schneewittchen und die sieben Zwerge – meine Kindergarten-Zeichnung 1957
Ich mag in der Vergangenheit wühlen, habe so manche Träne vergossen. Ich dekoriere Eier, spür‘ alte Gefühle; hab sie tief in meinem Herzen verschlossen. Ich tue so, als wären ALLE bei mir. Denn nur, weil IHR gelebt, bin ich hier!
Ich mag Kamine, die rauchen…wie auf meinen Kinderbildern. Häuser, in denen vertraute Menschen wohnen und Gewohnheit, die, wie gewachsen an Jahren, Ringe wie in Stämmen tragen.
Ich mag rote Ziegelstein-Dächer, die bei Regen dunkler werden, dort, die vielen kleinen Schlote, für das Rauchige auf Erden, Kaminfeuer, das in Haus und Gemüt Behaglichkeit versprüht.
Ich mag, wenn Vögel in den Rinnen Regenwasser trinken, auf den Dächern landen und zurück in hohe Bäume fliegen, wo in den Gärten ihre Nester liegen und sie kunstvoll Zweig am Zweig verbinden.
Ich mag, wie in der Kindheit auf der steinernen Treppe sitzen, Lakritz-Wasser trinken und Glanzbilder in Opas Zigarrendose betrachten, die Unbeschwertheit weniger Tage genießen und abends mit Grießbrei den Abend beschließen.
Ich mag die ferne Zeit in unserem Garten, wo Ostereier noch mancherorts lagen. Als ich zum jährlichen Osterfest unter den Sträuchern fand so manches Nest.
Ostern 1957 – Foto: Almuth Köhler
Dort, wo die Osterfeuer nicht verboten, sondern der Freude dienen und dem Brauch. Wo uns niemand am Menschsein hindert, das eigentlich gut war, als wir erschaffen, das mag ich auch!
Der Vollmond schimmert silbrig in mein Zimmer. Es ist noch morgenfrisch; langsam vergeht die Nacht. Um vier Uhr öffne ich die Außentür, wie immer. Die Katzen haben schlaflos neben mir gewacht.
Foto: Gisela Seidel
Sie brachten ihre liebsten Spiel-Geschenke, damit ich mich aus meinem Bett erhebe. Nun sind sie draußen, und ich denke, es ist noch früh. Wenn ich nur wieder läge!
Foto: Gisela Seidel
Ich schneide Fleisch, zur morgendlichen Stunde, bringe das Katzenfutter, nass und trocken, hol frisches Wasser, stell es in die Runde, säuber‘ ihr Klo. Mein Bett mag mich noch locken.
Foto: Gisela Seidel
Die beiden Katzen haben sich nach einer Weile längst ausgetobt und liegen faul wie Sofakissen. Ich blick betreten, müd und schreibe diese Zeile: Nun bin ich wach. Ich hätt‘ es wissen müssen!
Und manchmal, wenn sich die Sonne neigt, mit gedämpftem Licht hinter die Dächer steigt, ja, manchmal bin ich der Einsamkeit müde, mit der ich so lange verwoben, und ich bitte Gott, dass er mich trüge von hier unten zu sich nach oben.
Doch manchmal, erwache ich morgens und strecke mich gierig aus nach dem Leben, will Neues und noch vieles mehr – hab’ keine Zeit zu vergeben.
Und manches Mal denk ich, so lang ist mein Weg, den ich mich zu gehen getraue, so allein, voller Neugier und unentwegt – geht meine Fahrt ins Blaue.
Freundschaften, die gar keine sind, entlarvt man in Krisenzeiten. Plötzliche Klarheit! Man ist nicht mehr blind, wenn sie uns nicht mehr begleiten.
Was sich verband mit dem täglichen Tun war wie ein ‚Gebrauchsgegenstand‘. Jetzt, wo nicht mehr blieb, als lästiges Ruhen, hat man sich still abgewandt.
Das Telefon klingelt längst nicht mehr, die vertrauten Stimmen – verstummt. Meine Anrufliste gelöscht und leer; da ist auch kein Handy, das summt.
So einsam kann überhaupt niemand sein, denkt man und gibt sich die Schuld. Es geht sicher schlimmer, bin nur allein; mich drückt inn’re Ungeduld.
Das Sprechen verlernt man in ‚Einzelhaft‘, man IST nur noch über Gedanken. Erinnerungen, in denen keiner lacht; mein Leben geriet ins Wanken.
Da ist keine Hand, die mich sicher hält. Sie sind schon alle gegangen! Wo sind die Freunde in meiner Welt? Unlösbar mein Unterfangen.
Verlassen hat man schon lange den Bund, hat bessere Freunde gefunden. Mein blinder Fleck auf dem Erdenrund?! Freundschaft für Jahre, für Stunden?
„Freundschaften wachsen, wenn man sie pflegt.“ Hab ich ‚zu wenig gegossen‘? Traurig ‚Verbundenheit‘ abgelegt, das Schicksal hat’s so beschlossen.
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