Schonungslos

Ich verabschiede mich hiermit in eine Pause bis ins neue Jahr. Nach neuen Veröffentlichungen werde ich trotzdem gelegentlich schauen.
Allen Lesern wünsche ich ein friedvolles, besinnliches Weihnachtsfest!

Ein Tannenbaum
liegt schonungslos
und abgeschlagen
auf dem Moos.

Er duftet noch
nach nahem Wald;
am Boden liegt er,
tot und kalt.

Zu fernen Höhen
ging sein Streben,
in jeder Nadel
pulste Leben.

Man arbeitet
mit scharfem Beil
ganz gnadenlos
am Unterteil.

Entfernt die Zweige,
welch‘ an Tagen,
mit Sehnsucht
in den Spitzen lagen.

Kein Gelbfink,
der auf starken Ästen
im Frühling singt,
mit neuen Nestern.

Und auf dem
Marktplatz, wie im Traum,
ward aufgestellt
der Weihnachtsbaum.

Ein kurzes Glitzern,
lichterschwer,
erhellt das Dunkel,
seelenleer.

Die Herzen warm,
die Glocken klingen,
die kleinen Kinder
stehn und singen.

Und schweigend
glänzt ein Sternentraum
dem abgeschlag‘nen
Tannenbaum.

Holzstich von Hans Tegner

Rose im Schnee

Quelle: www.botanikus.de

Durch jedes Lieben geht ein Lichtlein an,
vermehrt entzündet an geweihten Tagen.
Die Nächstenliebe schreitet dem voran,
verstreut voll Güte ihre Liebesgaben.

Gemeinsamkeit im Mühn des Schenkens,
der Zeiten Dunkel tröstlich aufzuhellen.
Sei denen dankbar, die sich selbst verschenken,
die ihre Lichtlein denen zugesellen,

die sterbend um ihr kleines Leben bangen,
die einsam und voll Leid in Hospitälern,
nach Atem ringend, Trost und Zeit verlangen.
Lasst Licht entzünden in den Jammertälern!

Die Menschheit friert so lange schon,
weil jeder nehmen will und keiner geben.
Den Andern wärmen, nur für Gottes-Lohn,
sein eigen Licht entzünden und zum Zeichen heben.

Schaut auf des Wunders lichten Schein,
seht dort die Rose tief im Schnee!
Sie fügt sich strahlend in den Winter ein,
erleidet nicht des Wetters Frost und Weh.

Christkind

Quelle: Pinterest

Das Christkind lebt!
Ich hab es kommen sehen.
So leis war es,
ich konnt‘s doch tapsen hören.

Von Geist durchwebt,
im Haar ein güldenes Wehen.
Ja, lächelt nur –
ich kann es doch beschwören!

Ein himmlisch reiner Glanz
auf weißen Schwingen –
einmal im Jahr,
da schwebt‘s von Herz zu Geist.

Nur lichte Freude
will sein Dasein bringen,
und unter hellen Liedern,
die die Menschen singen,
ein Christgeschenk,
das durch die Seelen reist.

Quelle: Pinterest

Neue Flagge

Quelle: Pinterest

Sturmerprobt im morgenkühlen Meer –
das Geschrei des Abends ist verklungen,
in den Städten stand ein Männerheer,
freudenschussbereit und siegestrunken.

Ausgedient – das Alte scheint vergangen,
das mit kaltem Herzen folternd trieb;
Unschuld war im Spinnennetz gefangen,
deren Herrschaft man auf Fahnen schrieb.

Unter toten Steinen liegt das Erbe,
noch bedeckt von Trümmern und Verrat;
gebt, dass nach dem Aufbau nicht verderbe,
was der Tod versäumt und Leben gab.

Lass das Land auf leichten Wellen wiegen,
wie ein Schiff, das bald vor Anker geht;
lass es Unmoral und Hass besiegen,
unter neuer Flagge auf der LIEBE steht.

Frostiger Spätherbst

Johann Bernhard Klombeck (1815-1893)

Morgenkühle Spätherbststille!
Misteln in den leeren Zweigen,
Nebelhauch aus feuchten Wiesen –
alles ist so hold und eigen.

Draußen treiben Sturm und Wetter –
wie ein Wehgeheul ihr Singen;
Blätter türmten sich zuhauf,
bis sie sturmbefreit vergingen.

Frostig schreitet der Dezember,
Raureif bildend, allerorten;
über Puderzuckerwelten
öffnen Himmel ihre Pforten.

Wandler der Stunden

Bild: Karin M.

Ich wollt‘ kein Jahr zurück,
nur eine einz‘ge Stunde,
in der ich alle Lieben wiederfinde,
und mich vor dieser tot gemeinten Runde
verbeuge und in Demut mich verbinde;
stehn würde ich vor einem trüben Bild,
vor denen, die mir gut gewesen oder nicht…
gleichgültig, grausam, mild –
so streute sich das Maß der Dinge,
denn ohne all die vielen Wandler
meiner längst vergangenen Stunden,
ob leidvoll oder liebend und
in Harmonie verbunden,
wäre ich nicht die ICH BIN,
es ist doch alles Eins:
umschwebt von Gottes Sinn.

Die Zeit von gestern

Die alte Zeit ist fort. Mit ihr Generationen.
Auf Sand des Einst ist unsre Welt gebaut,
als winziges Atom, das schlummert in Ionen.
Ihr Bild, verklärt, nur Abbild, mild ergraut.

Verklärte Zeit! Was ist von dir geblieben,
wenn das Gedenken manche Wahrheit schönt?
Wie war dein Früher? Ist es übertrieben…
ist es ein falsches Bild von dir, das uns verhöhnt?

Der Sand der Gegenwart lässt Schritte schwanken.
Mein Blick mag ungern manche Wahrheit schauen.
So manche Nacht gefüllt mit Taggedanken,
die kreisten bis zum nächsten Morgengrauen.

An Fetzen der Vergangenheit zu kleben,
fest in sich tragend altes Zeitgeschehen;
ringen nach Luft im Wellentanz des Lebens,
im Auf und Ab, wie Treibholz und vergehen.

Den Winter umarmen

Er kommt mit großen Schritten;
auf seinen Schultern drückt die Schwere,
denn was er trägt,
kann nur sein kaltes Wesen tragen,
denn es zerrinnt in wärmevoller Atmosphäre.
Im Rausch des Windes hört man seine Klagen,
die Spuren, die er hinterlässt,
sind Tränen, die zu Schnee geworden.
In Sehnsucht nach Umarmung
darf er nur Kälte geben –
zwiespältig wie das Leben.

Winterschlaf

Erster Schneefall – Künstler: Kaoru Yamada
Saumselig spielten am Fluss die Libellen,
schwirrten gar lustig und glänzten so bunt,
Frühling trat aus den Sonnenquellen
und die Natur schien voll Atem, gesund.

Vögel flogen als singende Gäste
zurück in die noch kühle Heimat im Norden,
hin zu den brutbereiten Geästen,
und sie zwitscherten Lieder am Morgen.

Insekten, Bienen und Krabbeltiere
bauten sich neue Häuser geschwind,
in wachsenden Gärten und unter Spalieren
tollte der Mensch mit innerem Kind.

Wärme vorbei, der Herbstwind bringt Kühle -
Vögel reisten in wärmere Fernen;
längst verstaut sind die Liegestühle
und auch der Frohsinn, der Griff nach den Sternen.

Gelb und welk liegt das Laub zerstoben,
der Norden lässt die Stürme herein;
erste Schneeflocken fallen von droben.
Würde die Welt doch im Winterschlaf sein!