Pentagramm

Ängste – August Friedrich Albrecht Schenck (1828-1900)
War es nicht des Eisbergs Spitze,
als ein Dreister, namens Fritze,
fordernd vor die Massen schritt,
der von Macht besessenen Leute;
unnachgiebig johlt die Meute,
als ihm letzte Anstandsmahnung,
wie im Raum verhallte Warnung,
achtlos durch die Finger glitt?!

Rücksichtslos des Redners Heischen -
dass sie nicht mehr außen kreischen,
als die Abwehrmauer bricht.
Übers Pentagramm geschlichen,
dessen Schutz fortan gewichen,
bringt des Bösen Drang ans Licht.

Neunzehnhundertdreiunddreißig
war’n des Satans Jünger fleißig,
brachten Kanzleramt und Tod;
sozial Ausgegrenzte jagen,
welche „Judensterne“ tragen,
brachte Holocaust und Not.

Machthungrig fraß sich die Ratte
durch die gestrige Debatte,
fraß den Stern des Pentagramms.
Wie in jenen alten Tagen
öffnet sich das Tor der Plagen,
nur mit anderem Gesicht –
„bitterböser Friederich“.

Keine Wahl

Quelle: Pinterest
Erwacht ist das Dämonische im Menschen,
in ihren Augen funkeln Eigennutz und Gier,
zu nehmen nur - sie geben nie ein Quäntchen;
das Kreisen um sich selbst ist ihre Kür.

Mit alten Sprüchen fangen sie die Vielen,
die fasziniert sind von der Leichtigkeit,
wie sie mit Freiheit andrer Menschen spielen.
Gut ist nicht der, der nur polemisch schreit!

Folgt nicht dem Ruf zur nächsten Diktatur,
die gegen Alles steht im Volksbegehren,
nur Hass und Lügen pflastern ihre Spur.
Treibt Böses aus - der Anfang ist zu wehren!

Zu guter Letzt

Quelle: Pinterest
Frei wie ein Vogel, der am Himmel kreist,
die Flügel auferlegt dem Wind;
mit Leichtigkeit trägt ihn sein Federkleid
auf einem Luftstrom, der ihn heimwärts bringt.

Noch bin ich hier, weil ich die letzte Rast
zu tragen habe, wie sie alle tragen.
Bitt‘ nicht um Einlass, wie ein ungebetener Gast,
eigens davongestorben aus den Lebenstagen.

Wenn Du mich rufst aus jener dunklen Schwere,
die bis zuletzt ich dankend abgelebt,
schweb ich in leibbefreiter Atmosphäre,
die mich mit allem Sein des All‘s verwebt.

Arm der Freundschaft

Quelle: Pinterest
Am Arm der Freundschaft durch das Leben gehen -
ein unbemerktes, stilles Dasein, das mir blieb;
mit Leichtigkeit Bekanntschaften zu sehen,
mit denen Oberflächlichkeit die Zeit vertrieb.

Gesiebt zu schauen, wer durch’s Raster fiel,
ein eng gestricktes - wer nicht passte, ging;
zu trennen, was, wie ein verlorenes Spiel,
alltagsbeschwert in meinem Kopfe hing.

Der Arm der Freundschaft ist längst losgelassen,
sie fortzuführen wäre Selbstbetrug;
es trennten uns ungleiche Lebensstraßen.
Saß wohl jahrzehntelang im falschen Zug!

Bücher

Quelle: Pinterest
Bücher waren Freunde junger Jahre,
die Gedanken keimten aus dem Grund;
warm war das Papier, das offenbarte,
die geheimsten Wünsche ohne Mund.

Lautlos ließen sich die Seiten blättern,
die gefüllt mit Fantasie und Träumen,
das Papier, es trotzte allen Wettern,
bot mir Wärme, auch in kalten Räumen.

Zeilen boten mir geschriebene Sätze,
die ich auszusprechen gar nicht wagte;
teilten mit mir weltverborgene Plätze,
bis die Einsamkeit mich nicht mehr plagte.

Schreiben, um Missionen zu erfüllen,
als Geschenke im geschriebenen Wort,
sind heut Trost, der mir im Stillen
Beistand ist aus einem reichen Hort.

Hände, die geschrieben, sind zerfallen,
doch ihr Geist schwebt über dem Papier;
unvergessen, die in Bücherhallen
fruchtbar sind. Habt heut noch Dank dafür!

Vom Schnee begraben

Quelle: Pinterest
Es schweigt der Wind,
lässt Flocken ruhig tanzen;
die Welt ist puderzuckerweiß geworden.

Trägt alles Welke,
wie in kostbaren Monstranzen,
vom Schnee bedeckt, in einen Wintermorgen.

Altes ging mit dem Jahr,
das, wie verweht, vergangen,
noch schwingt es zeitverloren mit und nah.

Wie ein gelesener Brief,
zerrissen, doch im Herzen wortgefangen,
der Wärme brachte, wo nur Kälte war.

Regenlieder

Gedanken fallen nieder,
als wären sie die Tropfen,
die, wie in Regenliedern,
trommelnd an Scheiben klopfen.

Rinnen vom Licht beschienen,
ins spröde Weltgeschehen,
wo sie dem Schicksal dienen,
es tragend zu verstehen.

Das Grüne floh ins Kühle,
wo wintern die Äonen
und sinkt im Nachtgefühle
ins Reich, wo Träume wohnen,

bis es nach kurzer Dauer
erwacht in Wald und Flur,
so tilgt ein kurzer Schauer
des Menschen letzte Spur,

der im Vorübergehen
des Weges Blumen pflückt,
die bald ins Nichts verwehen,
wie er, - vom Traum beglückt.

Neujahr

Sie ging vorüber, die geweihte Nacht,
die Licht beglückt in Kerzen glänzte,
die aller Welt ein tiefes Fühlen macht
und karge Stuben festlich kränzte.

Und, als sie hinterm Horizont verschwand,
kam nach Silvester kurz durchlebter Pracht,
die Stille hinter ihr, wie ein Verband,
der sich um alte Wunden legt in Neujahrsnacht.

Jahreswechsel

GIF von jorono von Pixabay

Seh mich noch stehn, mit Mutter, Oma,
am weiß-getünchten Fenster, als Raketen knallten,
und es wie spukende Gespenster zur Geisterstunde durch die Scheiben schallte.

Die bunten Blitze blühten auf, wie Wunderkerzen;
ein kurzes Schauen nur, ein kleiner Lichtblick für die Herzen.
Mit großen Kinderaugen dort des nachts zu stehen,
am Arm der Mutter, dem Treiben auf der Straße zuzusehen,
wo Männer zündelnd, prostend tranken, Vater Lachen zeigte,
was sich versteckte, bis erneut das Jahr sich neigte.

Es folgten viele Jahreswechsel – vertrieben die Gespenster;
die Oma fehlt, der Mutter Gegenwart… ach ja,
schon lang gehört es anderen an, das kleine Fenster.


Ich wünsche allen einen
Guten Rutsch, Gesundheit und Wohlergehen!

Schlussakkord

Wilhelm Busch (1832-1908): „Finale furioso.“, 1868
aus: Der Virtuos – Münchener Bilderbogen Nr. 465

Die Partitur wird abgespielt vom letzten Notenblatt,
rieseln wie Schneefall nieder, Töne an seiner statt.

Noch ein paar Klänge, die mit letztem Schwingen,
taktvoll den Raum erfüllt, nach Abschied klingen.

Gesegnet sei das Neue! Das Alte bald verklungen;
das bunte Jahr vorbei, im Abgesang besungen,

wie ein Konzert gespielt – des Lebens Dur und Moll,
mit Liebe inszeniert, voll Hoffnung, ohne Groll.